Amerikas doppelter Wirtschaftsmotor auf dem Prüfstand

    Samy Chaar - Chefökonom und CIO Schweiz
    Samy Chaar
    Chefökonom und CIO Schweiz
    Filippo Pallotti - Macro Strategist
    Filippo Pallotti
    Macro Strategist
    Amerikas doppelter Wirtschaftsmotor auf dem Prüfstand

    Kernpunkte.

    • Nach zwei aussergewöhnlichen Jahren könnte sich 2025 das BIP-Wachstum der USA verlangsamen, da die Unternehmen als Reaktion auf die unvorhersehbare Zollpolitik Investitionsentscheidungen verschieben
    • Der Konsum, auf den fast 70% des US-BIP entfallen, bleibt gesund, trotz des Risikos eines Inflationsanstiegs wegen höherer Importkosten
    • Wir erwarten, dass wegen der Zölle das BIP-Wachstum der USA 2025 auf 1,8% sinkt, bei einer durchschnittlichen Inflation von 2,7%
    • Sowohl die Nettoexporte als auch die Staatsausgaben dürften das BIP etwas belasten. Die Investitionen könnten sich im Laufe des Jahres erholen, wenn die Unsicherheit abnimmt und politische Anreize entstehen.

    Zwei Motoren haben das ausserordentliche Wirtschaftswachstum der USA in den letzten zwei Jahren angetrieben: der Konsum und die Unternehmensausgaben. Da die Arbeitslosigkeit weiterhin niedrig ist und die Reallöhne immer noch steigen, geben die Verbraucherinnen und Verbraucher nach wie vor Geld aus. Doch die Ausgaben der Unternehmen geraten angesichts der politischen Entscheidungen der Trump-Regierung ins Stocken. Wir haben die Auswirkungen der Politik auf die US-Wirtschaft analysiert, um unsere Prognosen zu revidieren.

    2022 und 2023 verzeichnete die US-Wirtschaft ein robustes Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 2,9% bzw. 2,8%, das auf den Verbraucherausgaben und den Investitionen der Unternehmen beruhte. Nach zwei Jahren einer ausserordentlichen Wirtschaftsexpansion verlangsamt sich das Wachstum nun. Unvorhersehbare US-Zölle belasten das Verbrauchervertrauen und veranlassen die Unternehmen, Investitionsentscheidungen zu verschieben.

    Bislang spiegelt sich die Verlangsamung stärker in Stimmungsumfragen als in harten Daten wider. Die politischen Initiativen der Trump-Regierung sind jedoch bereits klar genug für eine Überprüfung unserer Wirtschaftsprognosen. Im Vergleich zu Anfang 2025, als wir mit einem US-Wachstum von 2,4% in diesem Jahr rechneten, erwarten wir nun 1,8%. Dieses Niveau würde leicht unter dem Potenzial der US-Wirtschaft liegen. Es signalisiert aber, dass wir zum jetzigen Zeitpunkt das Rezessionsrisiko für die USA immer noch für begrenzt halten. Zugleich erwarten wir aufgrund der Auswirkungen der Zölle, dass die Disinflation im Jahr 2025 zum Stillstand kommt. Wir rechnen mit einer Kernrate der persönlichen Konsumausgaben (PCE) – dem bevorzugten Inflationsmass der US-Notenbank Fed – von durchschnittlich 2,7%.

    Zum jetzigen Zeitpunkt halten wir das Rezessionsrisiko für die USA immer noch für begrenzt

    Analyse der BIP-Komponenten

    Unsere Wachstumsprognose stützt sich auf die Modellierung der einzelnen Komponenten des US-BIP. Die Konsumausgaben, auf die fast 70% des US-BIP entfallen, dürften im Jahr 2025 rund 1,9 Prozentpunkte zum US-Wachstum beitragen.

    Es gibt deutliche Hinweise darauf, dass die höhere Unsicherheit den Konsum belastet. Abgesehen vom Beginn der Covid-Pandemie vor fünf Jahren ist die politische Unsicherheit in den USA jetzt so hoch wie nie zuvor. Die Ungewissheit wird sich im ersten und möglicherweise im zweiten Quartal 2025 negativ auf den Verbrauch auswirken. Doch wenn die Politik der Trump-Regierung in den nächsten Monaten klarer wird, dürfte sich der Unsicherheitsfaktor im weiteren Jahresverlauf abschwächen.

    Andere Elemente auf der Agenda der US-Regierung dürften sich positiv auf die Wirtschaft auswirken und die Verbraucherausgaben stützen. Der Haushaltsentwurf sieht die Fortsetzung von Steuersenkungen vor, die 2017 eingeführt wurden. Die Folgen für den Konsum dürften gering sein, da diese politische Massnahme weithin erwartet wird. Sie dürfte aber helfen, eine grössere Verlangsamung im Jahr 2025 zu vermeiden.

    Wenn die Trump-Regierung die Zölle gemäss unserem Basisszenario als Verhandlungstaktik nutzt, dürften die Auswirkungen der Zölle auf die Inflation bescheiden und vorübergehend sein. Die Unterbrechung des Disinflationstrends aufgrund von Zöllen wäre dann nicht so stark, dass die Realeinkommen der US-Haushalte erheblich verringert würden.

    Die Unterbrechung des Disinflationstrends … wäre nicht so stark, dass die Realeinkommen der US-Haushalte erheblich verringert würden

    Sinkendes Vertrauen kleiner Unternehmen, Staatsausgaben und Exporte

    Der zweite Motor des US-Wachstums sind die Investitionen, die im Jahr 2024 fast 19% des US-BIP ausmachten. Wir erwarten, dass sie 2025 etwa 0,2 Prozentpunkte zum BIP-Wachstum beitragen, was weniger ist als in den Vorjahren. Im Februar zeugte ein Index der National Federation of Independent Business (NFIB) von einem Rückgang des Vertrauens. Wir rechnen in den ersten Quartalen dieses Jahres mit deutlich sinkenden Investitionen und Lagerbeständen, insbesondere bei kleinen und mittelgrossen Unternehmen. Im weiteren Verlauf des Jahres 2025 könnte ein Teil der aufgeschobenen Investitionen nachgeholt werden. Dazu beitragen könnten die Bestrebungen der Trump-Regierung, Anreize für ausländische Investitionen in den USA zu schaffen, und ein möglicher Deregulierungsschub in einigen Sektoren.

    Die weiteren Beiträge zum BIP sind die Staatsausgaben und die Nettoexporte. Der US-Haushaltsentwurf konzentriert sich auf die Weiterführung der Steuersenkungen, die sich in den BIP-Daten durch einen höheren Konsum bemerkbar machen würden. Zurzeit laufen öffentlichkeitswirksame Bemühungen, einen Teil dieser Steuersenkungen durch Kürzungen anderer staatlicher Programme zu finanzieren, darunter potenzielle Einsparungen durch das Department of Government Efficiency (DOGE). Daher dürfte das aus Staatsausgaben resultierende BIP-Wachstum leicht negativ ausfallen. Wir rechnen hier mit -0,1 Prozentpunkten im Jahr 2025.

    Von den Nettoexporten erwarten wir mit -0,2 Prozentpunkten ebenfalls einen negativen Beitrag zum BIP-Wachstum. Es gibt bereits Anzeichen dafür, dass die Importe in den ersten Monaten des Jahres wegen erwarteter Zölle stark gestiegen sind. Dieser Effekt kann noch einige Monate anhalten, da die Unternehmen ihre Bestellungen vorziehen. In der zweiten Hälfte des Jahres 2025 dürfte sich der Trend umkehren. Insgesamt dürften die US-Importe im Jahresvergleich erst ab 2026 deutlich zurückgehen, da die Anpassung der Handelsströme einige Zeit in Anspruch nehmen wird.

    Risiken für unser Szenario

    Für unseren Wachstumsausblick ist entscheidend, dass die Unsicherheiten im Zusammenhang mit der aktuellen Politik in den nächsten Monaten abnehmen. Massgeblich ist insbesondere, dass die Trump-Regierung die Zölle als Verhandlungstaktik nutzt und andere Teile ihrer Agenda, die das Wirtschaftswachstum unterstützen, umsetzt. Wir erwarten, dass bei bescheidenen und temporären Effekten der Zölle auf die Inflation die Fed die Zinsen 2025 zweimal senkt, um die Wachstumsrisiken zu begrenzen.

    Für unseren Wachstumsausblick ist entscheidend, dass die Unsicherheiten im Zusammenhang mit der aktuellen Politik in den nächsten Monaten abnehmen

    Sollte jedoch die politische Unsicherheit im Jahresverlauf anhalten oder sollten die US-Zölle in einen globalen Handelskrieg münden, würden wir mit einer deutlich steigenden Kerninflation rechnen. Sie könnte dann laut unserer Schätzung gegen Ende des Jahres 3,5% erreichen. Die höheren realen Einkommen der meisten US-Haushalte würden somit neutralisiert. Vor allem würden in diesem Szenario die meisten Unternehmen ihre Investitionen aggressiv zurückfahren, was eine Rückkopplungsschleife in Gang setzen würde: Einige Sektoren müssten Arbeitsplätze abbauen, was wiederum den Konsummotor beeinträchtigen und zu einer Rezession führen würde.

    In diesem „Stagflationsszenario“ würde die Nachfrage stagnieren, sodass die Arbeitslosenquote auf über 5% klettert, und die Inflation würde vorübergehend ein hohes Niveau erreichen. Wir erwarten, dass in diesem Fall die Fed ihrem Arbeitsmarktmandat Priorität einräumen und die Zinsen in Richtung 2% senken würde. Dies läge unter dem „neutralen“ Niveau, auf dem die Zinsen die Wirtschaft weder fördern noch bremsen, aber angesichts der inflationären Auswirkungen des Handelskriegs weiterhin über der Nullzinsgrenze. Wir schätzen die Wahrscheinlichkeit dieses Risikos derzeit auf etwa 20%.

    CIO Office Viewpoint

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    Die vorliegende Marketingmitteilung wurde von der Bank Lombard Odier & Co AG (nachstehend “Lombard Odier”) herausgegeben. Sie ist weder für die Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung in Rechtsordnungen bestimmt, in denen eine solche Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung rechtswidrig ist, noch richtet sie sich an Personen oder Rechtsstrukturen, an die eine entsprechende.

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