Aktien von Schwellenländern: Interessante Bewertungen, kurzfristige Herausforderungen

    Patrick Kellenberger - Emerging Market Equities Strategist
    Patrick Kellenberger
    Emerging Market Equities Strategist
    Aktien von Schwellenländern: Interessante Bewertungen, kurzfristige Herausforderungen

    Kernpunkte.

    • Aktien von Schwellenländern haben angesichts der Unsicherheit rund um die US-Zölle im Einklang mit US-Aktien nachgegeben. Ein schwächerer US-Dollar hat nicht zu einer grösseren Nachfrage nach Schwellenländeranlagen geführt
    • Die Verlangsamung des globalen Wirtschaftswachstums könnte im zweiten und dritten Quartal 2025 am stärksten zu spüren sein
    • Die Folgen für Chinas Wirtschaft bleiben die grösste Unbekannte. Wir erwarten, dass die Exporte schrumpfen, aber zusätzliche fiskalpolitische Impulse 2025 für ein BIP-Wachstum von 4,2% sorgen
    • Wir bleiben gegenüber Schwellenländeraktien neutral eingestellt und bevorzugen Indien, wo der langfristige Ausblick für das Wirtschaftswachstum solide scheint. 

    Nach der Ankündigung der US-Zölle am 2. April haben Aktien der Schwellenländer im Einklang mit US-Aktien erhebliche Kursverluste erlitten. Anschliessend erholten sie sich, als Präsident Trump die Zölle für alle Volkswirtschaften ausser China aussetzte. Da die vollständigen wirtschaftlichen Auswirkungen der Zölle weiterhin ungewiss sind, signalisiert ein schwächerer US-Dollar kein „risikofreudiges“ Umfeld. Die wichtigsten Schwellenländer ausser Indien notieren derzeit mit einem Abschlag gegenüber ihrer historischen Durchschnittsbewertung. Wir beurteilen Schwellenländeraktien weiterhin neutral.

    Im Zuge der ersten Marktreaktionen nach dem 2. April haben der MSCI Emerging Markets Index (MSCI EM) und der MSCI World Index jeweils ganze 11% verloren. Seit die US-Regierung ihre Zölle ausser gegenüber China ausgesetzt hat, hat der Schwellenländer-Index wieder etwas an Boden gewonnen und notiert jetzt noch 3% niedriger. Der MSCI World liegt mit 5% im Minus, der S&P 500 hat 7% eingebüsst. In der Vergangenheit korrelierte die Performance der Schwellenländeraktien stark mit den US-Aktienmärkten. Seit 1990 verzeichnete der S&P 500 18 Rückgänge von mehr als 10% bei einer durchschnittlichen Einbusse von 20%, gegenüber einem Rückgang des MSCI EM von 21%. 

    Sinkende Kurse von US-Aktien gehen jedoch gewöhnlich mit einem stärkeren US-Dollar, gemessen am DXY-Korb von Industrieländerwährungen, einher. Die Stärke spiegelt normalerweise den Status des Dollar als Zufluchtswährung für Kapital und die Bevorzugung von US-Finanzanlagen durch internationale Anlegerinnen und Anleger in Stressphasen wider.

    Nach dem 2. April war das anders. Seit Präsident Trump die Importzölle vorgestellt hat, ist der Dollar um rund 6% gefallen. Eine schwächere US-Währung deutet normalerweise auf ein „risikofreudiges“ Umfeld hin, da sich die Kapitalströme häufig zugunsten von Schwellenländeraktien diversifizieren. Diesmal jedoch spiegelt die Unsicherheit im Zusammenhang mit der unberechenbaren US-Handelspolitik eine Risikoaversion wider, die das Interesse an US-Anlagen als Zufluchtsort untergräbt. Wichtige Schwellenländerwährungen, darunter der chinesische Yuan (CNY), der brasilianische Real (BRL) und der südafrikanische Rand (ZAR), gaben nach. Dagegen werteten Währungen von Industrieländern, etwa der Schweizer Franken (CHF), der Euro (EUR) und der kanadische Dollar (CAD), gegenüber dem US-Dollar auf.

    Die Unsicherheit … spiegelt eine Risikoaversion wider, die das Interesse an US-Anlagen als Zufluchtsort untergräbt

    Wachstumssorgen gehen über die USA hinaus

    Auch die wirtschaftlichen Fundamentaldaten bestimmen die relative Performance von Anlagen aus Schwellenländern gegenüber jenen aus Industrieländern. Relevant ist insbesondere der Unterschied zwischen dem Wachstum der Schwellenländer und dem der Industrieländer. In den letzten zwei Wochen haben die erwarteten Folgen der US-Zölle die Aktienmärkte sowohl der USA als auch der Schwellenländer belastet; es wurde angenommen, dass die US-Zölle die Weltwirtschaft bremsen und namentlich die asiatischen Schwellenländer treffen. Unserer Meinung nach dürfte die Verlangsamung des Wachstums vor allem im zweiten und dritten Quartal 2025 spürbar werden. Angesichts dieser Herausforderungen haben Schwellenländeraktien mit Abflüssen seitens ausländischer Investoren zu kämpfen, die im bisherigen Jahresverlauf laut JP Morgan rund USD 19 Mrd. betragen.

    Nicht alle Aktienmärkte sind gleichermassen von Handelsunterbrechungen betroffen.

    Fünf Volkswirtschaften – China, Indien, Taiwan, Südkorea und Brasilien – machen fast 80% der Marktkapitalisierung des MSCI EM Index aus. Von diesen Ländern reagieren Taiwan und Südkorea am empfindlichsten auf US-Zölle. Die im MSCI Taiwan Index enthaltenen Unternehmen erzielen 42% ihres Umsatzes in den USA, während die entsprechende Zahl für den Südkorea-Index 17% beträgt. Dagegen weisen die Unternehmen in den Indizes für China, Indien und Brasilien einen höheren Anteil an Umsätzen im Inland auf. Chinesische Aktien dürften jedoch stärker durch die indirekten Folgen eines schwächeren Wachstums des Bruttoinlandsprodukts (BIP) betroffen sein. Denn deutlich höhere Zölle, ein grösserer US-Handelsbilanzüberschuss und Sekundäreffekte durch die Umladung in Vietnam oder Mexiko werden die Wirtschaft und die Gewinne belasten. Indien und Brasilien dürften geringere Auswirkungen auf ihr Wirtschaftswachstum spüren, wobei Brasilien am meisten unter sinkenden Rohstoffpreisen leiden dürfte. Zudem sind die strategischen Spannungen zwischen den USA und China für die Volkswirtschaften der Schwellenländer von zentraler Bedeutung.

    Bewertungen unter Druck

    Durch die Unsicherheit im Handel und rückläufige Gewinnerwartungen sind die Unternehmensbewertungen unter Druck geraten. Mit Ausnahme von Indien notieren alle Regionen mit einem Abschlag gegenüber dem Zehnjahresdurchschnitt ihres erwarteten Kurs-Gewinn-Verhältnisses (KGV). Eine Erholung dieser Märkte hängt von einer grösseren Gewissheit im Handel ab; sei es durch Abkommen mit den USA, eine bessere Prognosesicherheit bei den Gewinnen oder bedeutende Stimulierungsmassnahmen der chinesischen Behörden, mit denen wir zurzeit nicht rechnen.

    Mit Ausnahme von Indien notieren alle Regionen mit einem Abschlag gegenüber dem Zehnjahresdurchschnitt ihres erwarteten Kurs-Gewinn-Verhältnisses

    Die Konsenserwartungen für das Wachstum des Gewinns je Aktie (EPS) in den Jahren 2025 und 2026 sind hoch. Sie betragen für den MSCI EM Index 14% für 2025 und 13% für 2026. Für China wird ein Wachstum von 6% im Jahr 2025 und 12% im Jahr 2026 antizipiert. Angesichts der geringen Prognosesicherheit für die Gewinne sehen wir ein hohes Risiko von Abwärtskorrekturen, wenn sich die Konjunkturindikatoren im zweiten und dritten Quartal des Jahres abschwächen. Ein hohes einstelliges Wachstum für den MSCI EM Index und ein niedriges einstelliges Wachstum für den MSCI China scheinen dieses Jahr realistischer; die Entwicklung ist aber letztlich von Handelsabkommen und Chinas Stabilisierungsmassnahmen abhängig. Für China und Brasilien waren die EPS-Korrekturen in den letzten vier Wochen am stärksten, während Indien und Südkorea eine überdurchschnittliche Entwicklung verzeichneten.

    Dennoch könnten Aktien von Schwellenländen Chancen bieten, wenn sich die Unsicherheit legt. Mögliche strukturelle Veränderungen, wie ein geringeres US-Handelsbilanzdefizit und eine Erosion des Vertrauens in US-Institutionen, könnten die Nachfrage nach US-Anlagen verringern und Kapital in Schwellenländeraktien lenken. Die zunehmende Konkurrenz durch chinesische Technologie, eine Stabilisierung von Chinas Immobilienmarkt sowie eine Verbesserung des Konsumklimas könnten die Gewinne und die Nachfrage nach Aktien von Schwellenländern ankurbeln.

    Indien ist von den US-Zöllen relativ abgeschirmt. Wir erwarten, dass sich seine Wirtschaft 2025 beschleunigt, unterstützt durch einen raschen Rückgang der Inflation, niedrigere Rohstoffpreise, Zinssenkungen und die nachlassende Belastung durch die Haushaltskonsolidierung. Das nominale BIP Indiens könnte 2025 um bis zu 11% wachsen. Es besteht jedoch das Risiko, dass bedeutende chinesische Impulse die Anleger dazu bewegen, Kapital aus Indien abzuziehen, insbesondere wenn Schwellenländeraktien insgesamt keine neuen Zuflüsse erzielen.

    Neutral gegenüber China und Brasilien

    Wir gehen davon aus, dass sich die chinesische Wirtschaft verlangsamt und 2025 ein Wachstum von 4,2% verzeichnet. Damit würde das Ziel der Regierung von 5% verfehlt. Konjunkturmassnahmen dürften einen Teil des Schadens begrenzen, können aber den erwarteten Rückgang der Warenexporte nicht vollständig ausgleichen. Das Engagement von Präsident Xi Jinping für den Privatsektor ist unserer Meinung nach Grund für einen gewissen Optimismus; dies auch wenn bis zu einem bedeutenden Handelsdeal mit den USA viele Monate verstreichen würden.

    Taiwan und Südkorea reagieren am empfindlichsten auf die Zölle ... Die Bewertungen ihrer Aktienmärkte berücksichtigen das aber schon zu einem grossen Teil

    Taiwan und Südkorea reagieren am empfindlichsten auf die Zölle und die weltweite Konjunkturabschwächung. Die Bewertungen ihrer Aktienmärkte berücksichtigen das aber schon zu einem grossen Teil. Beide Länder dürften aufgrund der Bedeutung der Halbleiterbranche für die USA zu den ersten gehören, die ein Handelsabkommen abschliessen. Keiner der beiden Märkte erreicht jedoch in der Regel die Talsohle, bevor sich die Gewinnrevisionen verlangsamen, und die anhaltende Unsicherheit bezüglich Zöllen für Halbleiter gibt weiterhin Anlass zur Sorge.

    Brasilien befindet sich immer noch in einem Zinserhöhungszyklus, und die hohen Zinsen belasten die Bewertungen. Allerdings könnten ein schwächeres globales Wachstum die Notenbank veranlassen, die Zinsen früher zu senken. Der hohe Anteil von Finanzwerten und Rohstoffen am brasilianischen Markt wird sich indessen kaum gut entwickeln, wenn die Bedenken über eine weltweite Rezession zunehmen.

    Zusammenfassend lässt sich sagen: Schwellenländeraktien sind zwar mit erheblichen Herausforderungen durch Handelsspannungen, Konjunkturabschwächung und Bewertungsdruck konfrontiert, aber es bestehen auch Chancen für Erholung und Wachstum. Anleger sollten vorsichtig bleiben, aber auf strukturelle und zyklische Veränderungen achten, welche die Marktdynamik beeinflussen könnten.

    CIO Office Viewpoint

    Aktien von Schwellenländern: Interessante Bewertungen, kurzfristige Herausforderungen 

    Wichtige Hinweise.

    Die vorliegende Marketingmitteilung wurde von der Bank Lombard Odier & Co AG (nachstehend “Lombard Odier”) herausgegeben. Sie ist weder für die Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung in Rechtsordnungen bestimmt, in denen eine solche Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung rechtswidrig ist, noch richtet sie sich an Personen oder Rechtsstrukturen, an die eine entsprechende.

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