Eine neue Regierung ändert nichts am fundamentalen Bild Frankreichs

Samy Chaar - Chefökonom<br>Bank Lombard Odier & Co AG
Samy Chaar
Chefökonom
Bank Lombard Odier & Co AG
Eine neue Regierung ändert nichts am fundamentalen Bild Frankreichs

Kernpunkte.

  • Präsident Macron dürfte einen neuen Regierungschef und ein neues Kabinett ernennen, nachdem Premierminister François Bayrou die Vertrauensabstimmung verloren hat. Neuwahlen halten wir für weniger wahrscheinlich
  • Die Kosten für Frankreichs Staatsschulden dürften in beiden Fällen erhöht bleiben – angesichts eines zersplitterten Parlaments und anhaltender Schwierigkeiten bei der politischen Entscheidungsfindung
  • Wir erwarten nicht, dass die politische Krise in eine finanzielle Krise mündet: Frankreichs Leistungsbilanz ist weitgehend ausgeglichen, Präsident Macron sorgt für ein Mass an politischer Kontinuität, und die Europäische Zentralbank bietet eine wirksame finanzielle Absicherung
  • Wir haben im August unsere Positionen in Staatsanleihen auf eine Untergewichtung reduziert und bevorzugen Unternehmenspapiere mit Investment-Grade-Rating sowie Hartwährungsanleihen aus Schwellenländern.

Frankreichs politische und fiskalpolitische Probleme verschwinden nicht, wenn der Premierminister ausgewechselt wird. Trotz geringer Aussicht auf eine Reduktion des hohen Haushaltsdefizits sehen wir Faktoren, welche die Marktsorgen lindern.

Frankreichs Premierminister François Bayrou hat am 8. September die Vertrauensabstimmung verloren, womit Präsident Emmanuel Macron nur wenige Optionen bleiben. In unserem Basisszenario erwarten wir, dass nach einer Konsultationsphase ein neuer Premierminister und eine neue Regierung ernannt werden – bei einem weiterhin zersplitterten Parlament. Es besteht das Risiko, dass die Amtszeit des neuen Premiers wiederum kurz ausfällt und es schwierig wird, bis Jahresende eine Einigung über das Budget zu erzielen. Die andere, weniger wahrscheinliche Option wäre, dass Präsident Macron vorgezogene Neuwahlen ausruft. Diese dürften ebenfalls eine fragmentierte Regierung zur Folge haben und Zugewinne für die Rechtsaussen-Partei Rassemblement national mit sich bringen.

In beiden Fällen bleibt Frankreichs fundamentales Bild unverändert. Die Staatsverschuldung des Landes gehört weiterhin zu den höchsten unter den westlichen Volkswirtschaften. In den letzten Wochen haben die Märkte viele politische und fiskalpolitische Sorgen eingepreist. Dadurch sind die Renditen zehnjähriger französischer Staatsanleihen auf das höchste Niveau seit der europäischen Schuldenkrise geklettert, und die Renditedifferenz (Spread) zwischen französischen und deutschen Staatsanleihen hat sich ausgeweitet. Wir erwarten anhaltend weite und volatile Spreads zwischen französischen und deutschen Staatsanleihen. Bei weiterer Unsicherheit könnten sie auf 100 Basispunkte steigen. Wenn die Ratingagentur Fitch am 12. September den Ausblick für die Staatsverschuldung Frankreichs einschätzt, könnte eine weitere Herabstufung resultieren.

Wir erwarten anhaltend weite und volatile Spreads zwischen französischen und deutschen Staatsanleihen. Bei weiterer Unsicherheit könnten sie auf 100 Basispunkte steigen

Natürlich beschränken sich die Sorgen über politisches und fiskalpolitisches Scheitern nicht auf Frankreich. Auch in Märkten wie den USA, Japan und dem Vereinigten Königreich haben sie jüngst zu höheren Kapitalkosten geführt. Frankreichs Haushaltsdefizit ist hoch, und der Spielraum für Steuererhöhungen oder Ausgabenkürzungen scheint gering. Die öffentlichen Ausgaben könnten deutlich besser eingesetzt werden. Das französische Steuersystem ist ineffizient, und die Sozialausgaben bringen trotz allgemein hoher Abgaben und Steuern meist nur geringen wirtschaftlichen Gewinn. Es wäre zu begrüssen, wenn Frankreich wie Deutschland Investitionspläne vorlegen würde, doch es fehlt an politischem Willen, den Status quo zu ändern. Wegen der politischen Lähmung dürfte Frankreichs Defizit hoch bleiben. Wenn die Finanzierungskosten das Wachstumspotenzial eines Landes zu übersteigen beginnen – wie aktuell in Frankreich –, nehmen die wirtschaftlichen Risiken zu.

Wenn die Finanzierungskosten das Wachstumspotenzial eines Landes zu übersteigen beginnen – wie aktuell in Frankreich –, nehmen die wirtschaftlichen Risiken zu

Dennoch halten wir es für wenig wahrscheinlich, dass die politische Krise und die Haushaltssorgen in Frankreich in eine Finanzkrise münden. Aus unserer Sicht ist die Debatte über die Tragfähigkeit der Schulden etwas überzogen. Der Privatsektor, in dem die Unternehmensbilanzen solide scheinen und die Haushalte Sparüberschüsse aufweisen, bleibt in der Beurteilung unberücksichtigt. Eine ausgeglichene Leistungsbilanz bedeutet, dass Frankreich nicht auf die Finanzierung durch das Ausland angewiesen ist.

Die Europäische Zentralbank bietet zudem eine wirksame finanzielle Absicherung. Ihr Transmission Protection Instrument wurde zum Schutz vor „dysfunktionalen Marktdynamiken“ entwickelt, welche die effektive Übertragung der Geldpolitik behindern – darunter übermässige Spread-Ausweitungen. Präsident Macron, dessen Amtszeit bis 2027 gesichert ist, trägt zu politischer Kontinuität und Stabilität bei. Und Frankreichs Autonomie in den Bereichen Energie, Verteidigung und Ernährung kommt dem Land in einer sich wandelnden Weltordnung zugute.

Wir halten es für wenig wahrscheinlich, dass die politische Krise und die Haushaltssorgen in Frankreich in eine Finanzkrise münden

Bislang haben die politischen Herausforderungen Frankreichs keine Änderungen in unserer taktischen Portfoliopositionierung zur Folge. Wir haben bereits Anfang August unser Engagement in globalen Staatsanleihen reduziert. Hintergrund war der zunehmende Marktfokus auf Haushaltssorgen und der Ausverkauf bei lang laufenden Anleihen in vielen Industrieländern. Wir bevorzugen im Segment der festverzinslichen Wertpapiere derzeit Unternehmensanleihen mit Investment-Grade-Rating sowie Hartwährungsanleihen aus Schwellenländern. Sie bieten gegenwärtig ein besseres Risiko-Rendite-Profil als Staatsanleihen, und die Gesamtrenditen sind weiterhin attraktiv.

Wir haben bereits Anfang August unser Engagement in globalen Staatsanleihen reduziert. Hintergrund war der zunehmende Marktfokus auf Haushaltssorgen

Die Volatilität des Euro könnte bei anhaltender politischer Unsicherheit in Frankreich zunehmen. Doch wir erwarten, dass der Euro von der allgemeinen Schwäche des US-Dollar profitieren wird. Unsere EURUSD-Prognose auf Sicht von zwölf Monaten beträgt 1,22. Wir beurteilen den CAC 40 Index derzeit neutral und sehen Potenzial für Volatilität am Aktienmarkt. Unsere allgemeine Einschätzung für Aktien aus Industrieländern bleibt neutral. Insgesamt bevorzugen wir Schwellenländeraktien, in denen wir leicht übergewichtet sind.

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