Vorsicht, Haushaltslücke – Optionen für das britische Budget

Bill Papadakis - Senior Macro Strategist
Bill Papadakis
Senior Macro Strategist
Sami Pepin - Fixed Income Strategist
Sami Pepin
Fixed Income Strategist
Vorsicht, Haushaltslücke – Optionen für das britische Budget

Kernpunkte.

  • Wir erwarten ein politisch schwieriges britisches Herbstbudget mit klarem Fokus auf eine Haushaltskonsolidierung sowie Steuererhöhungen, welche die Inflation nicht anheizen
  • Eine deutliche geldpolitische Lockerung im nächsten Jahr dürfte die fiskalpolitische Straffung ausgleichen. Das sollte helfen, das Wirtschaftswachstum weitgehend stabil zu halten
  • Wir rechnen damit, dass die Zinsen bis Herbst 2026 auf 2,75% fallen – ein tieferes Niveau, als der Markt zurzeit vorwegnimmt. Das ist einer der Gründe, warum wir derzeit im Segment der Staatsanleihen Gilts bevorzugen
  • Wir beurteilen britische Aktien nun neutral und erwarten, dass das Pfund nächstes Jahr gegenüber dem Euro abwertet und gegenüber dem US-Dollar leicht zulegt.

Das bevorstehende Herbstbudget könnte die britischen Staatsfinanzen auf eine solidere Basis stellen. Zugleich könnte eine deutliche geldpolitische Lockerung helfen, die Auswirkungen des Budgets auf das Wachstum abzufedern. Wir thematisieren mögliche Haushaltsmassnahmen, den Ausblick für Anlegerinnen und Anleger und unsere Präferenz für britische Staatsanleihen (Gilts).

Das am 26. November anstehende britische Herbstbudget wird für die Labour-Regierung von grosser Bedeutung sein. Die öffentlichen Finanzen sind angespannt, und jeder Fehltritt bei deren Konsolidierung könnte den Druck auf Premierminister Keir Starmer erhöhen. Die Medien berichten üblicherweise schon im Vorfeld über anstehende Budgetentscheidungen. Die Regierung hat bereits von Plänen für eine Erhöhung der Einkommenssteuer Abstand genommen, mit der sie ihr Wahlversprechen gebrochen hätte.

Einfache Optionen gibt es kaum. Wir erwarten ein vorsichtiges Budget mit dem Ziel, die Sorgen der Märkte über die Tragfähigkeit der Schulden zu zerstreuen, aber kein wachstumsförderndes Budget. Der Fokus dürfte klar auf der fiskalpolitischen Konsolidierung liegen. Das Office for Budget Responsibility (OBR), die unabhängige Haushaltsaufsicht, geht von einem schwächeren Wachstum und geringerer Produktivität im Vereinigten Königreich aus. Dies hat in der Vergangenheit jeden Spielraum der Regierung für die Einhaltung ihrer Regeln zur Erreichung nachhaltiger Steuern und Ausgaben zunichtegemacht. In seinen neuesten Annahmen könnte das OBR das britische Haushaltsdefizit auf rund GBP 20 Mrd. beziffern, teilweise begünstigt durch sinkende Renditen britischer Staatsanleihen; Finanzministerin Rachel Reeves dürfte versuchen, diesen Puffer strukturell zu vergrössern.

Wir erwarten ein vorsichtiges Budget mit dem Ziel, die Sorgen der Märkte über die Tragfähigkeit der Schulden zu zerstreuen, aber kein wachstumsförderndes Budget

Höhere Einnahmen

Der Grossteil der Haushaltskonsolidierung dürfte über Steuererhöhungen erfolgen. Ausgabenkürzungen haben sich für Labour als politisch schwierig erwiesen, obwohl die öffentlichen Ausgaben seit der Pandemie stark gestiegen sind. Die Bedürfnisse im Gesundheits- und Verteidigungsbereich nehmen zu, und die Kosten für den Schuldendienst sind hoch. Trotz einer komfortablen Parlamentsmehrheit musste Labour im früheren Jahresverlauf wegen Differenzen in der eigenen Partei von Plänen zur Kürzung der Sozialausgaben abrücken. Weitere Steuererhöhungen werden politisch ebenfalls schwierig sein, nachdem die Steuern bereits 2024 angehoben wurden. Tatsächlich steigen die Steuern als Anteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP) seit mehr als 25 Jahren kontinuierlich. Sie liegen jedoch laut Angaben der Europäischen Kommission weiterhin unter dem Durchschnitt der Eurozone, der sich auf 40% des BIP beläuft. Wir erwarten daher im britischen Budget eine Reihe kleinteiliger Massnahmen zur Einnahmenerhöhung, die kaum zur Vereinfachung des komplexen britischen Steuersystems beitragen werden.

Ganz allgemein ist das Budget eine anspruchsvolle Übung. Es geht darum, eine Balance zwischen Massnahmen zu finden, die sowohl die Märkte als auch die Wählerschaft und die verschiedenen Flügel der Labour-Partei zufriedenstellen. Das Budget ist daher ein politisch wie wirtschaftlich wichtiges Ereignis.

Eine Priorität der Regierung wird sein, die Steuern zu erhöhen, ohne die Inflation anzuheizen. Die britische Wirtschaft hat dieses Jahr mit schleppendem Wachstum bei hoher Inflation zu kämpfen – ein Grund, warum die Zinsen mit 4% über jenen anderer Industrieländer liegen. Wir erwarten daher, dass der Fokus des Budgets auf nicht inflationären Massnahmen zur Einnahmenerhöhung liegt: vielleicht dem Einfrieren oder Senken der Schwellenwerte für die verschiedenen Einkommenssteuerklassen, höheren Immobiliensteuern, Änderungen der Kapitalgewinnsteuer und der Behandlung von Pensionsbeiträgen oder Mieteinnahmen.

Wir rechnen auch mit Schritten zur Entlastung bei den Lebenshaltungskosten, etwa dem Einfrieren der Treibstoffsteuer oder einer Senkung der Mehrwertsteuer auf Haushaltsenergie. Solche Massnahmen würden die Gesamtinflationsrate im kommenden Jahr senken und das allgemeine Disinflationsnarrativ stützen. Doch da es sich um einmalige Massnahmen handelt, dürfte die Bank of England (BoE) den Effekt als vorübergehend betrachten und sich weiterhin auf den zugrunde liegenden Trend konzentrieren.

Steuererhöhungen im bevorstehenden Budget könnten die Binnennachfrage im Vereinigten Königreich zusätzlich belasten. Steigende Lebensmittel- und Energiekosten sowie die Auswirkungen früherer Zinserhöhungen auf die Hypothekenzinsen haben 2025 den Konsum und die Stimmung der Verbraucherinnen und Verbraucher bereits beeinträchtigt. Sie haben auch zu einer ungewöhnlich hohen Sparquote beigetragen.

Rückgang von Inflation und Zinsen

Eine schwächere Binnennachfrage dürfte sich indessen auch in einer tieferen Inflation niederschlagen. Wir erwarten, dass die britische Verbraucherpreisinflation von durchschnittlich 3,1% im Jahr 2025 auf gut 2% im Jahr 2026 fällt. Das wäre eine deutliche Annäherung an das Ziel der BoE. Die Dienstleistungsinflation sinkt bereits; das Lohnwachstum hat sich abgeschwächt, da sich der Arbeitsmarkt abgekühlt hat. Die Arbeitslosenquote im Vereinigten Königreich ist leicht auf 5% gestiegen, und die Zahl der offenen Stellen ist zurückgegangen, scheint sich nun aber stabilisiert zu haben. Der grösste Teil der Abschwächung am Arbeitsmarkt könnte demnach vorbei sein.

Wir erwarten, dass der Leitzins der Bank of England bis Ende des dritten Quartals 2,75% erreicht

Die rückläufige Inflation sollte es der BoE erlauben, die Zinsen im Dezember zu senken und die geldpolitische Lockerung 2026 fortzusetzen. Wir erwarten, dass der Leitzins bis Ende des dritten Quartals 2,75% erreicht. Dieses Niveau liegt unter dem Marktkonsens und sollte die Wirtschaft und die Unternehmen des Landes in einer schwierigen Phase unterstützen.

Insbesondere dürfte die geldpolitische Lockerung dazu beitragen, die Auswirkungen einer fiskalpolitischen Straffung aufgrund des Herbstbudgets auszugleichen. Wegen dieser unterschiedlichen wirtschaftlichen Effekte erwarten wir, dass das britische Wachstum in den Jahren 2025 und 2026 weitgehend stabil bleibt – bei rund 1,3%.

Britische Staatsanleihen – Gilts

Sinkende Zinsen unterstützen auch unsere Präferenz für Gilts im Segment der Staatsanleihen von Industrieländern. Unseres Erachtens könnten Gilts im kommenden Jahr eine der attraktivsten Kombinationen aus Einkommen und Kapitalgewinnen aufweisen; wir bevorzugen Laufzeiten von fünf bis sieben Jahren. Gilts bieten eine höhere Rendite als US-Treasuries und deutsche Bundesanleihen. Dies ist teilweise auf eine höhere Laufzeitprämie zurückzuführen – die Entschädigung, welche Anleger für das Halten von Schuldtiteln mit längerer Laufzeit verlangen. Grund für die höhere Laufzeitprämie ist die zunehmende fiskalpolitische Unsicherheit. Werden die erwarteten Steuererhöhungen im Budget umgesetzt, könnte dies die Sorgen des Markts über die Tragfähigkeit der Staatsfinanzen mindern und eine Normalisierung der Laufzeitprämie ermöglichen.

Unseres Erachtens könnten Gilts im kommenden Jahr eine der attraktivsten Kombinationen aus Einkommen und Kapitalgewinnen aufweisen

Zudem verlangsamt die BoE, die seit Mitte 2022 Gilts verkauft, nun das Tempo beim Abbau ihrer Bilanz. Das könnte den Druck auf die Anleihenmärkte ebenfalls verringern. Kombiniert mit über Erwarten starken Zinssenkungen sollte dies zu einem Rückgang der Renditen beitragen. Wir erwarten, dass längere Laufzeiten stärker von fallenden Zinsen profitieren und höhere Kursgewinne erzielen.

Trotz eines komplexen makroökonomischen Umfelds beurteilen wir britische Aktien nun neutral. Wir gehen nicht mehr davon aus, dass sie sich im Vergleich zu den Industrieländern unterdurchschnittlich entwickeln. Das Vereinigte Königreich bietet mit fast 3,5% eine der höchsten Dividendenrenditen, während die Bewertungen zu den niedrigsten gehören. Zudem ist 2026 eine mässige Gewinnerholung möglich, unterstützt durch eine Margenausweitung und Zinssenkungen nach drei beschwerlichen Jahren.

Uns gefallen die Engagements des britischen Aktienindex in Gesundheits- und Versorgungsunternehmen. Hinzu kommen einige attraktiv bewertete Finanztitel sowie bessere Aussichten für die Sektoren Grundstoffe und Energie. Britische Aktien sind in den Positionierungen der Anleger untervertreten. Wir sind der Meinung, dass der Index gut aufgestellt ist für eine Umschichtung in Dividenden- und Qualitätstitel im Jahr 2026. Vorerst verhindern jedoch die bescheidene Gewinnerholung sowie die fragile politische und fiskalpolitische Lage eine optimistischere Einschätzung.

Für das kommende Jahr erwarten wir eine weitere Abschwächung des britischen Pfunds gegenüber dem Euro als Währung des grössten Handelspartners des Vereinigten Königreichs. Grund hierfür ist die antizipierte geldpolitische Lockerung der BoE. Wir gehen davon aus, dass in den nächsten zwölf Monaten der Euro gegenüber dem Pfund auf einen EURGBP-Kurs von 0,92 steigt. Das wäre das günstigste Pfund-Niveau seit dem Brexit.

Wir erwarten eine weitere Abschwächung des britischen Pfunds gegenüber dem Euro

Da wir für 2026 eine moderate Abschwächung des US-Dollar erwarten, rechnen wir mit einer leichten Aufwertung des Pfunds gegenüber dem Dollar auf einen GBPUSD-Kurs von 1,33. Allerdings dürfte das Währungspaar volatil bleiben. Das Pfund könnte weiteren Abwärtsrisiken ausgesetzt sein, falls die Sorgen über die Tragfähigkeit der Staatsfinanzen wieder aufflammen. Angesichts der erwarteten Sparmassnahmen im Budget ist dies jedoch nicht unser Basisszenario.

CIO Office Viewpoint

Vorsicht, Haushaltslücke – Optionen für das britische Budget

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