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    Nahrung, die unseren Planeten ernährt: Building Bridges 2022

    Nahrung, die unseren Planeten ernährt: Building Bridges 2022
    Eugène Théodore © Building Bridges

    „Wenn wir über den ökologischen Wandel sprechen, konzentrieren wir uns meist auf die Energiesysteme. Ein Problem wird dabei aber häufig vernachlässigt. Das ist die Landwirtschaft, Ernährung und Landnutzung (Agriculture, Food and Land Use – „AFOLU“). Wenn wir vermeiden wollen, dass ökologische Kipppunkte eintreten, müssen wir unsere Ernährungssysteme komplett denken.“ 

    Das war die Botschaft von Hubert Keller, Senior Managing Partner bei Lombard Odier, als er anlässlich Building Bridges 2022 in Genf sprach – zum Thema „Landwirtschaft, Ernährung und Landnutzung: Die sich abzeichnende neue Realität“. Das Diskussionsforum, das führende Stimmen für einen Wandel im Ernährungs- und Landwirtschaftssektor zusammenbrachte, fand im Rahmen des Hauptmeetings der Building-Bridges-Konferenz statt. Diese Veranstaltung hat zum Ziel, eine weltweit nachhaltige Finanzwirtschaft voranzubringen und Partnerschaften von Interessengruppen aus Finanzwesen, Regierungen und Industrie zu fördern.

    Die heutigen Ernährungssysteme zeichnen für beinahe ein Viertel der Treibhausgasemissionen verantwortlich – sowie für 50% der agrochemischen Verschmutzung und 70% der Erschöpfung der Süsswasservorräte

    Lebensmittel stehen ganz oben auf der Agenda

    Laut Hubert Keller ist AFOLU von allen Wirtschaftssektoren die massgeblichste Einzelursache in Sachen Überschreitung der planetarischen Belastbarkeitsgrenzen, also der ökologischen Sicherheitszonen. Diese müssen wir einhalten, damit unsere Umwelt nicht kippt. Die heutigen Ernährungssysteme zeichnen für beinahe ein Viertel der Treibhausgasemissionen verantwortlich – sowie für 50% der agrochemischen Verschmutzung und 70% der Erschöpfung der Süsswasservorräte.

    David Nabarro, strategischer Leiter bei 4SD Switzerland, hob hervor, wie sich diese ökologischen Auswirkungen konkret niederschlagen. In mehreren Teilen der Welt könne demnach die Nahrungsmittelproduktion nicht mehr als nachhaltig bezeichnet werden: „In Tadschikistan, Usbekistan, Kirgisistan und anderen zentralasiatischen Republiken müssen die derzeit verfolgten landwirtschaftlichen Praktiken aufgrund von Wasserknappheit radikal geändert werden, weil ihnen dort ansonsten das Wasser ausgeht. Ferner haben fünf Dürreperioden in Folge am Horn von Afrika und in Ostafrika dazu geführt, dass inzwischen 200 Millionen Menschen von Ernährungsunsicherheit bedroht sind. Das ist derzeit überall ein ernstes Thema. Die Welt wird sich dessen zunehmend bewusst. Ernährung steht also ganz oben auf der Tagesordnung.“

    Die Lösung, so Hubert Keller, sei zwar eine enorme Herausforderung, aber eigentlich ganz einfach: „Die Wissenschaft lässt da keinen Zweifel. Bis 2030 müssen wir etwa eine Milliarde Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche wieder zu natürlichem Lebensraum machen. Das sind etwa 20% der landwirtschaftlichen Flächen, die wir in den nächsten sieben bis acht Jahren renaturieren müssen.“

    Die anlässlich der Podiumsdiskussion erörterte Lösung könnte teilweise durch die Agroforstwirtschaft geboten werden, d.h. die Kultivierung diversifizierter landwirtschaftlicher Systeme in gut bewirtschafteten Wäldern und um sie herum, anstatt Waldflächen für den Anbau von Monokulturen zu roden

    Entwaldung, Wiederaufforstung und Erreichen des Netto-Null-Ziels

    Jedes Jahr absorbieren die Wälder der Welt eineinhalb Mal mehr Kohlenstoff als die gesamte US-Wirtschaft ausstösst. Doch die derzeitigen Ernährungssysteme gefährden diese lebenswichtige Dienstleistung: Für 90% der Abholzung ist die Nahrungsmittelproduktion verantwortlich. Die anlässlich der Podiumsdiskussion erörterte Lösung könnte teilweise durch die Agroforstwirtschaft geboten werden, d.h. die Kultivierung diversifizierter landwirtschaftlicher Systeme in gut bewirtschafteten Wäldern und um sie herum, anstatt Waldflächen für den Anbau von Monokulturen zu roden. 

    Johnny El Hachem, Leiter des Bereichs Private Equity bei Edmond de Rothschild, hat mit diesem Ansatz in Afrika Erfolg gehabt. Hier hat Edmond de Rothschild sich mit 125'000 Bauern zusammengetan, um Agroforstprojekte zu finanzieren. Louise Mabulo, Gründerin des Cacao-Projekts, hat ähnliche Erfolge auf den Philippinen erzielt. Dort arbeitet sie mit Landwirten zusammen, um von erfolglosen Monokulturen geprägte landwirtschaftliche Betriebe in nachhaltige, resiliente Agroforstbetriebe umzuwandeln.

    Louise Mabulo stellte sogar noch grössere Pläne vor. „Wir müssen die Bewirtschaftung von Landflächen neu konzipieren.“, so Mabulo. „Wir meinen stets, dass massive, von Monokulturen geprägte Betriebe auf schnellere, günstigere und einfachere Art Nahrungsmittel produzieren. Was aber, wenn [die Nahrungsmittelproduktion] stattdessen in gemeinschaftlichen Strukturen erfolgen könnte, die von Agroforsten umgeben sind und sich dadurch weiterentwickeln können? Was, wenn wir die Entwicklung um die Natur herum strukturieren und dabei auch noch die Kohlenstoffabscheidung im Auge behalten? Eine meiner Visionen beim Aufbau meiner Gemeinschaft besteht darin, eine Agropolis zu schaffen.“

    Für Rob Cameron, Vice President, Global Head of Public Affairs und ESG Engagement bei Nestlé, ist dem Problem der Waldrodung nur mit einem menschenrechtsbasierten Ansatz beizukommen. „Verantwortlich für die Abholzung ist nun mal der Mensch. So einfach ist das“, meint Cameron. „Dafür gibt es sozio-ökonomische Gründe. Wir bei Nestlé haben etwas, das sich „Forest Positive“ nennt. Kernstück dessen ist ein rechtsbasierter Ansatz. Es geht um das Recht auf Lebensunterhalt, um Landrechte. Wenn man keinen rechtsbasierten Ansatz verfolgt, sind die Kleinbauern einfach dazu gezwungen, aus wirtschaftlichen Gründen Bäume zu fällen. Wir müssen also Wege finden, um mit diesen Gemeinschaften zusammenzuarbeiten und die Wälder zu schützen.“

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    Nährende Natur

    Laut Hubert Keller müssen die Ernährungssysteme drei wesentliche Veränderungen durchlaufen, um den Druck, der auf den landwirtschaftlichen Flächen lastet, zu verringern und die Wiederherstellung degradierter Böden und Wälder zu ermöglichen. „Zunächst müssen wir andere Nahrungsmittel produzieren, insbesondere um unsere Proteinquellen vom tierischen Eiweiss weg zu diversifizieren. 77% der landwirtschaftlichen Nutzfläche werden für Fleisch- und Milchprodukte genutzt. Diese liefern jedoch weniger als 20% der weltweiten Kalorien und weniger als 40% der Proteine. Ein solcher Ansatz ist daher äusserst ineffizient.“ 

    „Ferner gilt es, unsere Lebensmittelkette effizienter zu gestalten und die 30% Abfälle, die vom Erzeuger bis zum Verbraucher anfallen, zu eliminieren.“ Und drittens müsse man „entschlossen auf regenerative und präzise landwirtschaftliche Praktiken umsteigen“, so Keller.

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    Louise Mabulo äusserte sich ebenfalls zum Thema der Regeneration. „Wenn wir es nicht schaffen zu einer regenerativen Landwirtschaft überzugehen, werden die Landwirte Einkommensverluste erleiden, denn die Böden werden keine Ernten mehr abwerfen können“, meinte sie. „Wir konnten das bei Bananenbauern auf den Philippinen beobachten. Sie haben zu viele Chemikalien und Düngemittel verwendet. Dadurch wiederum wurden ihre Böden degradiert. Nach zehn Jahren wundern sie sich, warum sie keine Bananen mehr ernten.“

    Wir brauchen heilende anstatt schädliche Ernährungssysteme. Wir müssen Ausgangspunkt der Lösung sein

    Für Nestlé, so Rob Cameron, bildet die Regeneration das Fundament für den gesamten Übergang zur Nachhaltigkeit. „Wir brauchen heilende anstatt schädliche Ernährungssysteme. Wir müssen Ausgangspunkt der Lösung sein. Bei Nestlé würde ich unsere Strategie mit nur einem Wort zusammenfassen: Regeneration. Wir benötigen einen grundlegenden Wandel, eine 180-Grad-Wende hin zu regenerativen Ernährungssystemen.“

     

    Renditen statt Wohltätigkeit

    Um diesen Wandel zu einer regenerativen Landwirtschaft voranzutreiben, bedarf es finanzieller Mittel, insbesondere in den Entwicklungsländern. Johnny El Hachem meinte jedoch: „Es geht hier nicht um Wohltätigkeit. Wir müssen aufhören zu glauben, dass Nachhaltigkeit und Renditen einander ausschliessen.“ In Marokko habe Edmond de Rothschild den Landwirten Gelder zur Verfügung gestellt, um neue Bewässerungssysteme zu installieren, mit denen sich „das Äquivalent von 100 Millionen Litern Süsswasser für 4 Millionen Menschen einsparen lässt“. Es geht hier um Investitionen in kleinen Massstäben, mit denen man trotzdem Geld verdienen kann.“

    Es geht hier nicht um Wohltätigkeit. Wir müssen aufhören zu glauben, dass Nachhaltigkeit und Renditen einander ausschliessen

    Auf ähnliche Weise finanzierte Edmond de Rothschild in Afrika den Bau von Anlagen zur Verarbeitung von Cashewnüssen. Mit ihnen können die Landwirte ihre Ernte vor Ort verarbeiten und Wertpotenzial sichern, anstatt ihre Margen in langen, komplexen Wertschöpfungsketten einzubüssen. „Wir bewahren die Margen für den Landwirt in Afrika. Und wir teilen Margen mit ihm. Lassen Sie uns das Finanzwesen in den Dienst dieses Sektors stellen“, so seine Abschlussbemerkung.

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    Hauptsächlich Pflanzen und davon nicht zu viel

    Zum Thema veränderter Essensgewohnheiten fragte die Moderatorin Eva Zabey, Geschäftsführerin von Business for Nature, wie viele der Konferenzteilnehmenden ihren Fleischkonsum in den letzten Jahren verringert hätten. Nachdem zahlreiche Teilnehmer die Hand hoben, erläuterte Rob Cameron, wie Lebensmittelunternehmen diesen Wandel befeuern können.

    „Manchmal müssen wir der Konsumnachfrage voraus sein“, meinte er. „Wir können es uns jedoch nicht leisten, mehr als einen Schritt voraus zu sein. Wenn wir einen Vorsprung von zwei Schritten haben, ist das zu viel. Das Wachstum, das wir bei den [Umsätzen] mit pflanzenbasierten Produkten in verschiedenen Kategorien beobachten können, ist indes wahrlich beeindruckend. Und es wird von Dauer sein.“ Unter Bezugnahme auf den Autor Michael Pollan meinte er, dass unsere Ernährung aus „Pflanzen und davon nicht zu viel“ bestehen sollte.

    Die grosse Herausforderung, besteht darin, qualitativ hochwertige Lebensmittel ausfindig zu machen, die für alle erschwinglich sind

    Diese deutliche Verlagerung in den Essgewohnheiten ist laut David Nabarro weltweit zu beobachten. Anlässlich des ersten UN-Gipfels zu Ernährungssystemen zeigten die Antworten von 110'000 Befragten aus 148 Ländern, dass neuen Ernährungsgewohnheiten bei der Entwicklung eines nachhaltigen Ernährungssystems oberste Priorität zukommt. Allerdings könnte seiner Meinung nach die Lebenshaltungskostenkrise diesen Wandel behindern und die Ungleichheiten in den heutigen Ernährungssystemen noch verschärfen. „Die grosse Herausforderung“, so sein Fazit, „besteht darin, qualitativ hochwertige Lebensmittel ausfindig zu machen, die für alle erschwinglich sind.“

     

    Nahrhaft, resilient, regenerativ und gerecht

    Für Anlegerinnen und Anleger sowie Konsumenten „werden die Kostenkurven den Ausschlag geben. Die Tatsache, dass eine umweltfreundlichere Lösung Jahr für Jahr billiger wird, dürfte diesen Übergang stark befeuern“, sagte Hubert Keller. „Unseres Erachtens werden alternative Proteine gegenüber tierischen Proteinen innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre rentabel sein. Daraus könnten sich wirtschaftliche Chancen im Wert von rund USD 1,5 Bio. ergeben. Dieser Wandel wird also nicht nur für die Umwelt, sondern auch für die Wirtschaft von Vorteil sein.“

    Insoweit sich die Agrarpolitik und das regulatorische Umfeld weiterentwickeln, werden auch Subventionen eine immer wichtigere Rolle spielen, damit der Wandel voranzutreiben ist. Aktuell gibt es im Agrarsektor weltweit Subventionen in Höhe von USD 500 Mrd. bis USD 700 Mrd. Ein Grossteil dieser öffentlichen Gelder könnte laut Hubert Keller neuen Zwecken zugeführt werden und in die Nachhaltigkeitswende fliessen. Maria Lettini, Executive Director der FAIRR Initiative, pflichtet dem bei. „Wir müssen sicherstellen, dass unsere Subventionen künftig Anreize für Innovationen durch Forschung und Entwicklung bieten und die Landwirte im Übergang unterstützen“, sagte sie. „Wir brauchen diese Gelder für ein Ernährungssystem, das in Zukunft nahrhafte Lebensmittel für alle produziert.“

    David Nabarro stimmte dem zu und betonte die zentrale Bedeutung eines „gerechten Übergangs“. Da wir uns einer nachhaltigen Zukunft zuwenden, müssten sich Ernährungssysteme durch vier wesentliche Merkmale auszeichnen: Erstens müssen sie NAHRHAFT sein – kein Ernährungssystem sollte dazu führen, dass Menschen ungesund oder fehlernährt sind. Zweitens müssen sie RESILIENT sein – sie müssen in der Lage sein, den Belastungen von Pandemien oder des Klimawandels standzuhalten. Drittens müssen sie REGENERATIV sein – sie müssen die Natur heilen und wiederherstellen, anstatt knappe Ressourcen auszuschöpfen. Und vor allem müssen sie GERECHT sein – „denn damit stellen wir sicher, dass Ernährungssysteme für alle funktionieren, nicht nur für die wenigen auf der Sonnenseite des Glücks.“

    Wichtige Hinweise.

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