Vertikale Farmen werden erwachsen – schwächere Investitionen, aber führenden Anbietern winkt Rentabilität

Vertikale Farmen werden erwachsen – schwächere Investitionen, aber führenden Anbietern winkt Rentabilität

Kernpunkte.

  • Die vertikale Landwirtschaft befindet sich in einer Konsolidierungsphase, und die hohen Energie- und Automatisierungskosten zeigen, welche Geschäftsmodelle eher schwach sind
  • Rentabilität erzielen heute einfachere, effizientere Modelle wie die von GrowUp Farms und YesHealth Group
  • Vertikale Landwirtschaft ermöglicht eine nachhaltige, ertragreiche Produktion von Nahrungsmitteln bei geringem Wassereinsatz und kann die Ernährungssicherheit in städtischen und vom Klimawandel betroffenen Regionen unterstützen
  • Die Branche wird erwachsen, und für Anlegerinnen und Anleger, die in wirtschaftlich trag- und lebensfähige Unternehmen investieren wollen, wird Selektivität überaus wichtig sein

Von aussen betrachtet wirkt der neue Farm Campus von Plenty in Richmond, Virginia, eher unscheinbar. Das graue kastenförmige Gebäude sieht aus wie der kleine Bruder des nahe gelegenen Amazon-Logistikzentrums oder des Lagers für medizinische Produkte etwas weiter nördlich.

Drinnen sieht es dagegen ganz anders aus. Das triste Äussere weicht offenen Stahlgerüsten und strahlend weissen Wänden. Diese sind mit endlosen Reihen heller Lampen und durchsichtigen Schläuchen bestückt – wie eine Vision von der Zukunft der Industrie aus einem Science-Fiction-Film. Noch beeindruckender sind jedoch die blattreichen grünen, aber fein säuberlich errichteten turmartigen Konstrukte. Sie sind gut neun Meter hoch und enthalten Paletten mit Tausenden von Erdbeerpflanzen. Das hier ist ein Bauernhof – aber anders, als man Bauernhöfe bislang kannte.

Die neue „vertikale Farm“ von Plenty, die zum weltweit grössten vertikalen Erdbeeranbaubetrieb erweitert werden soll, zählt zum Modernsten, was die Anbautechnologie zu bieten hat. Sie ist auch ein Sinnbild für die aktuellen Herausforderungen des Sektors. Im März 2025 meldete Plenty, das sich fast USD 1 Mrd. an Wagniskapital einschliesslich Unterstützung von Amazon-Gründer Jeff Bezos und Softbank gesichert hatte, Insolvenz an. Aus der Insolvenzverwaltung ging Plenty zwei Monate später als verkleinertes Unternehmen hervor. Der Fokus liegt nun auf dem neuen Farm Campus in Richmond.

In den letzten Jahren gerieten einige Start-ups im Bereich vertikale Landwirtschaft in Schwierigkeiten. Doch noch immer steht der Sektor für das grosse Versprechen, Obst und Gemüse ganzjährig in hoher Qualität und nachhaltig anzubauen. Die Weltbevölkerung wird schon bald die Marke von zehn Milliarden Menschen erreichen.1 Sind vertikale Farmen also die Antwort auf unsere Ernährungsprobleme? Oder werden die hohen Anlauf- und Betriebskosten für Enttäuschung unter Anlegerinnen und Anlegern sorgen?

Sehen Sie sich das untenstehende Video an (mit englischen Untertiteln):

Ackerbau vs. Technologie

Die Grundidee ist simpel. Inspiriert wurde sie von Dickson Despommier, Professor für Mikrobiologie an der Columbia University. Er trug Studierenden auf, in Dachgärten mit nur rund fünf Hektar Gesamtfläche genügend Nahrungsmittel für die gesamte Bevölkerung von Manhattan zu produzieren. Das erste Ziel der vertikalen Landwirtschaft lautet daher, für eine minimale Landnutzung Pflanzen übereinander statt nebeneinander anzubauen.

Die Technologie ist komplizierter. Moderne vertikale Farmen verzichten auf Erde. Die Pflanzen erhalten stattdessen entweder nährstoffreiches Wasser oder werden laufend benetzt. In einigen Farmen befinden sich die Pflanzen in A-förmigen Gestellen mit Regalen so hoch, wie die tragende Struktur gestattet. Andere setzen auf ein Dickicht von Schläuchen, übersät mit Löchern, durch die die Pflanzen wachsen sollen, während die Wurzeln in der Luft hängen.

Durch den Anbau in Innenräumen können die Betriebe jede Variable überwachen und steuern: Licht, Temperatur, CO2-Gehalt der Luft, Windgeschwindigkeit, Luftfeuchtigkeit und vieles mehr. Die modernsten Anlagen können mittels künstlicher Intelligenz (KI), Verarbeitung riesiger Datenmengen (Big Data) und Robotik Milliarden von Datenpunkten pro Jahr automatisch analysieren und entsprechend reagieren.

Anlegerinnen und Anleger fragen sich deshalb, ob diese futuristischen Nahrungsmittelproduzenten wirklich Farmen oder vielleicht doch eher Technologieunternehmen sind.

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Technisch vielversprechend, wirtschaftlich fragil

Die Antwort auf diese Frage ist ein Schlüsselfaktor für die Herausforderungen, mit denen der Sektor konfrontiert ist. Henry Gordon-Smith, Gründer und CEO von Agritecture, einem Beratungsunternehmen für Ernährungssysteme, meint dazu: „Den Reiz dieses Ansatzes auf Basis von neuartigem geistigem Eigentum und Wissen macht aus, ... dass er Agrarbetriebe wie Technologieunternehmen erscheinen lässt und bei der Kapitalbeschaffung zu höheren Bewertungen führt.“2

In den letzten zehn Jahren wurden mehr als USD 6 Mrd. in Start-ups im Bereich vertikale Landwirtschaft investiert.3 Geschuldet war dies auch der Begeisterung für neuartige Technologien. Innovation ist jedoch keine Garantie für Rentabilität. Vertikalen Farmen machen die hohen Kosten für den täglichen Betrieb zu schaffen. Diese fallen unter anderem für die Heizung, die Instandhaltung komplexer Roboter- und Automatisierungssysteme und die schier endlosen Reihen von LEDs an, die das Sonnenlicht ersetzen. Durch die gestiegenen Energiekosten ächzen viele Start-ups unter dem Druck, das Grundlegendste für ein Unternehmen sicherzustellen – dass die Lichter nicht ausgehen.

Viele Unternehmen übertrieben es mit der Automatisierung. Die Folge: höhere Energiekosten und weniger Rentabilität. Wir beobachten jetzt, dass die Systeme einfacher werden – und das sind gewöhnlich die profitabelsten

Seit 2021 schlossen grosse Anbieter wie Plenty, die deutsche InFarm, Bowery aus den USA und AppHarvest für immer oder gingen in die Insolvenz und restrukturierten. Henry Gordon-Smith sagt: „Wenn der Sektor angesichts der steigenden Energiepreise eine Korrekturphase durchläuft, ... rücken das geistige Eigentum und das Wissen in den Hintergrund. Viel wichtiger wird dann sein, was unter dem Strich übrig bleibt.“4

Paul Gauthier, Professor für Gewächshausanbau an der University of Queensland und einer der weltweit führenden Experten für vertikale Landwirtschaft, vertritt eine ähnliche Ansicht: „Viele Unternehmen übertrieben es mit der Automatisierung. Die Folge: höhere Energiekosten und weniger Rentabilität. Wir beobachten jetzt, dass die Systeme einfacher werden – und das sind gewöhnlich die profitabelsten.“5

Reichlich verfügbar, sauber, nachhaltig, sicher

Unternehmen, die die Schwierigkeiten während der Anlaufphase überstehen, weisen einige bedeutende Vorzüge gegenüber traditionellen Ackerbaubetrieben auf.

Der grösste Vorteil ist die Möglichkeit zum ganzjährigen, ertragreichen Anbau. Studien zufolge können vertikale Farmen beispielsweise dreissigmal mehr Salat pro Quadratmeter anbauen als herkömmliche Ackerbaubetriebe6 (einige behaupten sogar, die Produktivität steige um den Faktor 300). Vertikale Farmen können darüber hinaus den Wachstumsprozess beschleunigen, sodass bis zu 15 Ernten im Jahr möglich sind.7

Aufgrund der kontrollierten Umgebungsbedingungen in vertikalen Farmen ist der Einsatz von Pestiziden häufig nicht notwendig – ein wichtiges Kaufargument für viele Verbraucherinnen und Verbraucher. Einige vertikale Farmen können ihre Erzeugnisse sogar anbauen, ernten und verpacken, ohne sie waschen zu müssen, was die Haltbarkeit verbessert. Nach Aussage von YesHealth Group aus Taiwan sind die von ihr produzierten Salate bis zu zwei Wochen haltbar.8

Vertikale Farmen benötigen 90% weniger Wasser, weshalb sie sich sehr gut für Regionen eignen, in denen Wasserknappheit herrscht

Diese Effizienz bringt auch weitere Vorteile mit sich. Vertikale Farmen benötigen 90% weniger Wasser,9 weshalb sie sich sehr gut für Regionen eignen, in denen Wasserknappheit herrscht. Sie haben einen geringen Flächenbedarf und können auch in Städten betrieben werden. Daher gelten sie auch zunehmend als ein wichtiges Element für die Ernährungssicherheit in dicht besiedelten oder urbanisierten Gegenden.

Singapur zum Beispiel importiert mehr als 90% seiner Lebensmittel.10 Dort unterstützte die Regierung als Teil der Initiative, 30% der benötigten Nahrungsmittel im Inland zu produzieren, die vertikale Farm GroGrace.11 YesHealth Group gründete eine Partnerschaft mit Mowreq Specialized Agriculture für den Bau der grössten vertikalen Farm Saudi-Arabiens im Rahmen der Vision 2030 des Landes.12 In einer Welt der geopolitischen Spannungen und labilen Lieferketten könnte die vertikale Landwirtschaft Regierungen eine Möglichkeit bieten, die nationale Ernährungssicherheit zu verbessern.

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„Pain Point“ kurbelt Marktwachstum an

Anlegerinnen und Anlegern winkt potenziell eine hohe Belohnung. Der globale Markt für frisches Obst und Gemüse hat schon heute einen Gesamtwert von über USD 850 Mrd. Bis 2033 dürfte er auf fast USD 1,3 Bio. steigen#.13

Vorläufig eignen sich vertikale Farmen nur für eine relativ kleine Auswahl an Pflanzen. Grüner Salat, zum Beispiel Kopfsalat und Rucola, funktioniert am besten. Nach Ansicht von Experten könnte der Sektor in zehn Jahren bis zu 50% der Salatpflanzen für die USA produzieren.14 Mittlerweile bauen vertikale Farmen aber auch Erdbeeren, Tomaten und sogar Trauben an, und durch Innovationen wird die Liste der infrage kommenden Kulturpflanzen immer länger.

Trotz der unterdurchschnittlichen Entwicklung in letzter Zeit wird der globale Markt für vertikale Landwirtschaft bis 2033 Schätzungen zufolge auf etwa USD 49 Mrd. anwachsen. 2024 waren es noch USD 8 Mrd.15 Dies wird zum Teil auf fortgesetzte Innovationen, die Präferenzen von Verbraucherinnen und Verbrauchern sowie Skaleneffekte zurückgehen, wenn sich Start-ups mehr etablieren. Ein weiterer Grund ist die Reaktion auf einen der aktuell drängendsten „Pain Points“. Der Klimawandel stellt Nahrungsmittelanbieter in aller Welt vor Herausforderungen, da Dürren, Hitzewellen, Hochwasser, Waldbrände und Bodendegradation die Ernteerträge gefährden. Vertikale Farmen verlegen den Anbau nach innen und minimieren den Bedarf an Erde und Wasser. Dadurch bauen sie Resilienz gegen diese Gefahren für die Lieferkette auf.

Mike Hedges, CEO des britischen Betreibers vertikaler Farmen GrowUp, dessen Umsatz 2023/2024 um 400% wuchs, glaubt, dass dies das fortgesetzte Wachstum des Sektors unterstützen wird. „Die Frage ist meiner Ansicht nach nicht, ob, sondern wann jeder Detailhändler vertikale Farmen als Partner haben wird. Ob sie diese selbst errichten und betreiben oder ob wir daran mitwirken, weiss ich nicht. Aber solche Partnerschaften sind unumgänglich. Denn sie müssen ihre Lieferkette resilient gestalten.“16

Mittlerweile arbeiten einige vertikale Farmen in gewerblichem Massstab profitabel. Ein Beleg dafür, dass hohe Kosten kein Hindernis darstellen müssen. iFarm von YesHealth Group war innerhalb von drei Jahren nach der Eröffnung rentabel. GrowUp erwartet dagegen, dieses Jahr die Gewinnschwelle zu überschreiten, dank des Erfolgs seines Blattsalat-Sortiments Unbeleafable, die in den grössten britischen Supermärkten Verkaufsschlager sind. Für Anlegerinnen und Anleger ist jedoch klar, dass Selektivität entscheidend sein wird. Denn der bislang aus Start-ups bestehende Sektor muss sich erst noch als eine Branche etablieren, die ihr gewaltiges Potenzial auch wirklich freisetzen kann.

Die vertikale Landwirtschaft wird erwachsen. Dadurch wird sie voraussichtlich einen wichtigen Beitrag zum Übergang zu einem nachhaltigen Ernährungssystem leisten. Einem Ernährungssystem, das auf kleineren Flächen und mit weniger Wasser mehr Nahrungsmittel produzieren und die wachsende Belastung der Natur durch die Landwirtschaft verringern kann.

Wichtige Hinweise.

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