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    Rethink Perspectives: Energie – Krise oder Chance?

    Rethink Perspectives: Energie – Krise oder Chance?

    Nach Jahrhunderten der Abhängigkeit von Kohle, Öl und Gas werden die Energiesysteme nun neu definiert. In einigen Regionen sind erneuerbare Energien bereits wettbewerbsfähiger als fossile Brennstoffe. Abfallende Kostenkurven, technologische Verbesserungen und die Politik wirken zusammen und bringen Lösungen für saubere Energien wesentlich voran. Nach einem „Jahr der Schocks“ stellt sich angesichts der Konjunkturverlangsamung und der Besorgnis über eine weitere Eskalation des Kriegs in der Ukraine die Frage: Steht der Energiesektor vor einer Krise – oder einer Chance?

    Genau dies war das Thema der jüngsten „Rethink Perspectives“-Veranstaltung von Lombard Odier in London. Unter der Moderation von Duncan MacIntyre, CEO UK, hörte das Publikum Vorträge von Hubert Keller, Senior Managing Partner, und Frédéric Rochat, Managing Partner. Weitere Präsentationen hielten Samy Chaar, Chefökonom bei Lombard Odier, und Jeremy Oppenheim, Mitgründer und Partner des Systemveränderungsunternehmens Systemiq. Die Redner diskutierten die Umwälzungen, die sich in den weltweiten Energiesystemen abspielen, sowie die Auswirkungen des heutigen geopolitischen und wirtschaftlichen Umfelds auf das Tempo des Wandels.

    Nach einem „Jahr der Schocks“ stellt sich angesichts der Konjunkturverlangsamung und der Besorgnis über eine weitere Eskalation des Kriegs in der Ukraine die Frage: Steht der Energiesektor vor einer Krise – oder einer Chance?

    Sind wir schon bald am Ziel?

    Die gute Nachricht ist, dass sich die „Inflationstrends in die richtige Richtung bewegen“, erklärte Samy Chaar. Er eröffnete die Diskussion mit einem detaillierten Überblick über die aktuelle gesamtwirtschaftliche Situation. „Inflation, Energiekrise, Null-Covid-Politik in China – diese Schocks lassen wir jetzt hinter uns.“

    Er warnte jedoch: „Wir sind noch weit weg von der Normalität. Wir dürfen nicht glauben, dass wir es schon fast geschafft haben. Das Jahr 2023 wird von einer schwachen Wirtschaftsentwicklung geprägt sein, und die Notenbanken werden den Druck zur Bekämpfung der Inflation aufrechterhalten.“

    In den USA, sagte er, deuten die Frühindikatoren auf einen nachlassenden Preisdruck hin. „Das Wachstum verlangsamt sich, da die Nachfrage und der Verbrauch schwach sind. Die Störungen in den Lieferketten haben nachgelassen, und die Energiepreise sinken. Wir steuern auf ein Umfeld mit einer moderateren Inflation zu.“

    Doch nicht alle Faktoren verbessern sich gleichzeitig. Während die Wareninflation zur Normalität zurückgekehrt ist, bleibt die Dienstleistungsinflation hoch. Sie wird hauptsächlich durch hohe Mieten und den überhitzten Arbeitsmarkt angetrieben: „Das Lohnwachstum muss weiter nachlassen. Deshalb werden die Zinsen 2023 im restriktiven Bereich bleiben.“

    In Europa, so Samy Chaar, haben sich die wirtschaftlichen Aussichten durch den Rückgang der Gaspreise deutlich aufgehellt. „Obwohl es Winter ist und trotz des Risikos einer Eskalation des Kriegs in der Ukraine sind die Gaspreise nahezu auf die Niveaus von Mitte 2021 zurückgegangen. Nachdem zuvor zwei Drittel der Gaslieferungen aus Russland stammten, bezieht Europa heute 100% des Gases in Form von Flüssigerdgas. Aus Russland wird kein Gas mehr importiert. Dies hatte seinen Preis. Doch bisher konnten dieses Jahr bedeutende Störungen vermieden werden. Europa hat sich abgeschirmt.“

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    China, so erklärte er, schwenkt unwiderruflich von einer drastischen Null-Covid-Politik auf eine Strategie des Lebens mit dem Virus um: „Viele glauben, dass die Wiedereröffnung Chinas die Inflation anfachen könnte. Wir erwarten hingegen nur eine begrenzte Auswirkung, zumindest auf kurze Sicht. China ist das Fertigungszentrum der Welt. Wenn sich die Wirtschaft wieder öffnet, steigen die Exporte, und die Handelsströme werden wieder aufgenommen. Dies sollte disinflationäre Effekte haben. Bei Rohstoffen ist mit Aufwärtsdruck zu rechnen. Wir glauben aber nicht, dass etwa der Ölpreis den Durchschnittspreis des letzten Jahres übersteigen wird.“

    Die Aktienmärkte könnten in diesem Jahr volatil sein, da es viele potenzielle Quellen der Instabilität gibt. In diesem Umfeld bevorzugen wir erstklassige Anleihen, denn die Renditen werden so hoch sein wie seit zehn Jahren nicht mehr

    Was bedeuten diese Aussichten für Anlegerinnen und Anleger? „Die Wiedereröffnung Chinas wird den Rohstoff exportierenden Schwellenländern und engen Handelspartnern in der Region zugutekommen. Ein grosser Teil des Bruttoinlandsprodukts dieser Länder entfällt auf Exporte nach China“, erklärte er. „Daher haben wir unser Engagement in Schwellenländeraktien erhöht.“ Allgemein zog er folgendes Fazit: „Die Aktienmärkte könnten in diesem Jahr volatil sein, da es viele potenzielle Quellen der Instabilität gibt. In diesem Umfeld bevorzugen wir erstklassige Anleihen, denn die Renditen werden so hoch sein wie seit zehn Jahren nicht mehr.“

     

    Neuverkabelung der Wirtschaft

    Jeremy Oppenheim von Systemiq schilderte zu Beginn seines Beitrags, welchen Druck die menschlichen Aktivitäten für die planetaren Grenzen bedeuten und wie dies unsere Biosysteme an den „Rand des Zusammenbruchs“ treibt. Er forderte die Zuhörenden zu einer „CO2-Diät“ auf, da es überlebenswichtig geworden sei, die Emissionen zu senken. Im Folgenden skizzierte er die Beziehung zwischen der kurzfristigen gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und langfristigen Veränderungen der Weltwirtschaft. Er erklärte, dass die Reaktion Europas auf den Energieschock eine strukturelle Umstellung auf nachhaltige Energiesysteme beschleunige.

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    „Es ist eine fundamentale Neuverkabelung der Weltwirtschaft im Gange, welche die gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen dramatisch beschleunigt. In den nächsten 20 bis 30 Jahren wird eine Neuverkabelung der Wirtschaft auf der Basis von sauberen Elektronen und Elektrifizierung stattfinden. Dies wird alles verändern.“

    Während Verschiebungen in der Natur und bei Rohstoffen zu beobachten sein werden, wird die Nachhaltigkeitswende durch die Energiesysteme angetrieben, erläuterte er. „Die offensichtlichste Erfolgsgeschichte ist die Art und Weise, wie sich erneuerbare Energien mittlerweile auszahlen. Wir erkennen Wendepunkte, da neue Lösungen traditionelle Technologien in den Schatten stellen. Öl ist auf dem Zenit angelangt. Die Ölgesellschaften verstehen dies. Dies wird die Geopolitik grundlegend verändern. Das Tempo, mit dem sich dies alles abspielt, ist atemberaubend.“

    Öl ist auf dem Zenit angelangt. Die Ölgesellschaften verstehen dies. Dies wird die Geopolitik grundlegend verändern. Das Tempo, mit dem sich dies alles abspielt, ist atemberaubend

    Verdrängung der Platzhirsche

    Damit Technologien den Wendepunkt zum rasanten Wachstum erreichen, müssen laut Jeremy Oppenheim drei Bedingungen erfüllt sein: Neue Lösungen müssen preislich mit bestehenden Technologien mithalten oder sie übertreffen. Ausserdem müssen sie eine bessere Leistung bieten und allgemein zugänglich sein.

    Wichtig sei vor allem, dass nachhaltige Energielösungen erheblich günstiger werden: Die Kosten für Windkraft, Solarstrom und Batteriespeicherung sind seit 2010 mindestens um zwei Drittel gefallen. Darüber hinaus sind viele Lösungen mittlerweile technologisch überlegen. Wärmepumpen, so führte er aus, sind mehr als dreimal so effizient wie Gasheizkessel. Elektromotoren seien viermal effizienter als Verbrennungsmotoren. Und in der Schwerindustrie hätten sich Elektrolichtbogenöfen in der Stahlproduktion als mehr als fünfmal so effizient erwiesen wie herkömmliche Hochöfen.

    Dank dieser Vorteile geht die Einführung rasant voran. LED-Lampen sind zum Beispiel in vielen Regionen mittlerweile die Norm. Elektrofahrzeuge werden voraussichtlich bis 2030 über die Hälfte der neu gekauften Fahrzeuge ausmachen. Und an einigen Orten sind erneuerbare Energieträger bereits jetzt die dominierende Komponente im Energiemix. Grossbritannien erzeugte im Jahr 2020 mehr Energie mit erneuerbaren Energieträgern als mit fossilen Brennstoffen. Im vierten Quartal 2021 deckte das Land 26% des Stromnetzbedarfs allein durch Windkraft.

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    Wenn die Wendepunkte im Energiesystem erreicht sind, wird es laut Jeremy Oppenheim in anderen Sektoren zu Dominoeffekten kommen. Das Wachstum des Elektrofahrzeugsektors etwa „wird das Wachstum von Solaranlagen auf Wohnhäusern antreiben. Und da sich die Wirtschaftlichkeit von Solaranlagen weiter verbessert, ändert sich dadurch auch die Wirtschaftlichkeit der Erzeugung von grünem Wasserstoff. Dies wird wiederum die grüne Stahlproduktion beschleunigen. Die Stärke dieser Bindeglieder in verschiedenen Wirtschaftsbereichen wird den grossen Wandel antreiben.“

    Wenn die Wendepunkte im Energiesystem erreicht sind, wird es laut Jeremy Oppenheim in anderen Sektoren zu Dominoeffekten kommen

    Gewinne in unerwarteten Bereichen

    Hubert Keller griff das Thema der Dominoeffekte aus Jeremy Oppenheims Vortrag auf und wandte sich der Frage zu, wie Anlegerinnen und Anleger von den neuen Chancen profitieren können.

    „Angesichts dieser tektonischen Verschiebungen müssen wir uns vier wichtige Fragen stellen“, führte er aus. „Erstens: Haben wir diese wirtschaftlichen Wendepunkte tatsächlich überschritten – und wo? Zweitens: Wie viel muss investiert werden, um Skaleneffekte zu erzielen? Drittens: Gibt es ein solides Geschäftsszenario für den Fluss der Investitionen? Und nicht zuletzt: Wird dies neue Gewinnpools schaffen, und wo werden sie in Erscheinung treten?“

    „Es wird Gewinnpools an unerwarteten Orten geben“, fuhr er fort. „Beispielsweise können Düngemittelunternehmen, die grünes Ammoniak produzieren, im Bereich der Schiffstreibstoffe aktiv werden. Und durch die Installation von Solaranlagen auf den Dächern von Wohnhäusern werden wir die Integration von Gebäuden in die breitere Energiewirtschaft vorantreiben. Die Eigentümer dieser Anlagen werden zu Anbietern werden, die Strom in das Netz einspeisen. Dies verändert die Wirtschaftlichkeit von Gebäuden: Zukünftig wird es nicht mehr nur um Mieterträge gehen.“

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    „In der Autoindustrie verändern sich die Geschäftsmodelle der Hersteller ebenfalls. Autohersteller werden Batterien produzieren, die auch in anderen Sektoren benötigt werden. Ebenso können sie eigene Energievertriebsnetze entwickeln, statt sich auf den fossilen Brennstoffsektor zu verlassen. Unserer Meinung nach wird sich der Gewinnpool der Automobilindustrie dank dieser neuen Chancen bis 2030 verdoppeln.“

    Innovation und massive Investitionen in ihre Anwendung führen zu neuen Ertragsquellen…Das haben wir bei der IT-Revolution gesehen. Bedeutende Investitionen setzen bedeutende Gewinne frei

    Den Investitionen folgen

    Auf der Suche nach diesen neuen Gewinnmöglichkeiten sollten Anlegerinnen und Anleger „den Investitionen folgen“, wie Hubert Keller erklärte.

    „Die Erzeugung von Strom mit erneuerbaren Energieträgern wird unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zur besten Entscheidung. Allerdings sind massive Investitionen nötig. Zur Aufrüstung der Kabelnetze für die nötige Steigerung der Stromübertragung und -verteilung werden zum Beispiel 140 Millionen Kilometer neuer Kabel erforderlich sein. Ausserdem müssen die Batteriespeicherkapazitäten im Netz um das Dreissigfache erweitert werden. Ohne überzeugende geschäftliche Argumente wird keine dieser Investitionen realisiert werden. Daher müssen wir wissen, ob Unternehmen eine ausreichende Prognosesicherheit für ihre zukünftigen Gewinne haben, um zu diesen Investitionen bereit zu sein.“

    Die Antwort, so Hubert Keller, lautet „ja“. „Wir sind zum Schluss gekommen, dass von heute bis 2030 Investitionen in Höhe von USD 24,5 Bio. für die Elektrifizierung der Wirtschaft mobilisiert werden müssen. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Privatsektor künftig Gewinne generieren wird, ist hoch.“

    Das deutlichste aktuelle Beispiel für die potenziellen Gewinne aus solchen Investitionen ist ihm zufolge im Solarsektor zu finden. Dort führte ein starker Anstieg der Investitionen im Jahr 2019 zu einer rasanten Zunahme der Gewinne: „Die Branche konnte im Zeitraum von zwei bis drei Jahren die Gewinne von USD 2 Mrd. pro Jahr auf USD 16 Mrd. steigern. Damit erhöhte sich ihr Marktwert um USD 400 Mrd.“

    „Wir sind überrascht, wie oft der Markt solche Veränderungen ignoriert“, fügte er hinzu. „Unseres Erachtens wird sich die Solarproduktion bis 2030 versiebenfachen. Der Markt geht von einem linearen Wachstum aus. Damit lässt er jedoch ausser Acht, dass die Solarbranche in eine exponentielle Wachstumsphase eintritt.“

    „Innovation und massive Investitionen in ihre Anwendung führen zu neuen Ertragsquellen“, stellt er fest. „Das haben wir bei der IT-Revolution gesehen. Bedeutende Investitionen setzen bedeutende Gewinne frei. Jetzt sind wir auf dem Weg, ähnliche Beträge in die Energie zu investieren. Dies ist ein Frühindikator dafür, wo die Gewinne herkommen dürften. Wenn wir den Blick auf die Energiewende richten, fühlen wir uns wie am Anfang der technologischen Revolution.“

    Wichtige Hinweise.

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