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    Insekten, Fleischersatz und pflanzliche Alternativen: Welche Proteine essen wir im Jahr 2050?

    Insekten, Fleischersatz und pflanzliche Alternativen: Welche Proteine essen wir im Jahr 2050?

    Artikel veröffentlicht in déCLIC® responsable in Partnerschaft mit Le Figaro am 9 November 2023

    Noch nie war der Fleischverbrauch so hoch wie heute. 2020 wurden weltweit 329 Millionen Tonnen Fleisch produziert. Aufgrund des Einkommens- und Bevölkerungswachstums dürfte diese gigantische Zahl um weitere 13,6% auf 374 Millionen Tonnen im Jahr 2030 steigen;1 eine Zunahme, die erhebliche Auswirkungen auf unsere Umwelt hat: Denn weltweit ist die Fleischproduktion aus der Viehzucht – rechnet man alle Bereiche zusammen – für 14,5% der vom Menschen verursachten Treibhausgasemissionen verantwortlich.2 Das übersteigt sogar die Emissionen des Transportsektors!

    Weltweit ist die Fleischproduktion aus der Viehzucht für 14,5% der vom Menschen verursachten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Das übersteigt sogar die Emissionen des Transportsektors!

    Um der ständig wachsenden Nachfrage gerecht zu werden, musste die industrielle Landwirtschaft Wege finden, um noch mehr Fleisch zu erschwinglichen Preisen zu produzieren. Die Folgen waren schlechtere Aufzuchtbedingungen, Zerstörung der Biodiversität, Verschmutzung von Wasserläufen und nicht zuletzt eine drastische Zunahme von Tierseuchen wie BSE oder „Rinderwahn“, Schweine- und Vogelgrippe. Damit wuchs aber auch das Bewusstsein, dass eine andere Form des Konsums erforderlich ist.

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    Wir müssen dringend unseren Fleischkonsum reduzieren. Dabei ist es wichtig, auf unterschiedliche Proteinquellen zu setzen. Es gibt bereits zahlreiche Lösungen wie etwa pflanzlichen Fleischersatz. Andere Lösungsansätze wie die industrielle Produktion von Insekten als Nahrungsmittel befinden sich in der Entwicklung. Diese Lebensmittel werden gelegentlich auch als „Proteine der Zukunft“ bezeichnet. Sie profitieren von einem starken Wachstumsmarkt und finden sich immer öfter auf unseren Tellern wieder.

    Die „Proteine der Zukunft“ profitieren von einem starken Wachstumsmarkt und finden sich immer öfter auf unseren Tellern wieder

    Fleischersatzprodukte erobern unsere Teller

    Für pflanzliche oder fleischähnliche Ersatzprodukte versucht man, die Textur und den Geschmack von tierischem Fleisch nachzubilden. Damit gehören sie zu den vielversprechendsten Lebensmittelbereichen. In Frankreich ist die Bezeichnung dieser Produkte seit mehreren Jahren Gegenstand eines Streits zwischen der Fleischindustrie und der Pflanzenproteinbranche. Doch abgesehen von diesen Auseinandersetzungen „erfordert der fortschreitende Klimawandel schnelle Veränderungen unserer Ernährungsgewohnheiten“, betont Tristan Maurel, Mitbegründer von Umiami. „Den Verbraucherinnen und Verbrauchern wird die Umweltproblematik immer deutlicher bewusst: Bei der Produktion von einem Kilo „pflanzlichem Fleisch“ lassen sich – gegenüber der gleichen Menge Geflügelfleisch – drei Kilo CO2 einsparen“.

    Daher imitierte sein Unternehmen als erstes ein Hühnerfilet, denn dieses wird in den westlichen Ländern am häufigsten verzehrt. Nun will Umiami sein innovatives Angebot ausbauen und in einigen Jahren auch Ersatzprodukte für Rind, Schwein und Kabeljau auf den Markt bringen. Umiami verkauft seine Produkte markenfrei – als White-Label-Produkte – an die Lebensmittelindustrie und die Gastronomie. Am 3. Oktober schloss das Unternehmen eine weitere Finanzierungsrunde über EUR 32,5 Millionen ab. Die seit der Gründung 2020 erhaltenen Finanzmittel belaufen sich damit auf EUR 100 Millionen. Für ein französisches Start-up mit Fokus auf pflanzlichen Produkten ist das eine Rekordsumme. Aber was bieten diese Ersatzprodukte aus ernährungsphysiologischer Sicht? Bei Umiami erreicht man einen Proteinanteil von 23%, was gekochtem Hühnerfleisch entspricht (22,2%).3

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    Problematisch ist jedoch, dass die Hersteller Salz, Fett, Zucker und Zusatzstoffe nicht gerade sparsam verwenden, um die Textur ihrer Produkte zu verbessern. Das geht aus einer Umfrage4 aus dem Jahr 2022 unter 60 Millionen Verbraucherinnen und Verbrauchern hervor. Jedes der 20 untersuchten Produkte verfügt über eine sehr lange Zutatenliste, beklagt die Zeitung, darunter auch eine Anzahl unerwünschter Zusatzstoffe. So enthalten Rezepturen beispielsweise Methylzellulose (E461), einen Stabilisator auf der Grundlage von Holzzellulose. Verarbeitete Produkte sollten sehr sorgfältig ausgewählt werden: Es empfiehlt sich, vorzugsweise Produkte mit möglichst wenig verarbeiteten Zutaten und einer kurzen Liste von Zusatzstoffen zu kaufen.

    Essbare Insekten enthalten hochwertige Proteine, Vitamine und Aminosäuren. Zudem verursachen sie fünfmal weniger Treibhausgasemissionen und erheblich weniger Ammoniak als die herkömmliche Viehzucht

    Insekten auf unseren Tellern?

    Eine weitere Möglichkeit, die steigende Nachfrage nach Proteinen nachhaltig zu decken, wäre laut Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) der Verzehr von Insekten. „Essbare Insekten enthalten wertvolle Proteine, Vitamine und Aminosäuren“, heisst es in einer 2014 veröffentlichten Studie.5 Zudem verursachen sie laut FAO fünfmal weniger Treibhausgasemissionen und erheblich weniger Ammoniak als die herkömmliche Viehzucht.

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    Doch der Weg für essbare Insekten erscheint kurz- und mittelfristig eher holprig. Regulatorische, vor allem aber psychologische Hürden sind dafür verantwortlich. Das beweist die Anfang Januar von der Europäischen Kommission erteilte Zulassung für entfettetes Pulver aus Hausgrillen. Dies führte in den sozialen Netzwerken und selbst im Senat zu einem Aufschrei der Empörung. Einige französische Start-ups wie Jimini’s, FoodChéri (Sodexo) oder Micronutris (Veolia) kamen auf die Idee, ihre Grillen zu Apéro-Gebäck, Burgern oder Energieriegeln zu verarbeiten. Das ist allerdings noch ein Nischenmarkt.

    Insektenmehl ist reich an hochwertigen Proteinen und leicht verdaulich. Es hat den Vorteil, dass es einen schonenderen Umgang mit natürlichen Ressourcen gewährleistet

    Insektenmehl als Viehfutter

    Insekten stehen daher momentan eher auf dem Speiseplan von Nutztieren, Hühnern, Rindern und Fischen. Die Produktion dieser Proteine erfordert äusserst geringe Wasserressourcen und Futtermengen. Das verringert die Ökobilanz der Viehzucht erheblich – in Bezug auf Treibhausgasemissionen und Abholzung.

    Zum Vergleich: In unserem aktuellen Ernährungssystem produzieren fast 80% der landwirtschaftlichen Flächen nur 20% der Kalorien, die wir benötigen. Zudem sind etwa 30 Futterkalorien für eine einzige Kalorie aus Rindfleisch erforderlich. Insektenmehl ist reich an hochwertigen Proteinen und leicht verdaulich. Es hat den Vorteil, dass es einen schonenderen Umgang mit natürlichen Ressourcen gewährleistet.

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    Ynsect und Innovafeed haben sich daher auf diese Produkte spezialisiert; Innovafeed ist mittlerweile sogar Weltmarktführer. Das Unternehmen stützt sich auf ein vorbildliches Kreislaufmodell – mehr dazu im Video. „Unsere Werke befinden sich neben Standorten der Agrarindustrie. So können wir deren Rückstände als Futter für unsere Insekten nutzen. Zum Aufheizen unserer Prozesse verwenden wir zudem ungenutzte Energie, die früher in die Atmosphäre freigesetzt wurde“, erläutert Aude Guo, Mitbegründerin des Unternehmens.

    Das Interesse der Anleger an diesem Sektor ist ungebrochen: Im September 2022 schloss Innovafeed eine Finanzierungsrunde über EUR 250 Millionen ab – damit stieg das seit der Gründung im Jahr 2016 eingesammelte Kapital auf EUR 450 Millionen

    Das Interesse der Anleger an diesem Sektor ist ungebrochen: Im September 2022 schloss Innovafeed eine Finanzierungsrunde über EUR 250 Millionen ab – damit stieg das seit der Gründung im Jahr 2016 eingesammelte Kapital auf EUR 450 Millionen. „Mit dieser Summe können wir unsere Produktionskapazitäten erweitern und insbesondere einen Standort in den USA eröffnen, der 2024 in Betrieb geht“, fügt die Mitbegründerin hinzu, die bis 2025 auch insektenbasierte Produkte für den menschlichen Verzehr anbieten möchte.

    Doch gilt es, die kulturelle und psychologische Barriere bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern zu überwinden: Noch halten die meisten von ihnen Insekten für nicht essbar. Eine weitere Alternative ist das In-vitro-Fleisch. Aber auch hier bestehen zahlreiche regulatorische und psychologische Hürden. Zudem ist die Umweltauswirkung bei einer Produktion in grossem Massstab weitgehend unbekannt. Bis heute ist der Verkauf nur in den USA und in Singapur zulässig. Für Verbraucher, die sich auf dieses Abenteuer einlassen möchten, „ist es vor allem eine Frage der Neugier. Es sagt nichts über ihren Wunsch aus, Laborfleisch regelmässig zu verzehren“, betont Jean-François Hocquette, Mitautor der Zeitschrift „Le mythe de la viande de culture“.

    Das weltweite Bevölkerungswachstum in Verbindung mit einem nicht länger tragfähigen System der Nahrungsmittelproduktion erfordert tiefgreifende Verhaltensänderungen

    Das weltweite Bevölkerungswachstum in Verbindung mit einem nicht länger tragfähigen System der Nahrungsmittelproduktion erfordert tiefgreifende Verhaltensänderungen. Die gute Nachricht lautet, dass neue Akteure unterschiedlichste Lösungen anbieten. Die Zukunft wird zeigen, welche davon den Herausforderungen der Nachhaltigkeit am besten gerecht wird.

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    Warum kann man in Frankreich keine „pflanzlichen Würstchen“ oder „vegetarischen Steaks“ mehr kaufen?

    Die französische Regierung geht erneut zum Angriff auf die Bezeichnung "Pflanzensteak" über, nachdem am 27. Februar 20246 ein Dekret veröffentlicht wurde, das die Verwendung der Begriffe "Steak", "Wurst" oder auch "Speck" zur Bezeichnung von Produkten aus pflanzlichen Proteinen verbietet. Ein erstes Dekret war bereits im Juni 2022 veröffentlicht worden, das jedoch vom Staatsrat ausgesetzt wurde. Der Text „soll für Transparenz und Fairness sorgen. Er entspricht den legitimen Erwartungen der Verbraucherinnen und Verbraucher sowie der herstellenden Firma“, so der französische Landwirtschaftsminister Marc Fesneau.

    1 Perspectives agricoles de l'OCDE et de la FAO 2021-2030
    2 fao.org/3/i3437e/i3437e.pdf
    3 Ciqual (anses.fr)
    4 Que vaut vraiment la «viande végétale» ? L'avis mitigé de 60 millions de consommateurs (lefigaro.fr)
    5 Insectes comestibles – Perspectives pour la sécurité alimentaire et l'alimentation animale (fao.org)
    6 L'appellation "steak végétal" est désormais interdite, voici ce que contient le décret publié (lsa-conso.fr)

    Wichtige Hinweise.

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