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    FarmED – der Betrieb, der die Bodengesundheit in den Mittelpunkt stellt – Teil I

    Die CLIC®-Chronik: FarmED – der Betrieb, der die Bodengesundheit in den Mittelpunkt stellt – Teil I

    Die Honeydale Farm liegt rund 30 Kilometer nordwestlich von Oxford, inmitten einer mehr als 2000 km2 grossen, von sanften Hügeln durchzogenen Landschaft. Die nach dem gelben, „honigfarbigen“ Lehmboden benannte 44 Hektar grosse Farm steht im Zentrum der Vision der Eigentümer Ian und Celene Wilkinson. Denn ihr Anliegen ist es, „den Übergang zu regenerativer Landwirtschaft und zu nachhaltigen Ernährungssystemen zu beschleunigen“.

    Nach jahrzehntelanger Tätigkeit in der Landwirtschaft sah sich das Ehepaar mit einem zunehmenden Problem konfrontiert: Die industrielle Monokultur hatte im Laufe der Zeit die Böden degradiert. Landwirte waren daher immer stärker auf chemische Betriebsmittel angewiesen, wodurch ihre Kosten stiegen und sie dem Düngemittelmarkt ausgesetzt waren. Da der Verkaufswert der Erzeugnisse stagnierte, taten sich viele schwer, einen rentablen Betrieb aufrechtzuerhalten. Mit Honeydale und FarmED – das Bildungszentrum, das sie 2018 gründeten – hofften die Wilkinsons, eine Lösung zu finden.

    Im ersten Teil dieses Interviews erklärt Ian Wilkinson, wie er den ehemals nährstoffarmen Boden von Honeydale wiederbelebte. So schuf er eine dynamische Mischkultur mit gesunden, nährstoffreichen Ernteerträgen, ganz ohne synthetische Produktionsmittel. Ausserdem stellt er die Philosophie von FarmED vor, die den wichtigen Dialog über die Notwendigkeit eines Umdenkens in der Agrarindustrie fördert.

    Fünfzig Jahre danach zeigt sich jedoch, dass die modernen landwirtschaftlichen Methoden wesentlich zum Klimawandel und zur Zerstörung der Natur beitragen

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    1. Eine Ihrer Schlüsselbotschaften lautet: „Wir müssen die Landwirtschaft thematisieren“. Weshalb müssen wir die moderne Landwirtschaft weiterentwickeln?

    Die gegenwärtige Art, Landwirtschaft zu betreiben, ist das Resultat eines Evolutionsprozesses. In Grossbritannien kam es in den 1950er-Jahren zu einem raschen Bevölkerungswachstum und dem für die Nachkriegszeit typischen Wunsch nach Selbstversorgung. Vor diesem Hintergrund wollte die Regierung die Nahrungsmittelproduktion durch Spezialisierung, Intensivierung und die Neukonzeption landwirtschaftlicher Betriebe als ländliche Fabriken deutlich steigern. Das daraus resultierende Konzept des „Agribusiness“ ermutigte die Landwirte, ihre Betriebe wie andere kommerzielle Unternehmen auch in erster Linie gewinnorientiert zu führen. Somit erschien es sinnvoll, aus den gemischten Betrieben den jeweils lukrativsten Teilbereich auszuwählen und sich ausschliesslich auf diesen zu konzentrieren.

    Tatsächlich steigerte die monokulturelle Agrarindustrie die Nahrungsmittelproduktion enorm, etwa in Bezug auf die Getreideerträge pro Hektar. In Grossbritannien sind die Weizenerträge mittlerweile etwa viermal so hoch wie auf ähnlichen Flächen in den 1970er-Jahren. Dies ist zweifellos eine erstaunliche Erfolgsgeschichte.

    Fünfzig Jahre danach zeigt sich jedoch, dass die modernen landwirtschaftlichen Methoden wesentlich zum Klimawandel und zur Zerstörung der Natur beitragen. Die starke Ausbringung von Kunstdünger, insbesondere in Feuchtgebieten, führt zu Abschwemmung und chemischer Verunreinigung der Flüsse. Durch stickstoffhaltige Düngemittel wird Lachgas (Distickstoffoxid) freigesetzt, das wesentlich zum Treibhauseffekt beiträgt.

    Der Boden ist das „Naturkapital“ der Landwirte

    Die Landwirtschaft mit intensiven Monokulturen weist gravierende Schwachstellen auf. Am besorgniserregendsten ist die Zerstörung der Böden. Bevor wir die Honeydale Farm vor zehn Jahren kauften, wurde das Anwesen wiederholt für den jährlichen Anbau von Getreide genutzt. Während ein gesunder Boden rund 10% an organischen Substanzen enthält, betrugen diese bei unserer Ankunft lediglich 4%. Die Bodenintegrität war vollkommen gestört. Der Boden war auf externe Stoffe angewiesen, damit überhaupt etwas angebaut werden konnte. Landwirte, deren Böden übernutzt sind, sind vollständig von den Preisen für Düngemittel und deren Verfügbarkeit abhängig. Diesem Risiko wollten wir uns nicht aussetzen.

    Getreidebauern, die nur Monokulturen betreiben und in einem nassen Herbst – der aufgrund der globalen Erwärmung immer häufiger ist – kein Saatgut pflanzen können, riskieren den Verlust ihrer gesamten Jahreseinnahmen. Gleiches gilt für Geflügelzüchter, wenn ihre Bestände mit der Vogelgrippe infiziert werden. Diese exogenen Risiken treten immer häufiger, nicht etwa seltener, auf.

    Aus diesem Grund müssen wir die Landwirtschaft thematisieren. Unserer Meinung nach gibt es eine gangbare Alternative: die regenerative Landwirtschaft. Sie beginnt mit der Wiederherstellung der Bodenfruchtbarkeit, um den Anbau von Nutzpflanzen ohne chemische Zusätze zu ermöglichen. Daraus entwickelt sich ein widerstandsfähiges, komplexes System, bei dem verschiedene Tätigkeiten einander in gegenseitiger Abhängigkeit unterstützen – wie auf den Höfen von früher. An eine Pauschallösung glauben wir indessen nicht. Der Erfolg hängt vielfach davon ab, ob die örtlichen Gegebenheiten optimal genutzt werden können. Das fängt bei den Niederschlagsmustern an, umfasst auch die lokalen Märkte sowie ein solides Verständnis des Umfelds eines Betriebes.

    Ansetzen müssen wir allerdings bei der Sanierung der Böden – ein mehrjähriges Projekt. Wann sollte man damit beginnen? Vor zehn Jahren.

    Wir handeln leidenschaftlich, aber nicht dogmatisch. FarmED ist ein Ort, an dem Menschen zusammenkommen und ihre Ansichten diskutieren können. Unsere Botschaft „Wir müssen die Landwirtschaft thematisieren“ trifft dies genau.

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    2.  Sie verwenden in Ihrem Betrieb keinerlei Dünge- oder Pflanzenschutzmittel. Weshalb? Müssen Sie dann einen anderen Weg finden, um die Vorteile dieser Substanzen auf natürliche Weise nachzubilden?

    Als wir die Honeydale Farm kauften, hatten wir eine Vision: Wir wollten Anbaumethoden entwickeln, die ohne Kunstdünger und Pestizide auskommen. Dennoch wollten wir einen bedeutenden Beitrag zur Nahrungsmittelproduktion des Landes leisten und finanzielle Erträge erwirtschaften.

    Wir verwenden keine Kunstdünger, da diese aus nicht erneuerbaren Quellen hergestellt werden. Die Preise dafür sind den Schwankungen an den Weltmärkten ausgesetzt und wurden in den letzten Jahren stark nach oben getrieben, am spektakulärsten unmittelbar nach der Invasion Russlands in der Ukraine. Chemische Düngemittel sind mitverantwortlich für eine schlechte Bodengesundheit und für Bodenerosion, zudem vergiften sie die Gewässer und die Atmosphäre. Sie wirken wie ein Medikament, das den Patienten kurzfristig beleben kann, aber bei gewohnheitsmässigem Konsum süchtig macht und schliesslich zu ernsthaften Problemen führt.

    Der Boden ist das „Naturkapital“ der Landwirte. Anleger wissen, dass es eine nachhaltige Praxis ist, die aus dem Kapital erzielten Erträge zu entnehmen, wenn sie anfallen, ohne das Kapital anzutasten. Diese Praxis lässt sich unbegrenzt fortsetzen. Sobald Anleger aber das Kapital ausgeben, verringern sich die aus dem verbleibenden Kapital erzielten Erträge. Daraus kann sich schnell eine Abwärtsspirale entwickeln. Kapital auszugeben, ist nicht nachhaltig. Und doch ist genau dies der Ansatz, den so viele moderne Agrarbetriebe in Bezug auf ihr natürliches Kapital verfolgen. Sie entnehmen den Böden mehr, als diese produzieren können. Damit setzen sie sich selbst, ihre Familien und die Verbraucher ihrer Produkte einem Risiko aus.

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    Manchmal macht es Sinn, sich zurückzunehmen und die Natur für sich arbeiten zu lassen. Ein Naturgesetz lautet: Je mehr wir in die Natur eingreifen, desto grössere Eingriffe sind in der Folge notwendig

    Unser Ansatz der Wechselkultur hingegen fördert die Fruchtbarkeit der Böden auf natürliche Weise. Phosphate werden aus Mikronährstoffen im Boden bereitgestellt, und auch Spuren von Zink sind zu finden. Pflanzen aus der Familie der Kleegewächse wiederum binden Stickstoff aus der Luft. Tief wurzelnde Pflanzen wie die Esparsette und die Wegwarte haben Zugang zu Nährstoffen aus dem Unterboden, die anderen, flacher wurzelnden Arten nicht zur Verfügung stehen. Das macht sie widerstandsfähiger gegen Trockenheit. Während des trockenen Sommers im Jahr 2022 stellten wir fest, dass sich tiefwurzelnde Pflanzen ganz gut behaupten konnten. Wir bauen zudem Zwischenfrüchte für die Gründüngung an.

    Die Wechselkultur dient der Unkrautbekämpfung. Eine vielfältiger aufgestellte Ökologie entwickelt ihre eigene natürliche Widerstandskraft gegen Schädlinge. Auf unserem Hof leben beutefressende Insekten wie Schwebfliegen und Wespen. Sie erledigen die Arbeit von chemischen Spritzmitteln kostenlos und ohne Nebenwirkungen, während Vögel wiederum die Wespenpopulation kontrollieren.

    Manchmal macht es Sinn, sich zurückzunehmen und die Natur für sich arbeiten zu lassen. Ein Naturgesetz lautet: Je mehr wir in die Natur eingreifen, desto grössere Eingriffe sind in der Folge notwendig.

    Als Beschreibung des natürlichen Hochwassermanagements bietet sich vielleicht das Wort „unkonventionell“ an. Man könnte es jedoch auch als „praktisch“, „vernünftig“, „weitsichtig“ oder gar „altruistisch“ bezeichnen


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    3. Welche weiteren unkonventionellen landwirtschaftlichen Methoden gibt es? Erklären Sie uns bitte die Methode des natürlichen Hochwassermanagements, des Anbaus von Esparsetten-Heu und Ihr Versuchsfeld.


    Natürliches Hochwassermanagement

    Als Beschreibung des natürlichen Hochwassermanagements bietet sich vielleicht das Wort „unkonventionell“ an. Man könnte es jedoch auch als „praktisch“, „vernünftig“, „weitsichtig“ oder gar „altruistisch“ bezeichnen.

    Wir hätten einen Entwässerungsgraben anlegen können, der in einer geraden Linie den Hang von unserem Hof hinunter verläuft. Nach starken Regenfällen würde das Wasser innerhalb von Minuten vom Hof in den nahe gelegenen Fluss abfliessen – das Problem wäre also für uns gelöst. Aber ein schlechtes Management im ersten Abschnitt führt zu Problemen im nächsten. Das wollen wir natürlich vermeiden.

    Bei unserem System schlängelt sich das Wasser in Zickzackbewegungen nach unten. Dadurch verringert sich die Fliessgeschwindigkeit. Das Wasser durchläuft mehrere Teiche und durchquert ein Naturschutzgebiet mit Bäumen und einem dichten Teppich aus blühenden Pflanzen, deren Wurzeln das vorbeifliessende Wasser aufsaugen. Das Naturschutzgebiet ist ein reichhaltiger Lebensraum für Insekten, Vögel und kleine Säugetiere. Bei dieser Art von Bewirtschaftung wird der Wasserzufluss in den Fluss gesteuert, was zugleich die Hochwassergefahr für die weiter unten gelegenen Dörfer und Städte verringert.

    Ein weiterer Vorteil ist, dass ein natürliches Überschwemmungsgebiet eine effektive Kohlenstoffsenke bildet.

    Bäume

    In den letzten Jahren haben wir mehr als 20'000 Bäume gepflanzt, die jetzt etwa 15% der Betriebsfläche bedecken. Unser alter Obstgarten und unsere Agroforstflächen zählen mehr als vierhundert verschiedene Arten von Obstbäumen. Andere Bäume bieten Schutz und Lebensraum für Wildtiere und binden Kohlenstoff. Unser Ziel ist es, Bäume zurückzuschneiden, anstatt sie zu fällen. So kann das Licht wieder einfallen, damit einjährige Pflanzen wie Weizen wachsen können. Spezialisten für Kompostierung haben uns erklärt, dass die ideale Kompostmischung zu zwei Dritteln grün und zu einem Drittel braun ist. Bäume sind die perfekte Quelle für Holzspäne, die das braune Element für einwandfreien Kompost liefern.


    Esparsetten-Heu

    Die Esparsette gehört zur Gattung der Hülsenfrüchte. Sie bindet Stickstoff aus der Luft und lagert ihn im Boden ein. Ihre tiefen Wurzeln machen die Pflanze dürreresistent. Zudem ist das Heu reich an Protein. Die Esparsette ist ein natürliches Antiparasitikum und erspart uns den Einsatz synthetisch hergestellter Medikamente zur Bekämpfung von parasitären Würmern unserer Schafe oder Kühe. Dies mag wie ein Nebeneffekt anmuten. Britische Landwirte geben indes jährlich GBP 85 Mio. für solche Produkte aus, und ebenso wie bei Antibiotika entstehen aufgrund der prophylaktischen Anwendung Resistenzen.


    Weitere unkonventionelle Bewirtschaftungsweisen

    Die Honeydale Farm ist ein Ökotourismus-Ziel mit jährlich steigenden Besucherzahlen. Ausserdem ist der Betrieb dank der Vielzahl von Pflanzen, umgeben von natürlichen Lebensräumen, ein idealer Standort für die Haltung von Honigbienen. Der Hof gewährleistet eine ununterbrochene Versorgung mit Nektar und Pollen, von Schneeglöckchen und Haselkätzchen im Februar bis zum Efeu im Oktober. In einer solchen Umgebung lässt sich eine Honigernte erzielen, die um ein Vielfaches über dem nationalen Durchschnitt liegt, ohne die Bienenstöcke umsetzen zu müssen. Die Bienen fliegen einfach über eine Hecke, um den Obstgarten zu erreichen – eine Entfernung von rund zehn Metern. Dies ist eine ideale Kombination: Die Bienen finden bereits zu Beginn der Saison ohne den Stress eines Umzugs ausreichend Pollen und Nektar, während gleichzeitig die Bäume optimal bestäubt werden und deutlich höhere Obsterträge erzielen; all das ohne die Umwelt zu schädigen.

    Heute fragen immer mehr Anlegerinnen und Anleger nach ökologisch verantwortlichen Investitionen: Ihre Einstellung hat sich grundlegend geändert

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    4. Vieles wird als selbstverständlich vorausgesetzt, auch bezüglich unserer Böden. Wie können wir die Wahrnehmung der Menschen verändern und mehr Bewusstsein für die Natur schaffen?

    Viele der notwendigen Veränderungen wurden unserer Meinung nach bereits in Angriff genommen. In der Investmentwelt gibt es bereits seit den 1980er-Jahren einige ethisch-ökologische Fonds. Sie blieben aber stets eine Randerscheinung. Heute fragen immer mehr Anlegerinnen und Anleger nach ökologisch verantwortlichen Investitionen: Ihre Einstellung hat sich grundlegend geändert.

    Die ersten Anzeichen einer ähnlichen grundlegenden Veränderung in der öffentlichen Meinung zur Nahrungsmittelproduktion und Landnutzung sind bereits erkennbar. Wenn genug Menschen überzeugt sind, dass unser aktuelles Agrarsystem unhaltbar ist, dass die Landwirte die falschen Lebensmittel und auf die falsche Art produzieren und die damit einhergehenden Umweltschäden inakzeptabel sind, dann wird sich etwas ändern – nicht von «oben», sondern von «unten». Wir bei FarmED erleben immer mehr Menschen, die den Änderungsbedarf klar erkennen und sich mit Leidenschaft dafür einsetzen, dass dieser Wandel stattfindet.

    Lesen Sie hier den zweiten Teil: Die CLIC®-Chronik: FarmED – auf dem Weg zu einer Agrarrevolution – Teil II

    Wichtige Hinweise.

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