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    Scheren mit Pfiff: unerwartete Gewinnpools bei der Elektrifizierung unserer Wirtschaft

    Weltweit gibt es mehr als 1,2 Milliarden Schafe. Zusammen liefern sie genug Wolle, damit man für fast alle Menschen weltweit einen neuen Pullover herstellen kann1. Die meisten dieser Schafe wurden so gezüchtet, dass sie ein dickes Fell entwickeln – dass sie geschoren werden müssen, ist also einzig dem Menschen zuzuschreiben. Doch Wolle hat an Beliebtheit eingebüsst. In vielen Regionen sind die Preise so niedrig, dass für die Landwirte kein Gewinn bleibt. Denn die Kosten für das Scheren sind höher als die Einkünfte aus dem Verkauf der Wolle. Möglicherweise eröffnet sich den Schafzüchtern jetzt jedoch ein unerwarteter Gewinnpool – in Form von Immobilien.

    Ein Drittel aller Treibhausgasemissionen (THG) weltweit stammt von Gebäuden2. 6% entstehen beim Bau sowie der Produktion von Zement, Stahl, Aluminium und anderen Materialien, die die Branche benötigt. Der Rest entsteht beim täglichen Betrieb – durch den Stromverbrauch von Elektrogeräten und Gebäudesystemen sowie fossile Brennstoffe zum Heizen. Bislang wird dabei viel Energie verschwendet, da Wärme aus zugigen Gebäuden entweicht oder in heissen Klimazonen von aussen eindringt. In den USA gehen schätzungsweise 35% der gesamten im Wohn- und Gewerbeimmobilienbereich verbrauchten Energie verloren3.

    Die zunehmende Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und die Bemühungen um Energieeffizienz im Bausektor bieten Immobilieneigentümern nun die Möglichkeit zur Wertsteigerung

    Die zunehmende Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und die Bemühungen um Energieeffizienz im Bausektor bieten Immobilieneigentümern nun die Möglichkeit, den Wert ihrer Immobilie zu steigern4. Gleichzeitig können sie ihre Kosten und ihren CO2-Fussabdruck reduzieren. Elektrische Wärmepumpen, mechanische Belüftungssysteme und intelligente Temperatursteuerungssoftware sorgen für Verbesserungen der Energieeffizienz. Damit diese Technologien optimal funktionieren, müssen die Gebäude jedoch gut isoliert sein – und hier kommen die Schafe ins Spiel. Schafwolle ist ein hervorragender Dämmstoff, der zu 100% erneuerbar ist und Mineralwolle in mehrfacher Hinsicht übertrifft. Da energetische Sanierungen laufend bei Gebäuden anstehen, spielt dabei für eine Vielzahl von ihnen die Dämmung eine Schlüsselrolle.

     

    Nachhaltiges Bauen

    Die Nachfrage nach Wohnraum und Gewerbeflächen steigt. So wächst die Bruttogeschossfläche der Gebäude weltweit bis 2030 voraussichtlich um 20% – das entspricht mehr als der Summe aller Gebäudeflächen in Nordamerika. Nach Schätzungen der Internationalen Energieagentur (IEA) müssen die kumulativen CO2-Gebäude-Betriebsemissionen im gleichen Zeitraum halbiert werden, wenn wir das Pariser Temperaturziel erreichen wollen. Um Netto-Null zu verwirklichen, müssen die Emissionen dieses Sektors auch dann sinken, wenn die Zahl der Gebäude noch zunimmt.

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    Durch nachhaltige Gestaltung können wir heute neue Gebäude so konstruieren, dass sie kohlenstofffrei oder „zero-carbon-ready“ sind: Im täglichen Betrieb setzen man hierbei also nur auf Energiequellen, die leicht zu dekarbonisieren sind. In der Praxis heisst das, dass die Elektrifizierung immer mehr im Zentrum der Planung von Neubauten stehen wird. In Grossbritannien hat die Regierung den „Future Homes Standard“ geplant. Danach soll die Mehrheit der neuen Häuser mit elektrischen Wärmepumpen statt mit Gaskesseln beheizt werden6.

    Schafwolle ist ein hervorragender Dämmstoff, der zu 100% erneuerbar ist und Mineralwolle in mehrfacher Hinsicht übertrifft

     

    Auch digitale Lösungen werden in neue Gebäude integriert: Der Energieverbrauch lässt sich so optimieren, und Bedarfsspitzen können ausgeglichen werden. Daneben werden Solarmodule auf dem Dach zum Standard – Gebäude sind damit nicht mehr vom zentralen Netz abhängig. Innovationen im Bereich elektrische Heizung und Kühlung, wie die mechanische Lüftung mit Wärmerückgewinnung (MVHR), gewährleisten eine konstante Zirkulation von Frischluft ohne Wärmeverlust. Und die Isolierung – zurück zu den Schafen und ihrer Wolle – entwickelt sich vom nebensächlichen zu einem wesentlichen Gestaltungselement.

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    Vorschriften und neue Marktanforderungen

    In der Baubranche ist ein Grossteil dieser Massnahmen bereits im Gange – getrieben durch Vorschriften und klare Signale der politischen Entscheidungsträger. Im Rahmen des EU-Plans „Fit for 55“ wird die Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden überarbeitet. Ab 2030 müssen alle neuen Gebäude in der gesamten EU emissionsfrei betrieben werden7. In den USA hat ein Dekret von Präsident Biden für alle neuen Bundesgebäude dasselbe Ziel. Im Zentrum steht dabei die Elektrifizierung . Und die deutsche Regierung hat kürzlich einen ähnlichen Gesetzesentwurf verabschiedet, der ein Verbot von Öl- und Gasheizungen vorsieht9.

    Einige Länder forcieren also die Entwicklung zu nachhaltigem Bauen; in anderen Teilen der Welt hingegen bleiben die Herausforderungen bestehen: Nur 80 Länder sehen derzeit Energiestandards für Neubauten vor. Für 40% der enormen Nutzflächen, die bis 2030 bebaut werden sollen, gelten hingegen weiterhin keine Energieeffizienzvorschriften10. Zudem wird die überwiegende Mehrzahl der Neubauten in Schwellenländern entstehen. Hier ist der Zugang zu emissionsfreieren Baumaterialien, energieeffizienten Geräten und dem entsprechenden Know-how wahrscheinlich beschränkter.

    Die Kosten sind ein weiteres Problem in Schwellenländern. Emissionsfreie Gebäude bringen den Eigentümern zwar erhebliche Einsparungen im Alltag, sind aber im Bau teurer. Zudem löst nachhaltiges Neubauen auch nicht das Problem zahllosen bereits genutzten Gebäude. Hier ist eine Nachrüstung zwingend notwendig.

    Nun ist das ikonische Art-Déco-Gebäude ein Symbol anderer Art; es ist ein Beweis dafür, dass alte, energieineffiziente Gebäude ihren Teil zur Nachhaltigkeitsrevolution beitragen können

     

    Sanieren und nachrüsten

    1931 diente das Empire State Building in New York als Leuchtturm für die Welt – inmitten der verheerenden Folgen der Grossen Depression war es ein Versprechen auf bessere Zeiten. Nun ist das ikonische Art-Déco-Gebäude ein Symbol anderer Art; es ist ein Beweis dafür, dass alte, energieineffiziente Gebäude ihren Teil zur Nachhaltigkeitsrevolution beitragen können. Mehr als ein Jahrzehnt nach einer umfassenden Sanierung hat das Gebäude die CO2-Emissionen halbiert, und bis 2030 soll es CO2-neutral sein11. 80% der heutigen Gebäude werden auch 2050 noch bestehe12: Das Empire State Building ist der beste Beweis dafür, dass Sanierung funktioniert.

    Der Schlüssel zu den meisten Energieeffizienzmassnahmen liegt in der Abdichtung der Gebäudehülle. Denn so können wir die Durchlässigkeit des Wohnraums verringern und den Wärmeverlust über undichte Fenster, Türen, Wände und Dächer reduzieren. Dämmung ist dabei häufig die erste Massnahme.

    Die am weitesten verbreiteten Lösungen – Mineralwolle und Glasfaser zur Isolierung – bergen indes eine Reihe ökologischer Probleme. Das Spinnverfahren bei der Herstellung ist äusserst energieintensiv: Es erfordert Temperaturen von bis zu 1’500 °C. Beide Materialien enthalten zudem einen hohen Anteil nicht erneuerbarer, abgebauter Rohstoffe und sind am Ende ihres Lebenszyklus nicht biologisch abbaubar.

    Naturfasern bieten eine Lösung, die konventionelle Dämmstoffe übertreffen und gleichzeitig die Umweltbelastung verringern kann

     

    Naturfasern bieten eine Lösung, die konventionelle Dämmstoffe übertreffen und gleichzeitig die Umweltbelastung verringern kann. Sowohl Dämmstoffe aus Hanf als auch aus Schafwolle haben eine höhere Wärmekapazität als Mineralwolle13: Sie halten die Wärme von aussen besser ab. Wolle kann zudem Feuchtigkeit besser ausgleichen und absorbieren, ohne an Dämmleistung zu verlieren. Daher ist sie eine attraktive Option in Regionen mit hoher Luftfeuchtigkeit. Zudem sind sowohl Hanf als auch Schafwolle 100% erneuerbar und am Ende ihres Lebenszyklus biologisch abbaubar – ein entscheidender Vorteil.

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    Als alleinige Lösung können jedoch beide nicht dienen; landwirtschaftliche Tierhaltung ist einer der Hauptgründe für Abholzung und Treibhausgasemissionen, und Schafwolle zur Dämmungsnutzung kann stets nur ein Nebenprodukt der Schafhaltung sein. Somit wäre ein so begründeter Ausbau der Schafzucht kontraproduktiv. Ausserdem ist auch die Wollindustrie nicht unumstritten. Denn in den letzten Jahren haben Aktivisten auf Misshandlungen hingewiesen, die zum Teil darauf zurückzuführen sind, dass die Schafscherer nach Volumen bezahlt werden. Das wiederum bietet Anreize, beschleunigte Arbeitsweisen über den Tierschutz zu stellen. 
    Auch Hanfanbau kann negative Auswirkungen haben: Landwirtschaftliche Chemikalien tragen zur Bodendegradation und zur Verschmutzung der Wasserstrassen bei.

    Die weit verbreitete Elektrifizierung unserer Wirtschaft bietet dem Gebäudesektor neue Möglichkeiten zur Dekarbonisierung

    Trotz dieser Probleme ermöglicht eine Mischung aus Naturfasern und nachhaltigen Materialien eine Dämmung in grossem Umfang, die zudem naturverträglich ist – anstatt auf anhaltenden, nicht nachhaltigen Abbau zu setzen. 

    Angesichts von schätzungsweise 225 Milliarden Quadratmetern sanierungsbedürftiger Gebäudefläche14 ist Nachrüstung für Regierungen, die in ihrem Land Netto-Null erreichen wollen, von entscheidender Bedeutung. Viele Regierungen gewähren Zuschüsse, um die Umsetzung energieeffizienter Lösungen zu fördern. Zunehmend setzen sie auch auf Vorschriften: In der EU etwa sollen neue Gesetze Nachrüstungen fördern, indem Energiemindeststandards für alle bestehenden Gebäude eingeführt werden. Nach und nach verwendet man hierbei immer striktere Normen15.

    Vergessen wir die Schafe nicht, denn bekanntlich folgen sie der Herde: Schon bald könnten sie sich der wachsenden Bewegung in Richtung einer sauberen Energiezukunft anschliessen

     

    Eine billionenschwere Chance

    Eine umfangreiche Elektrifizierung unserer Wirtschaft bietet dem Gebäudesektor neue Möglichkeiten zur Dekarbonisierung. Zu deutlichen Einsparungen führen für Immobilieneigentümerinnen und -eigentümer die sinkenden Kosten für erneuerbare Energien sowie die Fortschritte bei digitalen Lösungen und elektrischen Heiz- und Kühlsystemen. So spart beispielsweise das Empire State Building nach seiner Umrüstung nun jährlich USD 4 Mio. an Energiekosten.s

    Es gibt keine Universallösung, die für alle Gebäudeformen und -grössen passt – vom Einzimmerappartement bis zum Wolkenkratzer. Neubauten müssen wir künftig von Anfang an auf Nachhaltigkeit ausrichten – und bestehende Gebäude mit einer Reihe von Heiz-, Kühl- und Energiesparlösungen ausrüsten. Dabei bestimmt Strom aus erneuerbaren Energien die Planungsentscheidungen.

    Der Aufwand wird erheblich sein. Allein in der EU gibt es 35 Millionen sanierungsbedürftige Gebäude16. Doch mit diesem Aufwand entstehen auch grosse Chancen: Europaweit schaffen wir dadurch voraussichtlich 160’000 Arbeitsplätze. Weltweit steigt der Wert des Sanierungssektors bis 2030 nach unseren Schätzungen auf USD 3,3 Bio. – womit er sich mehr als verdreifacht.

    Für Anlegerinnen und Anleger ergeben sich durch die Elektrifizierung vielfältige Möglichkeiten, die weit über den Bausektor hinausgehen. Im Rahmen der Modernisierung von Stromnetzen sind grosse Mengen neuer Kabel erforderlich. Eine florierende Recyclingindustrie wird unseren schnell wachsenden Bedarf an Batterien decken. Aus den digitalen Lösungen zur Optimierung unseres Energieverbrauchs werden sich völlig neue Gewinnpools ergeben. Der Wandel schreitet voran. Neben den Elektrofahrzeugen, Wärmepumpen und dem rasanten Anstieg der Solarenergie im eigenen Haus sollten wir jedoch die Schafe nicht vergessen. Bekanntlich folgen sie der Herde: Schon bald könnten sie sich der wachsenden Bewegung in Richtung einer sauberen Energiezukunft anschliessen.

     

    1 https://iwto.org/sheep/
    2 https://www.iea.org/reports/buildings
    3 https://www.weforum.org/agenda/2018/05/visualizing-u-s-energy-consumption-in-one-chart 
    4 International Journal of Sustainable Built Environment | ScienceDirect.com by Elsevier; How the conversation around green real estate is changing | World Economic Forum (weforum.org)
    5 https://www.iea.org/reports/buildings
    6 https://www.cih.org/blogs-and-articles/zero-carbon-ready-from-2025-a-look-at-the-future-homes-standard-and-future-building-standard
    7 https://www.consilium.europa.eu/en/press/press-releases/2022/10/25/fit-for-55-council-agrees-on-stricter-rules-for-energy-performance-of-buildings/
    8 https://www.sustainability.gov/federalsustainabilityplan/buildings.html
    9 German cabinet approves bill to phase out oil and gas heating systems | Reuters
    10 https://www.iea.org/reports/buildings
    11 https://www.cbc.ca/news/world/empire-state-building-carbon-emissions-1.6427893
    12 https://www.weforum.org/agenda/2022/11/net-zero-cities-retrofit-older-buildings-cop27/
    13 Eshrar review.pdf (cardiff.ac.uk)
    14 Lombard Odier data
    15 https://www.consilium.europa.eu/en/press/press-releases/2022/10/25/fit-for-55-council-agrees-on-stricter-rules-for-energy-performance-of-buildings/

     

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