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    Für die britische Wirtschaft liegt Frühling in der Luft

    Für die britische Wirtschaft liegt Frühling in der Luft
    Bill Papadakis - Macro Strategist

    Bill Papadakis

    Macro Strategist
    Luca Bindelli - Head of Investment Strategy

    Luca Bindelli

    Head of Investment Strategy

    Kernpunkte

    • Eine sinkende Inflation, eine Erholung des verarbeitenden Gewerbes und der Wirtschaftstätigkeit sowie die Aussicht auf Zinssenkungen haben den Ausblick für das Vereinigte Königreich aufgehellt. Wir erwarten eine leichte Wachstumserholung im Jahr 2024.
    • Wir prognostizieren für 2024 Zinssenkungen von insgesamt 100 Basispunkten ab Juni, wobei ein sich abschwächender Arbeitsmarkt das Lohnwachstum und die hohe Dienstleistungsinflation bremsen dürfte.
    • Die Labour-Partei dürfte die nationalen Wahlen, die voraussichtlich im Herbst stattfinden, gewinnen. Wir erwarten von Labour keine radikalen Steuer- oder Ausgabenpläne, welche die Märkte beunruhigen würden.
    • In britischen Staatsanleihen bleiben wir übergewichtet, britische Aktien beurteilen wir weiterhin neutral. Wir erwarten eine Abschwächung des Pfunds, während die Bank of England den Zinssenkungszyklus startet.

    Der sich verbessernde Konjunkturausblick im Vereinigten Königreich könnte durch Zinssenkungen ab Juni unterstützt werden. Der zu erwartende Regierungswechsel im Herbst sollte das Vertrauen der Märkte nicht beeinträchtigen. Wir beurteilen britische Staatsanleihen nach wie vor positiv und rechnen mit einem weiteren Rückgang des britischen Pfunds.

    Die britische Wirtschaft hat in den letzten zehn Jahren mehrere Schocks erlitten. Zuletzt forderte der Energieschock, der auf den Einmarsch Russlands in die Ukraine folgte, einen hohen Tribut: Die Inflation stieg in den zweistelligen Bereich, und das Wachstum sank unter null. In den letzten Monaten hat sich der Ausblick aufgehellt, da ermutigendere Wirtschafts- und Finanzmarktnachrichten veröffentlicht wurden. Der FTSE 100 erreichte im April eine Reihe von Rekordhochs. Umfragen unter britischen Einkaufsmanagern im März ergaben, dass das verarbeitende Gewerbe erstmals seit Juli 2022 wieder expandierte. Zudem übertrafen Indikatoren zur allgemeinen Wirtschaftstätigkeit jene in anderen Industrieländern, darunter den USA, Japan und der Eurozone.

    Der anhaltend grosse Vorsprung der oppositionellen Labour-Partei in Umfragen deutet darauf hin, dass bei den nationalen Wahlen, die im Herbst stattfinden dürften, ein Regierungswechsel zu erwarten ist. Zahlreiche Sitzverluste der Konservativen Partei bei den Kommunalwahlen letzte Woche sowie Niederlagen bei einigen wichtigen Bürgermeisterwahlen wiesen ebenfalls in diese Richtung. Auch wenn die Politik der Labour-Partei in mehreren Bereichen noch nicht vollkommen klar ist, erwarten wir nicht, dass sie Marktturbulenzen auslösen würde. Die aktuelle Leitung der Labour-Partei setzt im Gegensatz zu ihren letzten Vorgängern auf eine umsichtige Steuerung der Wirtschaft und die Beibehaltung der bestehenden Haushaltsregeln.

    Die aktuelle Leitung der Labour-Partei setzt auf eine umsichtige Steuerung der Wirtschaft und die Beibehaltung der bestehenden Haushaltsregeln

    Realeinkommen steigen wieder

    Die britische Wirtschaft wuchs 2023 kaum noch. Gründe dafür waren der Druck der geldpolitischen Straffung und die sehr hohe Inflation, die erst im Oktober unter 4% fiel. Die bemerkenswerten Fortschritte bei der Disinflation in den letzten Monaten sind wichtig für die Verbesserung der Stimmung. Das Verbrauchervertrauen scheint sich allmählich zu erholen, und die Realeinkommen steigen wieder, wodurch sich die „Lebenshaltungskostenkrise“ etwas entschärft. Doch auch wenn der Höhepunkt der Belastung durch höhere Zinsen überschritten ist, stehen die angespannten Finanzierungsbedingungen einer deutlichen Nachfrageerholung weiterhin im Weg. Mehr als die Hälfte des britischen Hypothekenbestands hat eine feste Laufzeit von mehr als zwei Jahren. Diese Verträge werden nach und nach zu höheren Zinsen erneuert.

    Baldige Zinssenkungen der Bank of England (BoE) dürften helfen, diese Dynamik zu ändern, während die Inflation zurückgeht. Der Höchstbetrag, den die Energieversorger pro Energieeinheit verlangen können, wird diesen Monat gesenkt. Dadurch könnte der Verbraucherpreisindex (VPI) im April unter das Inflationsziel von 2% sinken, was den Weg für eine Lockerung der Geldpolitik ebnen würde. Die im Frühjahrshaushalt angekündigten Steuererleichterungen dürften auf kurze Sicht ebenfalls einen positiven, wenn auch begrenzten Beitrag zum Wachstum leisten; wir erwarten einen kurzfristigen Wachstumsschub von etwa 0,2% des Bruttoinlandsprodukts. Unseres Erachtens dürften steigende Realeinkommen, sinkende Zinsen und eine Verbesserung des Vertrauens dem Vereinigten Königreich 2024 zu einem Wachstum im Bereich von 1% verhelfen. Dies wäre nicht sonderlich beeindruckend, aber eine Verbesserung gegenüber der mageren Wachstumsrate von 0,1% im vergangenen Jahr.

    Unseres Erachtens dürften steigende Realeinkommen, sinkende Zinsen und eine Verbesserung des Vertrauens dem Vereinigten Königreich 2024 zu einem Wachstum im Bereich von 1% verhelfen

    Bank of England bereitet sich auf Zinssenkungen vor

    Die BoE galt bis vor Kurzem als eine der restriktiveren Notenbanken der Industrieländer. Noch im Februar stimmten zwei Mitglieder ihres neunköpfigen geldpolitischen Ausschusses für Zinserhöhungen. Im März war das Abstimmungsverhältnis jedoch ausgeglichener: Acht Mitglieder stimmten für eine Beibehaltung des Zinsniveaus, ein Mitglied sprach sich für eine Zinssenkung aus. Wir erwarten, dass der Anteil der Befürworter einer Zinsreduktion diese Woche grösser wird. Angesichts der Anzeichen für einen nachhaltigen Inflationsrückgang könnte die Lockerung der Geldpolitik bereits im Juni beginnen. Wir gehen davon aus, dass die Zinsen dieses Jahr um insgesamt 100 Basispunkte (Bp.) gesenkt werden und der Lockerungszyklus bis Ende 2025 dauert.

    Wir erwarten, dass der Anteil der Befürworter einer Zinsreduktion diese Woche grösser wird. Angesichts der Anzeichen für einen nachhaltigen Inflationsrückgang könnte die Lockerung der Geldpolitik bereits im Juni beginnen

    Der angespannte Arbeitsmarkt bereitet den politischen Entscheidungsträgern des Vereinigten Königreichs Sorgen, da eine drohende Lohn-Preis-Spirale eine grosse Herausforderung bei der Inflationsbekämpfung wäre. Die Entwicklungen an dieser Front waren im Grossen und Ganzen konstruktiv. Das Lohnwachstum scheint zwar immer noch zu hoch, ist aber von einem Spitzenwert von 8% auf jetzt rund 6% gesunken. Auch signalisieren zukunftsgerichtete Indikatoren, dass ein weiterer Rückgang wahrscheinlich ist. Die Zahl der unbesetzten Stellen ist gegenüber dem Höchststand deutlich zurückgegangen, und die Arbeitslosenquote steigt seit Ende 2022. Somit scheint der britische Arbeitsmarkt weit von einer Überhitzung entfernt. Dies deutet darauf hin, dass sich selbst die hartnäckigeren Komponenten der Dienstleistungsinflation normalisieren dürften.

    Was würde Labour ändern?

    Was würde sich unseres Erachtens unter einer Labour-Regierung ändern? Die Partei ist bestrebt, ihr Engagement für Haushaltsdisziplin und ein stabiles politisches Umfeld zu demonstrieren. Dies bestätigte sie kürzlich mit der Halbierung einer GBP 28 Mrd. hohen Zusage für grüne Investitionen aus Gründen der Erschwinglichkeit. Wir erwarten, dass die Ausgaben für öffentliche Dienste, namentlich für das Gesundheitswesen, im Einklang mit den Wahlversprechen und den Trends der öffentlichen Meinung etwas erhöht würden.

    Die Herausforderung für eine neue Labour-Regierung bestünde darin, Einnahmen zur Finanzierung ihrer Agenda zu finden. Während eine Verbesserung des Wachstums und sinkende Zinsen etwas Unterstützung bieten können, scheinen einige Steuererhöhungen unvermeidlich. Aufgrund der Zusage, von einer höheren Vermögenssteuer oder Einkommenssteuer abzusehen, dürfte der Fokus auf weniger prominenten Massnahmen – etwa bei Gewinnbeteiligungen und der Mehrwertsteuer auf Gebühren von Privatschulen – liegen. Offen ist, ob die Einnahmen, die diese Massnahmen einbringen könnten, ausreichen würden. Aufgrund der jüngsten Äusserungen der Labour-Partei halten wir eine Begrenzung der ehrgeizigen Ausgabenliste für wahrscheinlicher als umfangreiche Steuererhöhungen.

    Aufgrund der jüngsten Äusserungen der Labour-Partei halten wir eine Begrenzung der ehrgeizigen Ausgabenliste für wahrscheinlicher als umfangreiche Steuererhöhungen

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    Zu den Risiken für den Ausblick des Vereinigten Königreichs gehören eine überraschend hohe Inflation, welche die Aussichten auf Zinssenkungen beeinträchtigt. Ein weiteres Risiko sind grössere Ausgabenversprechen, die sich in Steuererhöhungen nach den Wahlen niederschlagen, was die Wachstumsaussichten gefährdet und Volatilität an den Märkten für britische Staatsanleihen (Gilts) auslösen könnte. In unserem Basisszenario sehen jedoch die makroökonomischen Aussichten für die britische Wirtschaft nach einem schwierigen Jahr 2023 freundlicher aus. Wie kommen die erwarteten Entwicklungen in unseren Markteinschätzungen und unserer Portfoliopositionierung zum Ausdruck?

     

    Bevorzugung von Gilts

    Im Rahmen unserer allgemeinen Präferenz für Staatsanleihen der Industrieländer sind wir in Gilts übergewichtet, wobei wir Laufzeiten von fünf bis sieben Jahren bevorzugen. In einem Umfeld der Disinflation und näher rückender Zinssenkungen ist es unserer Meinung nach jetzt an der Zeit, sich die hohen Renditen britischer Staatsanleihen zu sichern; wir erwarten, dass fünfjährige Gilts zum Jahresende bei rund 3,60% rentieren. Versprechungen vor den Wahlen, die öffentlichen Ausgaben zu erhöhen, könnten Volatilität bei britischen Staatsanleihen auslösen. In einem Szenario mit Steuererhöhungen nach den Wahlen könnte ein gedämpfteres Wachstum die Renditen von Gilts belasten.

    Der jüngste Anstieg des FTSE 100 erinnert an die Rekorde, welche die Aktienindizes in den USA, Japan und Teilen Europas im früheren Jahresverlauf erreicht haben. Unterstützt wurde er durch Zugewinne bei Energieunternehmen aufgrund höherer Ölpreise und bei Rüstungswerten in einem angespannten geopolitischen Umfeld sowie durch ein schwaches britisches Pfund. Wir halten seit Längerem eine taktische Übergewichtung in globalen Energietiteln. Unsere derzeitige Präferenz für zyklische Sektoren und der defensivere Charakter des britischen Markts im Vergleich zu den USA halten uns davon ab, unser Engagement in britischen Aktien jetzt zu erhöhen.

    Im bisherigen Jahresverlauf hat das britische Pfund gegenüber dem US-Dollar an Boden verloren. Zugleich hat es aufgrund einer zunehmenden globalen Risikobereitschaft und einer vom Markt erwarteten restriktiven BoE-Geldpolitik gegenüber dem Euro zugelegt. In der Vergangenheit waren die Leitzinsen der BoE für das Pfund wichtiger als die globale Risikobereitschaft. Das Zinsgefälle deutet darauf hin, dass der EURGBP-Kurs in drei Monaten 0,87 erreichen könnte, während wir für den GBPUSD-Kurs von einem Rückgang und einer Annäherung an 1,20 ausgehen. Die Risiken im Zusammenhang mit den britischen Parlamentswahlen, insbesondere höhere öffentliche Ausgaben und/oder Pläne für Steuererhöhungen, könnten weitere Abwärtsrisiken für die Währung bedeuten.

    Wichtige Hinweise.

    Die vorliegende Marketingmitteilung wurde von der Bank Lombard Odier & Co AG (nachstehend “Lombard Odier”) herausgegeben. Sie ist weder für die Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung in Rechtsordnungen bestimmt, in denen eine solche Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung rechtswidrig ist, noch richtet sie sich an Personen oder Rechtsstrukturen, an die eine entsprechende

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