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    Iran-Israel, geopolitische Risiken und Investieren in einer unsicheren Welt

    Iran-Israel, geopolitische Risiken und Investieren in einer unsicheren Welt
    Samy Chaar - Chefökonom und CIO Schweiz

    Samy Chaar

    Chefökonom und CIO Schweiz
    Luca Bindelli - Head of Investment Strategy

    Luca Bindelli

    Head of Investment Strategy

    Kernpunkte

    • Eine Welt der rivalisierenden Blöcke organisiert Lieferketten, inländische Investitionen sowie Handels- und Investitionsströme neu und führt zu indirekten Konflikten.
    • Die Entwicklungen im Nahen Osten sind schwer vorherzusagen. Unser Basisszenario sieht keine grössere globale Eskalation vor, aber diese Möglichkeit oder die einer Deeskalation ist nicht zu vernachlässigen.
    • Aktien könnten bei einer Konflikteskalation leiden und die Rohstoffpreise sowie der Dollar zulegen. Bei verzögerten Zinssenkungen der Notenbanken könnten die Renditen von Staatsanleihen sinken. Umgekehrt könnten bei einer Deeskalation risikoreichere Unternehmensanleihen, Aktien und insbesondere zyklische Sektoren profitieren.
    • Wir sind der Meinung, dass unsere aktuelle Positionierung – eine Übergewichtung im US-Dollar und in Staatsanleihen der Industrieländer, ein strategisches Engagement in Gold und eine Präferenz für US-Aktien und Energieunternehmen in unserer Aktienallokation – bei einer Reihe von Ergebnissen performen kann.

    Angesichts der Auseinandersetzung zwischen Israel und Iran sehen sich die Anlegerinnen und Anleger mit einer angespannten geopolitischen Lage konfrontiert. Es bestehen viele Möglichkeiten für eine Konflikteskalation. Wir untersuchen die zugrunde liegenden Risikofaktoren, Szenarien und die Auswirkungen auf Anlagen.

    Hintergrund der Eskalationen im Nahen Osten, des Russland-Ukraine-Kriegs und der zunehmenden geopolitischen Spannungen ist eine in rivalisierende Blöcke geteilte Welt. Im heutigen geopolitischen Umfeld trifft eine Achse unter der Führung der USA auf Länder, welche die US-Vorherrschaft nicht akzeptieren, allen voran China, und auf blockfreie Staaten. Faktoren wie der schwindende Einfluss multilateraler Institutionen wie der UNO, der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds dürften eine Rolle bei der zunehmenden Instabilität gespielt haben. Gleiches gilt für „Push“-Faktoren wie die ungleiche Vermögensverteilung, die Alterung der Bevölkerung, veränderte Migrationsmuster und den Klimawandel, der die Ressourcen belastet.

    Das heutige „Blockdenken“ führt zu indirekten Konflikten und Stellvertreterkriegen. Es treibt den wirtschaftlichen Risikoabbau voran, da die Blöcke ihre Widerstandsfähigkeit erhöhen wollen. Die Lieferketten werden in Richtung verbündeter Länder verlagert, Investitionen und Handelsströme werden umgelenkt oder gekürzt. Alles in allem verringert dies tendenziell die Effizienz und erhöht den Inflationsdruck im Vergleich zur Hauptära der Globalisierung. Eine Welt, in der die strategischen Muskeln gestärkt werden, bedeutet aber auch, dass mehr in heimische Champions investiert wird: Technologieunternehmen in den USA und China, aber auch allgemeiner Player in der Industrie und im Gesundheitswesen. Eine antagonistischere Welt führt auch zu höheren Verteidigungsausgaben.

    Eine Welt, in der die strategischen Muskeln gestärkt werden, bedeutet auch, dass mehr in heimische Champions investiert wird: Technologieunternehmen in den USA und China, aber auch allgemeiner Player in der Industrie und im Gesundheitswesen

    Der Angriff Irans auf Israel als Vergeltung für einen Anschlag auf die iranische Botschaft und die darauf folgenden israelischen Angriffe haben die geopolitische Situation verschärft. Die Angriffe erfolgen inmitten hoher Spannungen in anderen Teilen der Region, darunter der Krieg im Gazastreifen, Störungen am Roten Meer, Gewalt im Westjordanland und Hisbollah-Angriffe aus Libanon. Länder über alle geopolitischen Grenzen hinweg fordern beide Seiten zur Zurückhaltung auf. Vergeltungsschläge könnten eine Eskalation zur Folge haben. Die Risiken sind nach wie vor hoch, und es gibt kaum Anzeichen für die Beilegung eines angespannten regionalen Machtkampfs.

    Die Zahl möglicher Szenarien lässt sich ebenso schwer vorhersagen wie ihr Zusammenspiel mit anderen Faktoren, welche die Marktentwicklung beeinflussen. Insgesamt schätzen wir die Wahrscheinlichkeit einer Eskalation, die Mächte ausserhalb der Region involviert, auf unter 20%. Für etwa gleich hoch halten wir die Wahrscheinlichkeit einer Deeskalation, welche die Beziehungen normalisiert. Mit anderen Worten: Wir gehen davon aus, dass unsere Basisszenario eines anhaltenden Stellvertreterkonflikts einer subjektiven Wahrscheinlichkeit von 60% entspricht.

     

    Auswirkungen auf den Energiemarkt und die Lieferketten

    Die wichtigsten Übertragungskanäle für solche Risiken sind die Energiemärkte und die Lieferketten. Iran liefert rund 3% des weltweiten Erdöls und verfügt über Terminals am Persischen Golf. Ein Fünftel der weltweiten Erdölversorgung erfolgt durch die Strasse von Hormuz vor Irans Haustür. Zu den Risiken gehören Angriffe Israels auf die Ölinfrastruktur, strengere Sanktionen gegen iranisches Öl oder Störungen durch Iran in der Strasse von Hormuz. Dadurch könnte der Ölpreis auf deutlich über USD 100 pro Barrel klettern. Zu den Risiken für den Handel gehören weitere Störungen am Roten Meer oder jede Eskalation, die den Suezkanal, einen weltweit kritischen Engpass für den Handel, betrifft.

    Zu den Risiken für den Handel gehören weitere Störungen am Roten Meer oder jede Eskalation, die den Suezkanal, einen weltweit kritischen Engpass für den Handel, betrifft

    Unser Basisszenario sieht jedoch vor, dass ein globaler Konflikt vermieden wird und das bestehende „Blockdenken“ vorherrscht. Die Auswirkungen der Geopolitik auf die globale Aktivität scheinen bisher begrenzt. Die Transportpreise könnten leicht erhöht bleiben, aber deutlich unter den Spitzenwerten aufgrund der Covid-Pandemie. Wenn eine Eskalation im Einklang mit unserem Basisszenario ausbleibt, dürften die Ölpreise am oberen Ende einer Spanne von USD 80 bis USD 90 pro Barrel verharren. Dazu beitragen dürften eine steigende weltweite Nachfrage, Versorgungsstörungen in Russland und Produktionskürzungen der OPEC+. Die OPEC+ würde wohl ihre Reservekapazitäten, die mehr als 5% des weltweiten Versorgungsbedarfs ausmachen, nutzen, um Preisverwerfungen auszugleichen. Auf diesen Niveaus und ohne eine grössere Konflikteskalation rechnen wir nicht damit, dass die Ölpreise unser Basisszenario infrage stellen: eine sanfte Landung der Weltwirtschaft mit einer allmählichen Normalisierung der Inflation und einer begrenzten Zahl von Zinssenkungen.

    Ein angespanntes geopolitisches Umfeld ist nicht zwangsläufig negativ für die Märkte, wie sich während des Kalten Kriegs gezeigt hat. Zwar ist der Höhenflug der Aktienmärkte in den letzten fünf Monaten ins Stocken geraten, doch hat es bisher keine starke Korrektur gegeben.

    Ein angespanntes geopolitisches Umfeld ist nicht zwangsläufig negativ für die Märkte, wie sich während des Kalten Kriegs gezeigt hat

    Wie sollen Anleger reagieren?

    Es überrascht nicht, dass geopolitische Unsicherheit nicht immer mit Marktunsicherheit zusammenfällt, denn Treiber wie Wachstum, Inflation und politische Ungewissheit sind oft wichtiger. Dennoch haben erhebliche geopolitische Risiken die Marktrisiken tendenziell erhöht, insbesondere in den letzten Jahren während des Kriegs in der Ukraine und des Israel-Hamas-Konflikts. Daher müssen die Folgen der geopolitischen Risiken für die Märkte analysiert und in unsere Portfoliostrategie integriert werden.

    Unser Rahmen für geopolitische Risiken konzentriert sich auf drei Szenarien – keine Eskalation im Nahen Osten, eine grössere Eskalation und eine Deeskalation. Wie wirken sich die einzelnen Szenarien auf den Markt aus, und welche Strategie sollen Anleger verfolgen, um ihre Portfolios zu schützen? Erstens ist unseres Erachtens die Portfoliodiversifizierung entscheidend, wenn es darum geht, für eine grosse Bandbreite von Ergebnissen gewappnet zu sein. Zweitens müssen die Portfoliopositionen aktiv verwaltet werden, damit etwaige Verwerfungen genutzt werden können.

    Unsere aktuelle Portfoliopositionierung gründet auf unserem Basisszenario, dass es zu keiner grösseren Eskalation des Konflikts kommt

    Unsere aktuelle Portfoliopositionierung gründet auf unserem Basisszenario, dass es zu keiner grösseren Eskalation des Konflikts kommt. Bei Aktien sind wir in US-Titeln zu Lasten Europas übergewichtet, wobei wir zyklische Werte der Sektoren Energie und Verbraucherdienste gegenüber defensiven Werten (Immobilien und Versorger) vorziehen. Bei Festverzinslichen bevorzugen wir eine Übergewichtung in US-Staatsanleihen und bei den Währungen eine Übergewichtung im US-Dollar. Diese Portfolioausrichtungen profitieren weiterhin von der Outperformance der US-Wirtschaft und dem Renditevorteil des Dollar.

    Im Falle einer grösseren Vergeltung würden wir mit einer starken Korrektur der Aktienmärkte rechnen, wobei sich defensive Sektoren wie Immobilien und Versorger überdurchschnittlich entwickeln dürften. Die Rohstoffpreise, insbesondere die Energiepreise, könnten sprunghaft steigen und die Inflationserwartungen in die Höhe treiben. Die Notenbanken müssten wahrscheinlich die Senkung der Leitzinsen aufschieben. Die Kurven der Staatsanleihen würden sich am langen Ende normalisieren und die Renditen wegen der Nachfrage nach sicheren Häfen sinken. Die Renditekurve würde flacher, insbesondere in Europa, wo die Europäische Zentralbank empfindlicher auf höhere Rohstoffpreise reagiert. US-Staatsanleihen würden wahrscheinlich an Boden gewinnen. Bei den Unternehmensanleihen würden sowohl das Investment-Grade- als auch das Hochzinssegment leiden, wobei sich Ersteres besser entwickeln dürfte als Letzteres. In einem solchen risikoaversen Umfeld würde der US-Dollar voraussichtlich ebenfalls profitieren.

    Im Falle einer Deeskalation würden wir erwarten, dass unsere derzeitige Positionierung profitiert. Doch angesichts der jüngsten Ausweitung der Renditedifferenzen (Spreads) wäre wahrscheinlich eine Umkehr zu beobachten, wobei risikoreichere Unternehmensanleihen (wie Hochzinspapiere) und zyklischere Aktiensegmente mehr Auftrieb erhielten. Unserer Präferenz für Schuldtitel mit BB-Rating im Hochzinssegment dürfte das zugutekommen, auch wenn einige Schuldtitel mit niedrigerem Rating aufgrund einer stärkeren Spread-Verengung vorübergehend eine bessere Performance erzielen könnten. Dennoch würden wir das Hochzinssegment von höherer Qualität vorziehen.

    Wir sind der Ansicht, dass unsere Übergewichtung des US-Dollar und unsere Präferenz für Energieaktien in einem Umfeld steigender Inflations- und geopolitischer Risiken als Schutz der Portfolios dienen

    Positionen, die von einer Reihe von Ergebnissen profitieren

    Insgesamt sind wir der Meinung, dass unsere aktuelle taktische Positionierung bei einer Reihe von Ergebnissen profitieren kann. Wir sind der Ansicht, dass unsere Übergewichtung des US-Dollar, unsere konstruktive Haltung gegenüber Gold – das wir auf strategischen Niveaus halten – und unsere Präferenz für Energieaktien in unserem Basisszenario performen können. Darüber hinaus dienen sie als Schutz der Portfolios in einem Umfeld steigender Inflations- und geopolitischer Risiken. Angesichts dieser Risiken sehen wir auch eine potenzielle Rolle für inflationsgeschützte US-Staatsanleihen (Treasury Inflation Protected Securities, TIPS) in den Anleihenallokationen der Portfolios.

    Wichtige Hinweise.

    Die vorliegende Marketingmitteilung wurde von der Bank Lombard Odier & Co AG (nachstehend “Lombard Odier”) herausgegeben. Sie ist weder für die Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung in Rechtsordnungen bestimmt, in denen eine solche Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung rechtswidrig ist, noch richtet sie sich an Personen oder Rechtsstrukturen, an die eine entsprechende

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