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    Ölpreis im Fokus – OPEC+ kürzt Produktion

    Ölpreis im Fokus – OPEC+ kürzt Produktion
    Stéphane Monier - Chief Investment Officer<br/> Lombard Odier Private Bank

    Stéphane Monier

    Chief Investment Officer
    Lombard Odier Private Bank

    Kernpunkte

    • Die von der OPEC+ angekündigten Produktionskürzungen haben den Ölpreis vorübergehend wieder auf rund USD 80 pro Barrel steigen lassen. Im März war der Ölpreis aufgrund von Erwartungen einer globalen Wachstumsverlangsamung gesunken.
    • Die OPEC+ will die Preise in einer relativ engen Spanne halten, wobei im Budget Saudi-Arabiens ein Richtwert von USD 75 pro Barrel vorgesehen ist. Wir erwarten einen Brent-Rohölpreis von etwa USD 90 pro Barrel bis zum Jahresende.
    • Wir gehen nicht davon aus, dass ein leicht höherer Ölpreis den weltweiten Disinflationstrend aufhält.
    • Wir behalten ein neutrales Engagement in einem diversifizierten Rohstoffkorb und im Energiesektor bei.

    Die von der OPEC+ angekündigte Kürzung der Rohölproduktion sollte die Märkte nicht überrascht haben, auch wenn der Zeitpunkt unerwartet war. Die Drosselung erfolgt vor dem Hintergrund eines Überangebots am Ölmarkt, da die weltweite Nachfrage Anzeichen einer Verlangsamung zeigt. Das Budget Saudi-Arabiens basiert auf einem Rohölpreis von rund USD 75 pro Barrel. Die jüngsten Turbulenzen im Finanzsektor haben die Aufmerksamkeit der Anlegerinnen und Anleger wieder auf eine potenzielle US-Rezession gelenkt, was zu einem Rückgang des Ölpreises geführt hat.

    Der Preis für Rohöl der Sorte Brent fiel im März 2023 auf USD 73 pro Barrel (Fass) und damit auf den niedrigsten Stand seit Dezember 2021. Die Entwicklung spiegelte die Sorge wider, dass eine Ausbreitung der Probleme im Bankensektor das globale Wachstum und die Nachfrage nach Energie belasten könnte. Zur Verschärfung des Ölüberangebots trug bei, dass die US-Regierung letzten Monat ankündigte, im zweiten Quartal 2023 Rohöl aus ihren strategischen Reserven freizugeben. Zudem griff die französische Regierung auf ihre Vorräte zurück, um die Auswirkungen der Streiks abzufedern. Die weltweite Rohölproduktion liegt seit Mitte 2022 konstant bei rund 100 Millionen Barrel pro Tag.

    Die OPEC+, die Organisation der Erdöl exportierenden Länder plus Russland, kündigte am 2. April eine proaktive Kürzung der Ölförderung um 1,15 Millionen Barrel pro Tag an. Die Kürzung soll ab Mai 2023 bis Ende Jahr gelten. Die Hälfte der Drosselung entfällt auf Saudi-Arabien, das diesen Schritt als „Vorsichtsmassnahme zur Unterstützung der Stabilität des Ölmarkts“ bezeichnete. Nach dieser Ankündigung kletterte der Ölpreis auf rund USD 85 pro Barrel, bevor er wieder auf etwa USD 80 pro Barrel sank. Die Konsensschätzungen der Analysten für den Rohölpreis liegen nun bei rund USD 93 pro Barrel per Ende 2023. Unsere Schätzung beträgt USD 90 pro Barrel.

    In der Praxis könnte es dem Kartell schwerfallen, die Kürzungen umzusetzen

    In der Praxis könnte es dem Kartell schwerfallen, die Kürzungen umzusetzen. Erst im Oktober 2022 kündigte die OPEC+ eine Drosselung von zwei Millionen Barrel pro Tag an, realisierte aber nur etwa die Hälfte davon. Einige Mitglieder der Gruppe, etwa der Irak, fördern bereits weniger, als ihre Quoten vorgeben, da ihre Produktion durch fehlende Investitionen behindert wird. Russland, das „Plus“-Mitglied der OPEC, verringerte seine Produktion im März um 300’000 Barrel pro Tag, bei einem Ziel von 500’000 Barrel pro Tag. Daher erwarten die Marktteilnehmer, dass die jüngst von der OPEC+ angekündigte Kürzung netto einen Produktionsrückgang von etwa 700’000 Barrel pro Tag zur Folge hat. Das heisst, dass die OPEC+ ab Mai insgesamt etwa eine Million Barrel pro Tag weniger auf den Markt pumpen dürfte.

    Die jüngsten Turbulenzen im Finanzsektor erinnern daran, dass das, was im Silicon Valley passiert, nicht im Silicon Valley bleibt. Krisen wirken sich immer auf die Ölmärkte aus. In jüngster Zeit haben die Marktteilnehmer befürchtet, dass der Stress im Bankensektor eine weltweite Konjunkturabschwächung verstärken und damit die Ölnachfrage verringern könnte. Die Covid-Pandemie und ihre Nachwirkungen waren die deutlichsten jüngsten Beispiele für eine Nachfrageverschiebung. So stieg der Preis für ein Barrel Rohöl im Juni 2022 auf ein Hoch von USD 122. Solche Preise belasten die Nachfrage nach Rohöl merklich, wie dies auch während der grossen Finanzkrise 2008 der Fall war.

     

    Leerverkäufe

    Laut der OPEC+ haben die spekulativen Leerverkäufe bei Öl – mit denen Händler auf einen Rückgang des Rohölpreises wetten – stark zugenommen. So vermochte selbst die Meldung über geringere Lieferungen die Preise nicht deutlich zu bewegen. Es gibt einen Präzedenzfall bezüglich Short-Positionen und OPEC+. Im September 2020 kündigte der saudi-arabische Energieminister Prinz Abdulaziz bin Salman Al Saud an, dass Händler, die Leerverkäufe auf dem Ölmarkt tätigen, dies schmerzlich zu spüren bekommen würden. Zu dieser Zeit wurde ein Barrel der Sorte Brent zu rund USD 43 gehandelt.

    Die OPEC+ will die Preise in einer relativ engen Spanne halten. Der recht hohe „Mindestpreis“ von rund USD 80 pro Barrel signalisiert, dass das Kartell einen Ölpreis zwischen USD 80 und 90 pro Barrel anstrebt. Dies ist eine Spanne, die für Saudi-Arabien fiskalpolitisch tragbar ist und einen Einbruch der Nachfrage verhindert. Der Haushalt des Landes und die Pläne zur Verringerung der Abhängigkeit seiner Wirtschaft vom Öl basieren auf einem langfristigen durchschnittlichen Rohölpreis von etwa USD 75 pro Barrel. Die Raffineriemargen, d.h. die Differenz zwischen dem Rohölpreis und dem Preis der Raffinerieprodukte, sind zwar zurückgegangen, bleiben aber mit USD 25 bis 30 pro Barrel relativ hoch.

    Der hohe „Mindestpreis“ von rund USD 80 pro Barrel signalisiert, dass die OPEC+ einen Ölpreis zwischen USD 80 und 90 pro Barrel anstrebt. Dies ist eine Spanne, die für Saudi-Arabien fiskalpolitisch tragbar ist und zugleich einen Einbruch der Nachfrage verhindert

    Am 5. April 2023, drei Tage nach der Ankündigung der OPEC+, stufte die Ratingagentur Fitch das Schuldenrating Saudi-Arabiens von „A“ auf „A+“ mit stabilem Ausblick herauf. Die Begründung lautete, dass das Königreich eine „starke Haushalts- und Aussenbilanz“ aufweise. Zudem gebe es „einige Anzeichen“ für eine Verbesserung bezüglich seiner Abhängigkeit von Öl. Saudi-Arabien verzeichnete 2022 dank höherer Ölpreise erstmals seit 2013 einen Haushaltsüberschuss.

    Sollte jedoch das Angebot an Rohöl von Nicht-OPEC-Mitgliedern steigen, könnte sich die Produktionskürzung des Kartells als Wiederholung der politischen Fehler der 1980er-Jahre erweisen. Damals musste die Organisation nach einer Reihe von „Ölschocks“ ihre Bemühungen um eine Verringerung der Fördermenge aufgeben, da sie das Angebot von Konkurrenten, einschliesslich der USA, ankurbelte. Derzeit entfallen auf die OPEC+ etwas weniger als 40% der weltweiten Ölproduktion, aber ihre Mitglieder verfügen über 80% der globalen Reserven. Doch da der Höhepunkt der Ölproduktion in den nächsten Jahren bevorsteht (die Schätzungen variieren), scheint es wahrscheinlich, dass die US-amerikanische Schieferölproduktion ihren Höhepunkt bereits überschritten hat. Zudem haben viele andere Ölproduzenten zu wenig in ihre Förderanlagen investiert. Die OPEC+ steht heute vor ganz anderen Herausforderungen, da die Volkswirtschaften daran arbeiten, ihren Energieverbrauch auf nachhaltigere Alternativen umzustellen.

    „Sehr unkonstruktiv“

    In der Vergangenheit galt die Ölnachfrage als wichtiger Indikator für die Wachstumsaussichten der Weltwirtschaft. Die unmittelbare Marktreaktion auf die Ankündigung der OPEC+ waren Sorgen über die Auswirkungen auf den Kampf gegen die Inflation. US-Finanzministerin Janet Yellen bezeichnete die Entscheidung als „sehr unkonstruktiv“ in einer Zeit, in der es wichtig sei, die Energiepreise niedrig zu halten. Wir erwarten allerdings nicht, dass ein leicht höherer Ölpreis den allgemeinen weltweiten Disinflationstrend aufhält – es sei denn, der Preis erreicht ein Niveau, das näher bei USD 100 pro Barrel liegt. Die Entwicklung des Arbeitsmarkts ist ein viel wichtigerer Faktor im Kampf gegen die Inflation.

    Wir erwarten nicht, dass ein leicht höherer Ölpreis den allgemeinen weltweiten Disinflationstrend aufhält – es sei denn, der Preis erreicht ein Niveau, das näher bei USD 100 pro Barrel liegt

    Aus makroökonomischer Sicht deuten die anhaltende Inflation im Dienstleistungssektor und der sehr angespannte Arbeitsmarkt in den USA darauf hin, dass die US-Notenbank Fed an ihrer restriktiven Geldpolitik festhält. Dies dürfte das Wachstum abschwächen und die Arbeitslosigkeit steigen lassen, was im weiteren Verlauf des Jahres 2023 zu rezessiven Phasen führen könnte.

    Wir behalten daher in den Kundenportfolios eine neutrale Risikopositionierung und ein neutrales Engagement in einem diversifizierten Rohstoffkorb und im Energiesektor bei. Energieunternehmen sehen sich angesichts einer beschleunigten Nachhaltigkeitswende einem strukturellen Wandel gegenüber. Auf kürzere Sicht sollte die Produktionskürzung der OPEC+ attraktivere Bewertungen begünstigen. Wir beobachten die Bedingungen am Energiemarkt weiterhin genau.

    Wichtige Hinweise.

    Die vorliegende Marketingmitteilung wurde von der Bank Lombard Odier & Co AG (nachstehend “Lombard Odier”) herausgegeben. Sie ist weder für die Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung in Rechtsordnungen bestimmt, in denen eine solche Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung rechtswidrig ist, noch richtet sie sich an Personen oder Rechtsstrukturen, an die eine entsprechende

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