investment insights

    Steht die nächste Krise bevor? Antworten auf fünf Fragen, die auf den Märkten lasten

    Steht die nächste Krise bevor? Antworten auf fünf Fragen, die auf den Märkten lasten
    Stéphane Monier - Chief Investment Officer<br/> Lombard Odier Private Bank

    Stéphane Monier

    Chief Investment Officer
    Lombard Odier Private Bank

    Der März war ein ungnädiger Monat für Banken und konfrontierte Anlegerinnen und Anleger mit vielen Fragen. Die letzten Wochen brachten grosse Verwerfungen der Bankenlandschaft, der Anleihekurse und der Marktstimmung mit sich. Diesen Monat gehen wir auf einige der wichtigsten Fragen unserer Kundinnen und Kunden ein – vom aktuellen Finanzstress über den Kurs der Fed bis hin zu Risikoindikatoren und Anlagen, die als sicherer Hafen gelten. Zudem widmen wir uns der Frage, wie sich der S&P 500 bis zum Jahresende entwickeln könnte.

     

    1. Ist die Bankenkrise bereits vorbei, oder schwelt sie im Hintergrund weiter?

    In den letzten Tagen haben die Banken kaum Schlagzeilen geliefert. Die Anlegerinnen und Anleger begrüssten den am 27. März erfolgten Verkauf eines grossen Teils der Vermögenswerte der insolventen Silicon Valley Bank an die First Citizens Bank. Unseres Erachtens scheinen von den Banken zurzeit keine Systemrisiken auszugehen. Besonders die Grossbanken in Europa verfügen über eine bessere Kapitalausstattung und sind weniger stark in riskanteren Immobiliensegmenten engagiert als vor der Finanzkrise. Die bisherigen Probleme betrafen vor allem die Bankeinlagen und damit die Liquidität. Diese wurde von den Aufsichtsbehörden in den USA und in der Schweiz schnell bereitgestellt bzw. in der Eurozone für den Bedarfsfall zugesagt. Probleme mit der Kreditqualität und folglich mit der Solvenz wären bedenklicher (mehr über die Bereiche, die wir beobachten, unter Frage 2).

    Natürlich ist eine Vertrauenskrise bei Anlegern oder Einlegern, die durch die sozialen Medien noch verstärkt wird, immer ein Risiko, besonders bei nervösen Märkten. Die wichtigsten Bankaktien erlitten im Laufe des Monats Kurseinbussen von 9% bis 25%. Einige Spreads von Credit Default Swaps – bzw. die Kosten für die Versicherung gegen einen Zahlungsausfall – haben sich ausgeweitet (siehe Grafik). Die Einlagenabflüsse von kleineren US-Banken zu grösseren Konkurrenten und in Geldmarktfonds werden die Rentabilität der kleineren Banken ebenso beeinträchtigen wie mögliche künftige Regulierungen zur Stärkung ihrer Kapital- und Liquiditätspuffer. Anleger könnten nun für Investitionen in Banken eine höhere Prämie verlangen. Zudem erwarten wir eine anhaltende Verschärfung der Kreditbedingungen, wobei die geringere Kreditvergabe an Unternehmen und Haushalte das Wirtschaftswachstum drosseln dürfte.


    Chart 2 (1200x627px).svg


    2. Welche Risikoindikatoren gilt es zu beobachten?

    Wir behalten die Messgrössen für die Erschwinglichkeit von Krediten und die Kreditvergabe der US-Banken für Gewerbeimmobilien im Auge. Dabei achten wir besonders auf die Kreditvergabe für Büroflächen. Hier ist die Nachfrage nach nicht zentralen Standorten nach der Covid-Pandemie stark zurückgegangen. Etwa zwei Drittel des Engagements in Krediten für Gewerbeimmobilien finden sich in den Bilanzen kleiner und mittelgrosser Banken. Es wird befürchtet, dass eine restriktivere Kreditvergabe zu Problemen bei der Refinanzierung dieser Kredite führen könnte. Wir beobachten auch die Indikatoren für eine breitere Ansteckung, einschliesslich des Markts für bedingte Pflichtwandelanleihen (eine wichtige Finanzierungsquelle für Banken), Credit Default Swaps, Interbankenkredite, die Inanspruchnahme von Liquiditätsfazilitäten der Notenbanken, Geldmarktstress und Einlagenströme.

    Wir behalten die Messgrössen für die Erschwinglichkeit von Krediten und die Kreditvergabe der US-Banken für Gewerbeimmobilien im Auge. Dabei achten wir besonders auf die Kreditvergabe für Büroflächen

    3. Wie entwickeln sich die Aktienmärkte dieses Jahr? Ist jetzt Kaufen angesagt?

    Die Aussichten für das Wachstum und damit für die Unternehmensgewinne haben sich angesichts der finanziellen Belastungen verschlechtert. Die strengeren Kreditvergabebedingungen könnten jedoch den Inflationsrückgang beschleunigen, und die Märkte preisen jetzt für die USA bereits in der zweiten Jahreshälfte 2023 Zinssenkungen ein. Die Anlegerstimmung hat sich deutlich verschlechtert, und die Bewertungen an den Aktienmärkten sind leicht gesunken. Wegen der hohen Unsicherheit bleiben wir gegenüber Aktien neutral. In unserem Kernszenario gehen wir davon aus, dass die Gewinne von US-Aktien mit grosser Marktkapitalisierung (Large Caps) 2023 um 5% fallen. Der S&P 500 dürfte in den nächsten zwölf Monaten um ein Niveau von 3’900 Punkten verharren (siehe Frage 3 zu unserem Fed-Ausblick). 

    Falls die Gewinne um mehr als 20% sinken, könnte der S&P 500 unserer Meinung nach bis auf 3’200 Punkte fallen. Wenn sich die finanziellen Risiken stabilisieren und die Inflation ohne krisenbedingte Rezession zurückgeht, könnte der Index auf 4’600 Zähler steigen. Derzeit suchen wir nach Bereichen, die durch tiefere Bewertungen geschützt sind, einschliesslich Substanzaktien. Zudem halten wir Ausschau nach Bereichen mit Wachstumspotenzial, darunter chinesische Aktien, Schwellenländer sowie japanische Small und Mid Caps. Wir bevorzugen weiter den Gesundheitssektor aufgrund seiner beständigen Renditen, seiner defensiven Eigenschaften und seiner langfristigen Gewinnfaktoren, zu denen Innovationen, eine alternde Bevölkerung und ein bewegungsarmer Lebensstil gehören. Bei Letzterem erhöht eine Abnahme der körperlichen Aktivität das Risiko von Fettleibigkeit, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, während mehr Bildschirmzeit (siehe Grafik) Augenkrankheiten begünstigt.


    Chart 1 (1200x627px).svg


    4. Where will the Fed take interest rates?

    Die US-Notenbank Fed ist nach wie vor mit Inflation und Finanzrisiken konfrontiert. Die Inflation im Dienstleistungssektor und vor allem das Lohnwachstum sind weiterhin zu hoch. Die Zurückhaltung der Geschäftsbanken bei der Kreditvergabe könnte einen Beitrag zur Straffung der finanziellen Bedingungen leisten, der aber bei Weitem nicht ausreichen wird. Derzeit erwarten wir, dass die Fed die Zinsen im Mai und Juni jeweils um weitere 25 Basispunkte anhebt. Der Höhepunkt des Straffungszyklus wäre dann bei 5,5% erreicht. 

    Die Märkte für Fed-Funds-Futures signalisieren jedoch, dass die Zinsen infolge der Spannungen im Bankensektor bereits im Juni gesenkt werden könnten. Dies steht im Widerspruch zu den Erklärungen der Fed und zu unserer eigenen Einschätzung, dass die hohe Inflation beharrlich bekämpft werden muss. Falls kein „Black Swan“-Ereignis eintritt, das Zinssenkungen und eine quantitative Lockerung erforderlich macht, dürfte die Fed die Leitzinsen nach den genannten Schritten bis Anfang 2024 unverändert lassen.

    Falls kein „Black Swan“-Ereignis eintritt, das Zinssenkungen und eine quantitative Lockerung erforderlich macht, dürfte die Fed die Leitzinsen nach den genannten Schritten bis Anfang 2024 unverändert lassen

    5. Welche Anlagen gelten als sicherer Hafen?

    In den letzten Wochen war bei Anleihen ein starker Zustrom von Anlegerkapital zu beobachten. Grund dafür war sowohl die Flucht aus Bankeinlagen in andere „hochwertige“ Vermögenswerte als auch die erwartete Wachstumsabschwächung in den Industrieländern. Die Aktien der Technologieriesen verzeichneten ebenfalls Kapitalzuflüsse. Sie gehören zu den grössten und liquidesten Titel der Welt und könnten von US-Zinssenkungen profitieren. Auch wir schlagen den Anlegerinnen und Anlegern vor, Qualitätswerte zu bevorzugen – durch die Übergewichtung von US-Staatsanleihen, von Investment-Grade-Papieren und des japanischen Yen. Letzterer entwickelt sich in Zeiten von Liquiditäts- und Kreditstress tendenziell gut. Der Yen dürfte auch vom anziehenden Wachstum in Japan, von einer Verbesserung der Terms of Trade sowie von möglichen Schritten der Bank of Japan zur Straffung ihrer ultralockeren Geldpolitik profitieren. Wir halten zudem an einer Übergewichtung von Liquidität fest, um Anlagechancen schnell und flexibel nutzen zu können.

    Wichtige Hinweise.

    Die vorliegende Marketingmitteilung wurde von der Bank Lombard Odier & Co AG (nachstehend “Lombard Odier”) herausgegeben. Sie ist weder für die Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung in Rechtsordnungen bestimmt, in denen eine solche Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung rechtswidrig ist, noch richtet sie sich an Personen oder Rechtsstrukturen, an die eine entsprechende

    Entdecken Sie mehr.

    Sprechen wir.
    teilen.
    Newsletter.