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    Eindämmung oder Ansteckung? Hohe Zinsen belasten die Banken

    Eindämmung oder Ansteckung? Hohe Zinsen belasten die Banken
    Stéphane Monier - Chief Investment Officer<br/> Lombard Odier Private Bank

    Stéphane Monier

    Chief Investment Officer
    Lombard Odier Private Bank

    Kernpunkte

    • Die Bankturbulenzen erfolgen vor dem Hintergrund steigender Zinsen und strengerer Finanzbedingungen.
    • Die Behörden haben schnell und entschlossen gehandelt, um den finanziellen Stress einzudämmen. Die Notenbanken haben koordinierte Massnahmen zur Unterstützung der globalen Liquidität angekündigt.
    • Im Allgemeinen scheinen die Banken besser kapitalisiert als vor der globalen Finanzkrise. Ein langsameres Kreditwachstum wird die Wirtschaftsaktivitäten belasten und könnte sich disinflationär auswirken.
    • Wir halten an einem ausgewogenen Risikoniveau in den Portfolios fest und haben jüngst die Liquiditätspositionen erhöht. Zugleich verfolgen wir die aktuellen Entwicklungen genau.

    Eine Reihe von US-Bankzusammenbrüchen und eine sich verschlechternde Marktstimmung in der vorangegangenen Woche haben am 19. März in einer Notvereinbarung gegipfelt: Credit Suisse wird an die Schweizer Konkurrentin UBS verkauft. Noch lässt sich nicht sagen, ob sich dadurch das Marktvertrauen wiederherstellen lässt. Zugleich sieht das Umfeld heute ganz anders aus als vor der Finanzkrise von 2008.

    Die Erschütterungen im Bankensystem haben mit dem Zusammenbruch der Silicon Valley Bank (SVB) in Kalifornien am 10. März begonnen. Am 8. März hatte Silvergate, ein auf Kryptofirmen spezialisierter Kreditgeber, angekündigt, seine Bankgeschäfte einzustellen. Am 12. März folgte der Ausfall der in New York ansässigen Signature Bank nach einem Ansturm auf ihre Einlagen. Die Aktien der First Republic Bank in San Francisco fielen am 17. März weiter, trotz der Unterstützung durch die US-Notenbank Fed und elf grössere Banken. In Europa gab der Aktienkurs von Credit Suisse im Laufe der Woche nach, obwohl die Bank eine Liquiditätsspritze der Schweizerischen Nationalbank (SNB) von CHF 50 Mrd. erhielt. Dies gipfelte am 19. März in einer von der SNB und der Schweizer Regierung orchestrierten Rettungsaktion.

     

    Nicht 2008

    Diese Entwicklungen finden vor dem allgemeinen Hintergrund steigender Zinsen und einer quantitativen Straffung statt. Die Folge sind schwierigere Finanzbedingungen, welche die Anlegerinnen und Anleger haben vorsichtig werden lassen. Allerdings sieht die Situation heute ganz anders aus als Anfang 2008, als sich die globale Finanzkrise zusammenbraute. Die Banken verfügen über bedeutendere Kapitalpuffer – insbesondere die grössten Banken, für welche die Kapitalanforderungen nach der grossen Finanzkrise deutlich erhöht wurden. Sie sind weniger in Subprime-Hypotheken und Gewerbeimmobilien investiert. Die Regulierung ist verschärft worden, und die Aufsichtsbehörden haben gelernt, wie wichtig ein rasches und entschlossenes Handeln ist.

    Die Situation sieht heute ganz anders aus als Anfang 2008

    Die komplexe globale Transaktion zwischen UBS und Credit Suisse wurde innerhalb eines Wochenendes durchgesetzt. Das US-Finanzministerium, die Fed und die Federal Deposit Insurance Corporation garantierten rasch alle Einlagen bei den gescheiterten US-Banken. Sie boten allen Banken eine einjährige Kreditfazilität gegen Sicherheiten (die Vermögenswerte, mit denen der Kredit unterlegt ist) zum Nennwert an. Das bedeutet, dass ein Kreditgeber, der Liquidität benötigt, sein Kapital nicht belasten muss, indem er mit Verlust Wertpapiere verkauft. Vor fünfzehn Jahren und auch während der europäischen Staatsschuldenkrise haben die Aufsichtsbehörden den Instituten, die Rettungspakete in Anspruch nehmen wollten, Sicherheitsmargen (sogenannte Haircuts) auf ihren Vermögenswerten auferlegt. Ein weiterer wesentlicher Unterschied zu 2008 besteht darin, dass „Krisenindikatoren“ wie die Interbankenkredite nach wie vor relativ robust sind. Die Spreads für Credit Default Swaps (CDS) – den jährlichen Betrag, den man zahlen muss, um sich gegen den Ausfall der Schulden einer Bank zu versichern – haben sich für die meisten Banken zwar ausgeweitet. Die Niveaus deuten aber nicht darauf hin, dass die Marktteilnehmer gröbere Probleme erwarten.

     

    Weniger Gewinne, strengere Kreditvergabe

    Auch unter Berücksichtigung all dieser Faktoren ist es zu früh, um zu sagen, ob die Probleme eingedämmt worden sind. Das Geschäftsmodell aller Banken gründet auf Vertrauen. Der SVB-Kollaps zeigt, wie schnell es zu einem Bank-Run kommen kann – auch aufgrund der sozialen Medien und der Möglichkeit, Einlagen innerhalb von Sekunden online zwischen Banken zu transferieren.

    Es ist vielleicht auch noch zu früh, um die vollen Auswirkungen auf die Banken und die US-Wirtschaft insgesamt zu beurteilen. Viele Kunden verlagern ihre Einlagen von kleineren Instituten zu grösseren US-Banken, die sie für sicherer halten. Kleine und mittelgrosse Banken müssen möglicherweise höhere Zinsen bieten, um Einleger zu halten oder zu gewinnen, oder sie müssen andere, viel teurere Finanzierungsquellen erschliessen. Beides wird die Rentabilität belasten.

    Kleine und mittelgrosse Banken müssen möglicherweise höhere Zinsen bieten, um Einleger zu halten oder zu gewinnen, oder sie müssen andere, viel teurere Finanzierungsquellen erschliessen

    Aufgrund der jüngsten Ereignisse dürften die für Grossbanken geltenden Kapitalanforderungen auf alle US-Kreditinstitute ausgedehnt werden, was die Rentabilität weiter schmälert. Die Märkte fordern bereits höhere Eigenkapitalkosten, um diesem Rentabilitätsverlust Rechnung zu tragen. Angesichts der Gewinnbelastung dürften die Banken ihrerseits die Kreditvergabe und die Kreditstandards weiter verschärfen, wodurch sich die Kreditaufnahme von Verbrauchern und Unternehmen weiter verlangsamen würde. Dies würde sich disinflationär auswirken und das Wirtschaftswachstum bremsen.

    Generell sind die Bedingungen für die meisten Banken in der Europäischen Union und im Vereinigten Königreich ganz anders als für ihre Pendants in den USA. Die meisten Banken in der EU und in UK profitieren nach wie vor vom Rentabilitätsschub durch steigende Zinsen, während diese Wirkung für viele US-Banken inzwischen nachgelassen hat. Die europäischen Banken verfügen insgesamt über solide Finanzierungs- und Liquiditätspuffer, während die Zinsen nicht so stark angezogen haben wie in den USA. Die Banken der Region haben eine gewichtete durchschnittliche Liquiditätsquote zwischen 140% und mehr als 160%, bei einer Mindestanforderung von 100%. Diese Quote soll sicherstellen, dass die Banken ausreichende Reserven an erstklassigen liquiden Vermögenswerten halten, um eine Phase mit bedeutendem Stress und potenziellen Einlagenabflüssen während 30 Tagen zu überstehen. Ausserdem sind die Einlagen der Banken in der Region weniger konzentriert, und die Wertpapierportfolios sind im Allgemeinen kleiner und häufig gegen ungünstige Zinsschwankungen abgesichert. So oder so bleibt es wesentlich, das Vertrauen der Einleger aufrechtzuerhalten.

    Die Banken dürften die Kreditvergabe und die Kreditstandards weiter verschärfen, wodurch sich die Kreditaufnahme von Verbrauchern und Unternehmen weiter verlangsamen würde. Dies würde sich disinflationär auswirken und das Wirtschaftswachstum bremsen

    Während die Anleger die Risiken des globalen Bankensektors einschätzen, arbeiten die chinesischen Banken in einem ganz anderen Umfeld. Es wird auch berichtet, dass sie Einlagen anziehen, da sie als stabil wahrgenommen werden. Viele chinesische Banken befinden sich in Staatsbesitz, und die Geldpolitik bleibt akkommodierend, wobei die Vorschriften Bankkredite, Anleiheemissionen und Eigenkapitalfinanzierung erleichtern. Das Hauptproblem sind nach wie vor notleidende Kredite in Teilen des Unternehmenssektors, aber die Wirtschaft erholt sich stark.

    Zu früh für eine Einschätzung

    Die Probleme im Bankensektor zeigen, wie die Realwirtschaft auf den geldpolitischen Straffungszyklus der Fed reagiert. Es besteht die Gefahr, dass die Verschärfung der Finanzbedingungen und die daraus resultierende geringere Liquidität noch nicht erkannte Schwächen in anderen Märkten verstärken könnten. Um diese Bedenken zu zerstreuen, haben die Fed und andere wichtige Notenbanken – darunter die Europäische Zentralbank, die SNB, die Bank of England, die Bank of Canada und die Bank of Japan – koordinierte Massnahmen zur Unterstützung der weltweiten Liquidität angekündigt.

    Es besteht die Gefahr, dass die Verschärfung der Finanzbedingungen und die daraus resultierende geringere Liquidität noch nicht erkannte Schwächen in anderen Märkten verstärken könnten

    Wir konzentrieren uns auf mehrere Indikatoren, um die Auswirkungen auf die Märkte abzuschätzen: erstens auf Anzeichen für eine Ansteckung; dies umfasst die Märkte für von Banken begebene bedingte Wandelanleihen – die von den jüngsten Entwicklungen stark betroffen waren –, Messgrössen für den Stress an den Geldmärkten und den Kursverlauf von Bankaktien. Zweitens die Inanspruchnahme der Liquiditätsfazilitäten der Notenbanken; das neue Finanzierungsprogramm der Fed wurde bereits stark genutzt. Und schliesslich die Auswirkungen auf die künftige Geldpolitik und insbesondere die Frage, ob die Notenbanken die Zinsen weiter anheben. Die bevorstehende Zinssitzung der Fed am 22. März wird richtungsweisend sein.

    Mit Blick auf die Aktienmärkte erwarten wir weiterhin, dass der S&P 500 das Jahr 2023 um die aktuellen Niveaus von 3’900 beendet. Doch angesichts von Rezessionsrisiken sehen wir eine grössere Wahrscheinlichkeit, dass der Index auf 3’200 fallen könnte. In diesem Umfeld behalten wir ein ausgewogenes Risikoniveau bei und haben jüngst die Liquidität in unseren Portfolios erhöht. Wir beobachten die Entwicklungen weiterhin genau und passen unsere Portfolioallokationen bei Bedarf an.

    Wichtige Hinweise.

    Die vorliegende Marketingmitteilung wurde von der Bank Lombard Odier & Co AG (nachstehend “Lombard Odier”) herausgegeben. Sie ist weder für die Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung in Rechtsordnungen bestimmt, in denen eine solche Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung rechtswidrig ist, noch richtet sie sich an Personen oder Rechtsstrukturen, an die eine entsprechende

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