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    Die Auswirkungen von Covid-19 auf Privatbanken: ein Interview mit Patrick Odier

    Die Auswirkungen von Covid-19 auf Privatbanken: ein Interview mit Patrick Odier
    Patrick Odier, Senior Managing Partner

    Interview veröffentlicht in der Neue Zürcher Zeitung am 13.Januar 2021


    Bei den Vermögensverwaltungsbanken, da hört man wenig in Sachen Corona. Wo spüren Sie die Pandemie?

    Allen ist wieder bewusst, dass die Arbeit für den Kunden den Kern unserer Tätigkeit bilden muss. Wir haben das schon immer so gemacht: wir sind keine Produktebank, sondern eine Dienstleistungsbank. Die Rückbesinnung auf das Kerngeschäft wurde nötig, weil die Kunden nicht mehr einfach besucht werden konnten. Es braucht die Nähe, das Vertrauen, die richtigen Werte und die Anlagestrategien. Zudem haben die Banken gelernt, neue Technologien und Kommunikationsmittel einzusetzen, die Risiken besser zu beherrschen. Das hat den Kunden in dieser Krise einen Mehrwert geboten. Und nicht zuletzt hat sich die Nachfrage nach nachhaltigen Strategien stark beschleunigt.


    Vertrauen ist der Kern Ihres Geschäfts. Das wird im persönlichen Gespräch aufgebaut. Wie schwierig war es, diese Vertrauensbeziehung während der Pandemie aufrecht zu erhalten?

    Vertrauen ist das Resultat einer langfristigen Beziehung. Es kann sehr schnell verloren gehen, wenn Fehler geschehen. Deshalb müssen die Kunden immer im Zentrum stehen, und eine Bank muss sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren. Die Kunden wollen verstehen, was hinter den Empfehlungen steht, sie wollen durch eine fundamentale und professionelle Analyse der Fakten überzeugt werden. Wenn das richtig gemacht wird, kann man selbst in einer Pandemie Vertrauen aufbauen, erst recht, wenn die Empfehlung zu positiven Resultaten führt.


    Und Ihre Bank hat es richtig gemacht?

    Wir haben in den ersten sechs Monaten dieses Jahres Neugelder von 6 Milliarden Franken angezogen. Es ist ein Paradox: Die Distanz zu den Kunden ist durch die Pandemie zwar grösser, aber die Beziehung tiefer geworden. Unsere Kunden diskutieren mehr mit uns als vorher, sie wollen von uns wissen: Welche Argumente liegen auf dem Tisch und wie interpretieren wir als Experten diese Fakten? Welche Alternativen gibt es, welche Risiken sind damit verbunden?

    Die Banken haben gelernt, neue Technologien und Kommunikationsmittel einzusetzen, die Risiken besser zu beherrschen. Das hat den Kunden in dieser Krise einen Mehrwert geboten

    Lombard Odier baut von Zürich aus das Schweizer Geschäft aus, ebenso gewisse internationale Aktivitäten, etwa in Lateinamerika. Ist Lombard Odier noch eine Genfer oder bereits eine Zürcher Bank?

    Wir stammen aus Genf, fühlen uns aber als Schweizer Bank, denn es gibt keinen Platz für Regionalismus im globalen Vermögensverwaltungsgeschäft. Zürich ist in den letzten Jahrzehnten sehr attraktiv geworden – ich persönlich fühle mich manchmal an der Limmat besser aufgehoben als in Genf (lacht), denn ich spüre hier eine starke Dynamik. Zudem zieht es viele Talente nach Zürich, die Stadt ist attraktiv für bestehende und neue Generationen von Kunden. Auch Investoren kommen gern nach Zürich.

    Stimmt es, dass es viele Genfer Privatbanken von Genf nach Zürich zieht?

    Nicht nur nach Zürich, sondern generell in die Welt hinaus. Lombard Odier ist internationaler geworden, und wir sind ausserhalb der Schweiz stärker gewachsen als in unserem Heimmarkt. Wir bekennen uns klar zur Schweiz und beschäftigen über zwei Drittel unserer Belegschaft.


    Besteht nicht die Gefahr, dass der Bankenplatz Genf zu wenig Talente findet, wenn sich die wichtigsten Cluster in Zürich bilden?

    Themen wie Impact Investing oder nachhaltige Anlagen gewinnen auf dem Genfer Finanzplatz stark an Bedeutung, auch weil dort Nichtregierungsorganisationen, internationale Organisationen und die Finanzwelt zusammentreffen. Das führt zu einer grossen Dynamik. Vor zehn Jahren waren es die Hedge funds, die in Genf rasch an Bedeutung gewannen. Man sollte vom Finanzplatz Schweiz sprechen, nicht von Genf, Basel oder Zürich.


    Nach dem Verlust des Bankgeheimnisses im Offshore-Geschäft haben ziemlich alle grossen Privatbanken ihr Schweizer Geschäft ausgebaut. Ist der Schweizer Markt gross genug für all diese Ambitionen?

    Die Privatkundschaft von Lombard Odier kommt zu je einem Drittel aus der Schweiz, aus Europa und aus dem Rest der Welt. Für eine grosse Privatbank wie unsere ist die Schweiz ein wichtiger Markt aber wir brauchen weltweites Wachstum. Kleine Institute dagegen können im Schweizer Markt noch immer ein langfristiges Geschäftsmodell aufbauen, wenn sie die wichtigen Trends richtig antizipieren. Sie müssen sehr kompetitiv bleiben, um in der Schweiz Erfolg zu haben. Aber die Konsolidierung wird voranschreiten.


    Die Schweizer Banken ziehen zwar neue Vermögen an. Aber den steigenden Volumen stehen rückläufige Erträge und Margen gegenüber. Ist das nicht besorgniserregend?

    Das ist eine Herausforderung, die mit unternehmerischen Mitteln gelöst werden muss. Bei Lombard Odier erhöhen wir den Mehrwert unserer Dienstleistungen, beispielsweise indem wir die steuereffiziente Vermögensverwaltung ausbauen. Damit verteidigen wir die Margen besser, als wenn wir nur Standarddienstleistungen und indexgestützte Produkte anbieten. Daneben sind kosteneffiziente digitale Prozesse und ein robustes Risikomanagement nötig. Um das alles umzusetzen, müssen wir investieren. Das können wir, weil wir kontinuierlich profitabel gearbeitet haben. Wir haben in den vergangenen 40 Jahren eine eigene Technologieplattform entwickelt, wir beherrschen in dem Bereich die gesamte Wertschöpfungskette. Ein Viertel unserer Mitarbeiter sind im Technologiebereich angestellt. Wir haben glücklicherweise die nötigen Kompetenzen und Kapitalmittel im Haus, um das selber zu machen. Deshalb nutzen auch andere Banken unsere Plattform, welche diese Mittel vielleicht nicht haben.


    Lombard Odier setzt seit geraumer Zeit auf das Thema Nachhaltigkeit. Heute sind Green Bonds und Sustainable Finance ubiquitär. Wie können Sie sich da noch abheben?

    Wie sie wissen, ist es kein neues Feld für uns. Wir haben über die letzten 30 Jahre viel Expertise in diesem Bereich aufbauen können. Nachhaltiges Anlegen ist für uns eine Investitionsphilosophie und Teil unserer DNA, keine Produktstrategie. Über 80 Prozent unserer verwalteten Vermögen sind nachhaltig angelegt, und wir arbeiten darauf hin, dass wir mit der Zeit auf 100 Prozent kommen. Wir sind als Treuhänder verantwortlich dafür, dass die Kunden dank unserer Analyse langfristig bessere Performance erzielen und weniger Risiken eingehen müssen. Das ist nicht Theorie, das zeigen bereits die Resultate. Wir haben stark in Teams investiert, welche die globalen Trends analysieren und etwa der Frage nachgehen, wie sich der Klimawandel auf 160 Wirtschaftssektoren auswirken wird. Unsere Methodologie wird zum Beispiel von der TFCD [Task Force on Climate-related Financial Disclosures] anerkannt.

    Nachhaltiges Anlegen ist für uns eine Investitionsphilosophie und Teil unserer DNA, keine Produktstrategie

    Gleichwohl gibt es bei nachhaltigen Anlagen das Problem, dass der Kunde überfordert ist, weshalb sich im Markt die schlechte Qualität durchsetzt – also billiges.

    Die Kundschaft muss wissen, welches die richtigen Kriterien und Massstäbe sind. Bei Lombard Odier haben wir ein wissenschaftlich fundiertes Rahmenwerk entwickelt, mit dem wir den Temperatur-Effekt eines Portfolios im Kontext des Pariser Klimaabkommens aufzeigen können. Das ist für den Kunden einfach zu verstehen.

    In der Schweiz sind wir ideal aufgestellt mit den entsprechenden Experten und Kompetenzen, um die richtigen Methodologien für nachhaltiges Investieren und die entsprechende Standards zu definieren – der Finanzplatz Schweiz gilt als Vorreiter in diesem Bereich. Wir müssen sicherstellen, dass wir alle dieselbe Sprache sprechen – die Politik, die Wissenschaft und die Finanzbranche. Damit können wir auch Einfluss auf die Ausgestaltung der internationalen Standards nehmen.


    In der Schweiz ist die Tendenz gross, Nachhaltigkeitsfragen über die Politik zu lösen. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung?

    Wir müssen gemeinsam mit der Politik an diesen Themen arbeiten, aber die Nachhaltigkeit sollte überparteiisch sein. Als wirtschaftliche Akteure müssen wir uns fragen: Wie können wir selbst bessere Vorschläge einbringen und den gesellschaftlichen Diskurs anregen? Ich stehe zum Beispiel im regen Austausch mit Economiesuisse. Die Konzernverantwortungsinitiative hat gezeigt, wie wichtig es ist, sich frühzeitig proaktiv mit Vorschlägen einzubringen anstatt nur Nein zu sagen. In der Wirtschaft vielerorts müssen wir wieder lernen, uns konstruktiv einzubringen.


    Woran fehlt es denn?

    An einer langfristigen Vision. Es geht nicht nur darum, traditionelle Rahmenbedingungen zu verteidigen, sondern auch zu verstehen, was sich in der Gesellschaft verändert. Die Schweiz darf ihren Innovationsvorsprung nicht verlieren, sonst büsst sie ihre Attraktivität für neue Talente und als Wirtschaftsstandort ein.


    Sie waren Präsident der Bankiervereinigung. Unlängst ist Raiffeisen aus diesem Branchenverband ausgetreten. Spricht er noch mit einer Stimme für die Branche?

    Der Austritt der Raiffeisengruppe ist zu bedauern. Ich möchte mich dazu nicht im Detail äussern, aber die Entscheidung ist meiner Ansicht nach nicht im Interesse des Landes. Ich respektiere die Entscheidung der Raiffeisen, aber als Land brauchen wir Einigkeit. Es darf keinen Widerspruch zwischen inländischem und ausländischem Geschäft geben, denn die Schweiz ist eine Kombination von beidem. Die Bankiervereinigung muss die Stimme der Branche bleiben für die Politik und Behörden. Sonst haben wir eine Kakophonie in Bern, und das schwächt unseren Sektor.


    Die zentrifugalen Kräfte in der Bankier-vereinigung sind nicht neu. Hätte man nicht verhindern können, dass einer der wichtigsten Akteure austritt?

    Ich habe als Präsident der Bankier-vereinigung viel mit der Raiffeisenbank zusammengearbeitet. Es braucht den Willen, zusammenzuarbeiten. Beide Parteien müssen sich fragen, was sie verbessern können.


    Warum werden nach dem Ende des Bankgeheimnisses im grenzüberschreitenden Geschäft immer noch Geldwäscherei- und Korruptionsfälle bekannt? Was ist falsch gelaufen?

    Es wird wohl immer Sonderfälle geben, auf Seiten der Institute und der Kundschaft. Aber die Banken haben ihre Lektion gelernt. Die Schweiz hat strenge Massnahmen gegen Steuerhinterziehung und Korruption eingeführt, und es wird ein hoher Aufwand betrieben, um die Integrität des Finanzplatzes zu schützen. Doch es ist leider unmöglich, alle Fälle zu vermeiden. Dieser Kampf hat nichts mit der Schweiz zu tun, sondern ist globaler Natur. Auch auf diesem Gebiet könnte die Schweiz dazu beitragen, die globalen Standards zu verbessern. Ein Beispiel: Wie soll man mit politisch exponierten Personen umgehen? Die allermeisten von ihnen sind ehrlich und aus Überzeugung politisch tätig – man muss es differenziert analysieren können.


    Und sind somit valable Kunden?

    Ja. Aber es ist wichtig, dass man systematisch Fragen zur Herkunft der Gelder stellt. Das haben die Banken gelernt und umgesetzt.

    Wir müssen zu einer nachhaltigeren, regenerativeren Alternative übergehen – zu einer Zukunft, die auf einem kreislauforientierten, effizienten, integrativen und sauberen Modell basiert

    Gehen Banken strategische Risiken ein, die man nicht eingehen sollte?

    Keine seriöse Bank geht freiwillig unvorhersehbare Risiken ein? Die Kosten und der mögliche Reputationsverlust sind zu hoch. Es ist deshalb wichtig, die Zusammenarbeit mit den Behörden laufend zu verbessern. Wo gibt es noch Informationsquellen, die man anzapfen kann, um diese Risiken besser zu beherrschen? Die Banken beschäftigen eine Vielzahl von Spezialisten, die sich bemühen, Informationen über Kunden zusammenzutragen und auszuwerten. Das machen die Behörden auch.


    Doch scheinen sich die Verdachtsmeldungen der Banken bei der Geldwäschereistelle zu stauen.

    Ja, da muss man eine Lösung finden. Aber es wird daran gearbeitet. Und nochmals: Zuviele Verdachtsmeldungen sind kein rein schweizerisches Problem.


    Was wünschen Sie sich für die Nach-Covid-Zeit?

    Wir stehen im Nachgang der Covid-Krise in der Verantwortung, bessere Lösungen für unsere Zukunft zu finden. Das Problem mit den unterbrochenen Lieferketten etwa wirft die Frage auf, was wir für die nächste Krise vorkehren müssen. Es braucht zudem eine grundlegende Neugestaltung unseres Wirtschaftsmodells. Wir müssen zu einer nachhaltigeren, regenerativeren Alternative übergehen – zu einer Zukunft, die auf einem kreislauforientierten, effizienten, integrativen und sauberen Modell basiert. In dieser Hinsicht gelten nachhaltige Anlagen als unsere Kernüberzeugung und wir sehen für unseren Kunden darin den grössten Treiber für zukünftige Erträge.

    Wichtige Hinweise.

    Die vorliegende Marketingmitteilung wurde von der Bank Lombard Odier & Co AG oder einer Geschäftseinheit der Gruppe (nachstehend “Lombard Odier”) herausgegeben. Sie ist weder für die Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung in Rechtsordnungen bestimmt, in denen eine solche Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung rechtswidrig wäre, noch richtet sie sich an Personen oder Rechtsstrukturen, an die eine entsprechende Abgabe rechtswidrig wäre.

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