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    Kunststoffabfälle sammeln – Chance statt Müllhalde

    Kunststoffabfälle sammeln – Chance statt Müllhalde

    Alljährlich gehen der Wirtschaft bis zu USD 120 Mrd. verloren, die sich aus Kunststoffabfällen1 erwirtschaften liessen. Denn Millionen von Tonnen dieser potenziell wertvollen Ressource enden entweder auf Müllhalden, werden verbrannt oder landen in der Umwelt. Die ökologischen Kosten von Plastikmüll sind hinlänglich bekannt – vor allem die Auswirkungen auf Meeresflora und -fauna. Hingegen werden oft die neuen Möglichkeiten übersehen, die sich aus dieser Art von Abfall ergeben – und auch die Chancen, die sich den Einzelhandelsunternehmen aus der Schaffung eines Kunststoff-Kreislaufsystems bieten würden, um ihren Markenwert zu steigern und längerfristige Beziehungen zu den Konsumenten aufzubauen.

    Dem Finanzsektor kommt bei der nachhaltigen Ausrichtung der Kunststoffbranche eine zentrale Funktion zu: Obgleich Innovationen in der Produktion und im Recycling häufig in den Schlagzeilen stehen, bedarf auch die Infrastruktur einer höheren Aufmerksamkeit durch Investitionen. Die dafür erforderlichen Beträge werden hoch sein, aber für die Anleger ist die sich daraus ergebende Gelegenheit umso grösser. Dieses Potenzial – das bis zum Jahr 2030 auf USD 1,2 Bio. geschätzt wird –bedeutet, dass das Kunststoffproblem geradezu ideal für marktbasierte Lösungen ist.

     

    Die Suche nach perfekten Sortierungstechniken

    Selbst die beim Recycling weltweit erfolgreichsten Länder erreichen bei ihren Kunststoffabfällen kaum mehr als eine Wiederverwertungsrate von 50%. Deutschland, das vom Weltwirtschaftsforum zum Weltmeister im Recycling gekürt wurde2, führt 52,6% seiner Kunststoffabfälle der Wiederverwertung zu; im EU-Block gibt es einige der effektivsten Recyclingsysteme – dennoch schafft er es insgesamt nur eine Quote von 32,5%.3

    Oftmals besteht das Problem in der Sortierung. Hierbei handelt es sich um einen komplexen, teuren Prozess: Der Abfall wird je nach Kunststoff und Verwendungszweck in verschiedene Ströme getrennt. Viele Sortiertechnologien wurden bereits entwickelt und eingesetzt – doch ohne bislang ein System mit hinlänglich operativer Genauigkeit und Geschwindigkeit zu erreichen.

    Nun jedoch könnte die in Singapur basierte «Alliance to End Plastic Waste» vor einer Lösung stehen. Die Alliance ist ein globales Bündnis, das von einem breiten Spektrum von Unternehmen finanziert wird. Deren System – genannt „Holy Grail 2.0“ – lässt den Abfall über ein Förderband laufen, und über dem Förderband installierte Kameras halten nach digitalen Wasserzeichen Ausschau, die auf jeder Verpackung aufgedruckt sind. Mithilfe dieser Wasserzeichen, die Informationen über die Kunststoffsorte und ihre chemischen Eigenschaften enthalten, werden die Verpackungen mittels Hochgeschwindigkeitsdüsen in die richtigen Materialströme bugsiert.

    Dieses System ist nachweislich sowohl genau wie auch schnell: Kürzlich testete man unter realen Bedingungen in einem halbindustriellen Rahmen. Und man erzielte eine Erkennungsquote von 99% – und das bei einer höheren Durchsatzrate als in Konkurrenzsystemen.4

    Digitale Wasserzeichen ermöglichen ferner eine detailliertere Sortierung. Dies könnte zu neuen Recyclingströmen führen. Die derzeit verwendete Technologie kann dies indes nicht leisten. Da Smartphones die Wasserzeichen ausserdem erfassen könnten, bietet das System die Möglichkeit, bereits in Privathaushalten für eine genauere Erstsortierung zu sorgen. Der kommerzielle Nutzen ist offensichtlich: Weniger Abfall im System führt zu mehr Material für das Recycling oder die Wiederverwendung. Ferner könnten Verkaufsstellen mit diesen digitalen Wasserzeichen einen aussagekräftigen Nachweis darüber erbringen, dass sie ihre Abfälle wirklich einem Kreislaufsystem zuführen; hiermit könnten sie künftigen Änderungen in der Regulierung vorausgreifen.

    Lesen Sie auch: Die Alliance to End Plastic Waste und Lombard Odier Investment Managers schliessen sich zusammen, um den Circular Plastic Fonds ins Leben zu rufen

    Chemisch gegenüber mechanisch

    Das Kunststoffrecycling erfolgt heute weitgehend mechanisch. Dabei werden Kunststoffabfälle zerkleinert und erhitzt. Dadurch werden die Polymere abgebaut, aus denen die chemische Struktur des Kunststoffs besteht. Allerdings erhält man dadurch ein häufig geschwächtes und weniger flexibles Endprodukt. Mit jedem Durchlaufprozess zum Recycling verringert sich die Qualität des resultierenden Kunststoffs immer weiter. Dadurch eignet sich dieser nur mehr für qualitativ immer schlechtere Produkte, bis er schliesslich in einer nicht mehr recycelbaren Form endet. Geschlossene Kreislaufsysteme und eine bessere Sortierung könnten die Anzahl der Kreisläufe steigern, aber keine dieser beiden Techniken kann auf lange Sicht Abfallfreiheit versprechen. Dazu benötigen wir neue Recycling-Technologien.

    Geschlossene Kreislaufsysteme und eine bessere Sortierung könnten die Anzahl der Kreisläufe steigern, aber keine dieser beiden Techniken kann auf lange Sicht Abfallfreiheit versprechen

    Im April dieses Jahres wurde in einem Artikel in der Zeitschrift Nature über die Entwicklung eines neuen Enzyms berichtet: FAST-PETase. Kunststoffabfälle lassen sich mittels dieses Enzyms in nur einer Woche vollständig abbauen. FAST-PETase benötigt auch deutlich weniger Energie – ganz abgesehen von dem Vorteil einer höheren Geschwindigkeit, im Vergleich mit anderen kunststoffverarbeitenden Enzymen; somit ökologisch als auch wirtschaftlich vorteilhaft. Mittels der „Depolymerisation“ reduziert das Enzym FAST-PETase die chemischen Bestandteile des Kunststoffs zu den ursprünglichen Monomeren. Daraus resultieren also einzelne Moleküle, die dann zur Herstellung von neuem Kunststoff verwendet werden können. Dadurch werden die Materialverschlechterung und der lineare Endpunkt vermieden, zu denen es beim herkömmlichen mechanischen Recycling kommt.

    Das britische Unternehmen Plastic Energy und das US-amerikanische Start-up-Unternehmen Novoloop erzielten bereits grössere Fortschritte auf dem Weg hin zum chemischen Recycling. Plastic Energy nimmt sich gemischter und verunreinigter Kunststoffabfälle an, die nicht auf mechanischem Wege recycelt werden können, und zerlegt diese in das firmeneigene TACOIL; und zwar mittels zweier Anlagen, die rund um die Uhr und 365 Tage im Jahr in Betrieb sind. Bei TACOIL handelt es sich um ein Ausgangsmaterial, das anstelle von fossilen Brennstoffen für die Herstellung von neuem Kunststoff verwendet werden kann. Die weltweit erste Lösung für das Upcycling von Alt-Polyethylen kommt derweil Novoloop: Dieses bereits weit entwickeltes Start-up-Unternehmen stellt ein höherwertiges thermoplastisches Polyurethan in Aussicht – geeignet für Hochleistungszwecke, beispielsweise in Laufschuhen, Automobilteilen oder Elektronikkomponenten.

    Die im mechanischen Recycling auftretende Degradierung erfordert bei der Herstellung von Recyclingprodukten oftmals die Beimischung von Neukunststoff. Das chemische Recycling würde eine hundertprozentige Kreislaufwirtschaft ermöglichen, in der neuer Kunststoff vollständig aus altem Kunststoff gewonnen wird, mittels Zerlegung von Kunststoffabfällen in ihre einfachsten Bausteine – und zwar ohne dass neue erdölbasierte Ressourcen hinzugefügt werden müssen.

    Lesen Sie auch (Artikel in Englisch): What are our top tips to reduce plastic pollution?

     

    Weniger Müll als Grunddevise

    Für Einzelhandelsunternehmen könnte die Umstellung auf ein produktiveres Kunststoffsystem mit zahlreichen Vorteilen verbunden sein. Ein geringeres Abfallaufkommen könnte die Herstellungskosten senken, die steuerlichen Auswirkungen sich ändernder regulatorischer Rahmenbedingungen minimieren und zugleich helfen, die Markenbeziehung zu den Kunden zu stärken.

    Firmen wie das chilenische Start-up Algramo und das britische Unternehmen Loop helfen Herstellern dabei, von diesem Wandel zu profitieren: Sie bauen die Infrastruktur auf, die für eine „Nachfüllrevolution“ erforderlich ist, und für die Konsumenten eine breite Auswahl an Produkten in nachfüllbaren Markenbehältern ermöglichen. Für den Endnutzer bedeutet die „Verpackung fürs Leben“ von Algramo den Vorteil geringerer Preise. Denn die Kosten für den Behälter werden vom Nachfüllpreis in Abzug gebracht. Und den Herstellern markengebundener Nachfüllprodukte ermöglicht die «Verpackung fürs Leben», aus Erstkäufern mehr Stammkunden zu gewinnen. Derzeit ist das Unternehmen in fünf Ländern tätig, mit Versuchsstationen in grossen Supermarktketten. Dabei bedient sich Loop eines pfandbasierten Rückgabesystems, bei dem die Behälter gesäubert und erneut eingesetzt werden können, anstatt sie einem Recyclingprozess zuzuführen. Loop beabsichtigt, dieses Jahr weiter zu expandieren. Frühanwendern bietet Loop die Möglichkeit, von einer zunehmenden Konsumentennachfrage nach umweltfreundlichen Produkten zu profitieren.

    Loop beabsichtigt, dieses Jahr weiter zu expandieren. Frühanwendern bietet Loop die Möglichkeit, von einer zunehmenden Konsumentennachfrage nach umweltfreundlichen Produkten zu profitieren

    In Grossbritannien beseitigt Bockatech, ein innovatives Unternehmen im Bereich der nachhaltigen Verpackungen, ein Hindernis der Nachfüllrevolution: die Kosten von Behältern. In der Regel sind Mehrwegbehälter teurer herzustellen als ihre Wegwerfpendants. Das EcoCore-Formteilsystem von Bockatech geht indes mit einer Verlagerung bei der Wirtschaftlichkeit einher: EcoCore ermöglicht es dem Hersteller, wiederverwendbare Behälter zu ähnlichen Kosten bei einem um 70% verringerten Materialaufwand herzustellen.

    Lesen Sie auch (Artikel in Englisch): How China is addressing its waste problem

     

    In den Wandel investieren

    Kunststoff ist derzeit günstig in der Herstellung und Entsorgung. Für Nutzer von Kunststoffverpackungen aus dem verarbeitenden Gewerbe und Einzelhandel ist somit das lineare Modell der Wegwerfwirtschaft häufig günstiger als der Einsatz von recycelten Materialien. Die Kunststoff-Wertschöpfungskette läuft jedoch zunehmend Gefahr, die externen Effekte ihrer Produkte berücksichtigen zu müssen. Denn die Umweltkosten von Plastikmüll, für den die Unternehmen verantwortlich zeichnen, werden sich auf deren Gewinne niederschlagen.

    Im Mai kündigten wir eine Partnerschaft mit der «Alliance to End Plastic Waste» an. Hiermit beabsichtigen wir, diesen Übergang zu beschleunigen. Dank dieser Gelegenheit kommen USD 500 Mio. an Kapital von institutionellen und anderen zugelassenen Anlegern zusammen, um skalierbare Lösungen zu schaffen – für die Beseitigung von Kunststoffabfällen aus der Umwelt, mehr Recycling und die Förderung des globalen Übergangs zu einer Kreislaufwirtschaft in der Kunststoff-Wertschöpfungskette.

    Jean-Pascal Porcherot, Co-Head von LOIM und Managing Partner der Lombard Odier Gruppe, erklärte bei der Lancierung der Strategie, dass diese „auf all diejenigen abzielt, die innerhalb der Infrastruktur zur Sammlung, Sortierung und Wiederverwertung tätig sind. Und auch auf jene, die Innovationen in der Produktion von Kunststoffen präsentieren, mit denen die Nachhaltigkeit, Wiederverwendbarkeit und Wiederverwertbarkeit verbessert werden sollen.“

    Unseres Erachtens werden Vorreiter von einer beispiellosen Chance profitieren können, und Anlegern kommt bei diesem erforderlichen Wandel eine fundamentale Funktion zu

    Die Partnerschaft spiegelt unsere Position als global führendes Unternehmen im Bereich der nachhaltigen Finanzen. Diese Position erlangen wir, indem wir uns verpflichten, Nachhaltigkeitsexperten zu unterstützen und mit ihnen zusammenzuarbeiten – und aufgrund unserer Überzeugung, dass Nachhaltigkeit in den kommenden Jahren ein wesentlicher Renditetreiber sein wird. Angesichts der sich ändernden Konsumnachfrage und Regierungen, die darauf bedacht sind, ihren Teil zur Minimierung der umweltschädlichen Folgen von Plastikmüll zu leisten, zieht die Branche zusehends kritische Blicke auf sich. Unseres Erachtens werden Vorreiter von einer beispiellosen Chance profitieren können, und Anlegern kommt bei diesem erforderlichen Wandel eine fundamentale Funktion zu.

     

    The New Plastics Economy - Rethinking the future of plastics | Geteilt von New Plastics Economy (thirdlight.com)
    Germany recycles more than any other country | World Economic Forum (weforum.org)
    Plastikmüll und Recycling in der EU: Zahlen und Fakten | Aktuelles | Europäisches Parlament (europa.eu)
    HolyGrail 2.0 concludes semi-industrial trials with successful validation | Artikel | Packaging Europe
    EPR statement and position paper | Geteilt von New Plastics Economy (thirdlight.com)

    Wichtige Hinweise.

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