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    Wie gelingt ein Paradigmenwechsel? Rezepte zur Erhaltung der Biodiversität in der Landwirtschaft

    Wie gelingt ein Paradigmenwechsel? Rezepte zur Erhaltung der Biodiversität in der Landwirtschaft

    Als die Nahrungsmittelversorgung weiter Teile Irlands von der Kartoffelsorte Irish Lumper abhing, führte deren Verlust zu einer vierjährigen Hungersnot, die Mitte des 19. Jahrhunderts Millionen Menschen das Leben kostete.

    Rund 170 Jahre später betreiben wir immer noch Monokulturen, eine Form der Landwirtschaft, bei der nur einige wenige Pflanzensorten angebaut werden. Betrachtet man nur die Nahrungspflanzen, entfallen 66% unserer globalen Agrarproduktion auf lediglich neun Pflanzenarten. Landwirtschaftliche Monokulturen sind mitschuldig am Rückgang des Artenreichtums und der Biodiversität.

    Betrachtet man nur die Nahrungspflanzen, entfallen 66% unserer globalen Agrarproduktion auf lediglich neun Pflanzenarten

    Die Lage ist ernst. Die schwindende Biodiversität zählt zu den 10 grössten Risiken für die Menschheit. Im Jahr 2100 werden schätzungsweise 10,9 Milliarden Menschen auf der Erde leben. Diese müssen mit immer knapper werdenden Ressourcen ernährt werden. Das stellt uns vor die Frage: Wie soll dies unter Erhaltung der Biodiversität und der Aufrechterhaltung einer Kreislaufproduktion in der Landwirtschaft gelingen?

    Auf wackligen Füssen

    Die formale Definition von Biodiversität betont die Variabilität unter lebenden Organismen. Sie umfasst die Vielfalt der Ökosysteme, der Arten und der Gene. In der Landwirtschaft bedeutet dies nicht nur eine Vielfalt von Pflanzen (wie Tomaten, Zwiebeln, Okras), sondern auch eine Vielfalt von Arten von Tomaten und Zwiebeln sowie eine Vielfalt von Lebensräumen, in denen verschiedene Arten von Nahrungsmittel angebaut werden können.

    Doch die biologische Vielfalt, die für unsere Ernährung und Landwirtschaft lebenswichtig ist, verschwindet von Tag zu Tag.  Auch natürliche Ökosysteme, welche die Pflanzenproduktion fördern, sehen sich zunehmend einer Bedrohung ausgesetzt. Der Klimawandel, der Verlust von Lebensräumen und die Abholzung, invasive Arten sowie der übermässige Einsatz von Düngemittel und die Umweltverschmutzung verschärfen das Problem.

    Leider nimmt unsere Biodiversität drastisch ab. Auch natürliche Ökosysteme, welche die Pflanzenproduktion fördern, sind  zunehmend bedroht

    Biodiversität ist an sich schon wertvoll. Ihr Verlust ist jedoch in mehrfach anderer Hinsicht problematisch.

    • Sie verringert die Fähigkeit des Lebensmittelökosystems, auf den Klimawandel zu reagieren. Dieser wird uns dazu zwingen, immer wieder andere Gewächse – mit neuen Methoden – anzupflanzen. Wenn wir weniger Pflanzenarten anbauen, steigt unsere Abhängigkeit, und macht uns damit anfälliger für Risiken.
    • Viele Arzneimittel verdanken ihren Ursprung den Pflanzen. Ein Verlust an biologischer Vielfalt bedeutet auch einen Verlust an Chancen auf natürliche Heilmittel.
    • Der Rückgang der biologischen Vielfalt könnte die globale Wirtschaftsleistung ernsthaft bremsen – bis 2050 um mindestens 18%.


    Biodiversität im Spannungsfeld

    Argumente für den Erhalt der Biodiversität dürften klar sein. Wie dabei aber vorgegangen werden soll, ist indes alles andere als klar. Jahrzehntelang hiess es, es müssten mehr Ressourcen – Düngemittel, Pestizide und Wasser – eingesetzt werden, um die Ernteerträge zu steigern und mehr Menschen zu ernähren. Die 1965 angestossene Grüne Revolution in Indien war ein glänzendes Beispiel für diese Theorie — bis ihr Glanz verblasste. Die Argumentation lautete, dass ertragssteigerndes, krankheitsresistentes Saatgut in Kombination mit grossen Mengen von Düngemitteln und Pestiziden zu höheren Ernten führe, womit sich mehr Menschen ernähren liessen.

    Der Grünen Revolution lag indes eine bestenfalls kontroverse Überlegung zugrunde. Bei der Bekämpfung von Hunger geht es nicht einfach darum, genug Lebensmittel zu produzieren. Dass weltweit 820 Millionen Menschen hungern, ist auch auf einen Mangel an geeigneten Lebensmittelverteilungssystemen zurückzuführen. Die Grüne Revolution führte aufgrund des übermässigen Düngereinsatzes zudem zu einer Verschmutzung der Umwelt und dem Verlust von Kulturland.


    Die Vision einer biologisch vielfältigen Landwirtschaft

    Landwirtschaft und Gesellschaft stehen in enger Wechselwirkung zueinander. Daher werden sowohl für Bauern als auch für Finanzinstitute entsprechend tragbare staatliche Regelungen notwendig sein, um den mit dem Verlust der Biodiversität einhergehenden Druck zu lindern. Denn die Berücksichtigung und der Schutz natürlicher Ökosystemleistungen könnte ein stabiles Produktionssystem gewährleisten.

    Ein mögliches Rezept: Pflanzen anbauen und gleichzeitig den Boden heilen. Denkbar sind beispielsweise traditionelle Methoden wie die Fruchtfolge und Viehbeweidung zur Unkrautkontrolle.

    Landwirtschaft und Gesellschaft stehen in enger Wechselwirkung zueinander. Daher werden sowohl für Bauern als auch für Finanzinstitute entsprechend tragbare staatliche Regelungen notwendig sein, um den mit dem Verlust der biologischen Vielfalt einhergehenden Druck zu lindern

    Die aus der Grünen Revolution gezogenen Lehren sind ein starkes Argument zugunsten eines Übergangs zu einer Kreislauflandwirtschaft in der Landwirtschaft. Denn in einem zirkulären System liegt der Fokus auf der Abfallminimierung und Materialreduktion, während gleichzeitig mehr rezykliert, wiederverwendet und repariert wird. Dies schlägt sich in einem geringeren Wasser-, Pestizid- und Düngerverbrauch nieder – und zeigt gleichzeitig eine Alternative im Kampf gegen sinkende Erträge auf.

    Auch hochentwickelte Methoden wie die Präzisionslandwirtschaft, die auf Grundsätzen der Kreislaufwirtschaft beruht, bewirken einen umsichtigeren Einsatz von Wasser und Dünger.

    Der geschickte Einsatz neuer Technologien birgt einmal mehr das Potenzial, die Diskussion über Biodiversität und Lebensmittelproduktion neu anzustossen und voranzutreiben.

    Derzeit arbeiteten mehrere Unternehmen an der Entwicklung hin zu einer technologisierten Landwirtschaft. Firmen wie CLAAS ermöglichen Präzisionslandwirtschaft, indem sie einen Standort kartieren und standortspezifische Agrarmethoden empfehlen. Während die Pflanzen wachsen, sammelt CLAAS Daten und gibt  Empfehlungen zur Anpassung der Düngermenge. Und das autonome Luftfahrzeug von senseFLY überfliegt grosse Felder und zeichnet mittels Sensoren Bilder der Anbaupflanzen sowie andere Daten auf, um den Einsatz von Dünger und Wasser zu optimieren. So hat beispielsweise ein Team in Russland dank einer Drohne von senseFLY seinen Stickstoffdüngerverbrauch um 20% reduzieren können. Im Wesentlichen wird bei diesem Verfahren aufgrund von Drohnenbildern und Daten der Zustand der Pflanzen mit dem Idealwert verglichen. Falls erforderlich, empfiehlt die Software Kurskorrekturen in wenigen Tagen, bevor es zu spät ist.

    Einmal mehr birgt die Technologie das Potenzial, die Diskussion über Biodiversität und Lebensmittelproduktion neu anzustossen und voranzutreiben

    In der Präzisionslandwirtschaft verwendete Drohnen sowie ergänzende, KI-gestützte Software tragen dazu bei, die zur Erhaltung der Biodiversität erforderlichen Ziele zu erreichen bei gleichzeitig mehr Ernteertrag von bestehenden Feldern.

    Während neue Technologien für eine nachhaltigere Bewirtschaftung eine Chance darstellen, so ist der Technologieeinsatz in der Landwirtschaft nicht unumstritten. Die unter dem Namen CRISPR bekannte Technik zur Genbearbeitung verspricht die Produktion von Pflanzen, die gegen Fäule und Krankheiten resistent sind, und ermöglicht sogar die Veränderung von Insekten, die Pflanzen dezimieren. Die Verheissung von CRISPR liegt in seiner Fähigkeit, dem Genom von Arten selektiv wünschenswerte Eigenschaften hinzuzufügen oder unerwünschte zu entfernen. Die Vorteile einer solchen Technologie sind zwar zahlreich – ebenso aber die Nachteile. Die Regierungspolitik wird die gesellschaftlichen Auswirkungen bewerten und berücksichtigen müssen, bevor wir CRISPR zur Erhöhung der Biodiversität und Förderung der Kreislauflandwirtschaft einsetzen.


    Vielfalt für die Zukunft

    Globale Strategien wie die Saatgutbank in Svalbard, die zum Welttreuhandfonds für Kulturpflanzenvielfalt mit Sitz in Bonn, Deutschland, gehört, kümmern sich um die Erhaltung des Saatguts und genetischen Materials von Pflanzen – die die Grundbausteine der Biodiversität bilden.

    Darüber hinaus müssen wir uns mit dem Wie und Wo der Lebensmittelproduktion auseinandersetzen. Wir können es uns nicht leisten, immer mehr Landflächen zu vereinnahmen und es dann brachliegen zu lassen. Eine zirkuläre Landwirtschaft, die die Frage des Wie angeht – geringerer Wasserverbrauch, optimierter Düngereinsatz – führt ebenfalls zum Ziel. Angesichts der Dringlichkeit und Grösse des Problems braucht es einen allumfassenden Ansatz, bei dem alle vielversprechenden Technologien und Initiativen eine faire Chance erhalten.

     

    Wichtige Hinweise.

    Die vorliegende Marketingmitteilung wurde von der Bank Lombard Odier & Co AG oder einer Geschäftseinheit der Gruppe (nachstehend “Lombard Odier”) herausgegeben. Sie ist weder für die Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung in Rechtsordnungen bestimmt, in denen eine solche Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung rechtswidrig wäre, noch richtet sie sich an Personen oder Rechtsstrukturen, an die eine entsprechende Abgabe rechtswidrig wäre.

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