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    Alternativen zu Direktanlagen in China

    Alternativen zu Direktanlagen in China
    Michael Strobaek - Global CIO Private Bank

    Michael Strobaek

    Global CIO Private Bank
    John Woods - CIO APAC

    John Woods

    CIO APAC

    Key takeaways

    • Chinas politische Prioritäten haben die Märkte belastet und zum Nettoabfluss von Anlagegeldern geführt. Die zweitgrösste Volkswirtschaft der Welt ist zu gross, um ignoriert zu werden; sie birgt aber auch zu viel Unsicherheit, um Vertrauen unter den Anlegern zu schaffen.
    • Ende 2023 trennten wir uns von unseren strategischen Allokationen in chinesischen Anleihen und Aktien. Aus taktischer Sicht ist es noch zu früh für eine positive Einschätzung von Direktanlagen in chinesischen Aktien, Anleihen oder dem Yuan.
    • Wir erkennen aber taktische Alternativen zu Direktengagements in China, die in einem global ausgewogenen Portfolio einen Renditebeitrag leisten können.
    • Alternativen sind etwa Titel europäischer Luxusgüterhersteller sowie Aktien aus Südkorea und Taiwan, die wirtschaftlich mit China korrelieren. Nutzniesser des „Friendshoring“ wie Indien und Mexiko könnten ebenfalls von neuen Kapital- und Technologiezuflüssen profitieren.

     Jahrzehntelang glaubten Anlegerinnen und Anleger zu wissen, wie sie am chinesischen Aktienmarkt langfristige Renditen erzielen können. Sie berücksichtigten saisonale wirtschaftliche Effekte auf die Gewinne, die Sektorrotation zwischen staatlichen und privaten Unternehmen sowie die Auswirkungen der Kapitalflüsse und das Währungs-Overlay. Dann kam Präsident Xi Jinping an die Macht, und alles änderte sich.

    Chinas Staatspräsident scheint nach anderen Regeln zu spielen als die Anleger aus Industrieländern. Er verfolgt eine Politik, die seiner Regierung und seinem Land zugutekommen soll. Auf der Bedeutungsskala rangiert der Finanzmarkt – auch für lokale Anleger – weit abgeschlagen hinter dem Politikziel des sogenannten gemeinsamen Wohlstands (Common Prosperity), das Chinas Staat, Wirtschaft und Gesellschaft prägt.

    Diese Erkenntnis hat für Irritationen gesorgt. Der MSCI China Index ist, ausgehend von seinem Höchststand im März 2021, um mehr als 50% gefallen. Unter westlichen Anlegern machte sich die Ansicht breit, chinesische Aktien seien „uninvestierbar“. Dass die Aktienmärkte in den USA, Europa und Japan neue Rekordhochs vermelden, verstärkt diese Wahrnehmung.

    So flossen nach Angaben des staatlichen chinesischen Devisenamts im Jahr 2023 netto beinahe USD 69 Mrd. aus China ab. 2024 dürfte chinesischen Aktien und Anleihen laut dem Institute of International Finance ein ähnlich hoher Kapitalabfluss von USD 65 Mrd. drohen. Im Gegenzug sind ausländische Direktinvestitionen in andere Märkte geflossen.

    Doch China ist noch immer die zweitgrösste Volkswirtschaft der Welt und damit zu gross, um ignoriert zu werden. Allerdings ist China auch mit so vielen komplexen Problemen und Unsicherheiten belastet, dass Anleger dort nicht mit Zuversicht langfristig investieren können. Deshalb untersuchen wir alternative Möglichkeiten, um von der Entwicklung in China zu profitieren – Anlagechancen, die in gut diversifizierten, ausgewogenen Portfolios einen Renditebeitrag leisten können.

    China ist noch immer die zweitgrösste Volkswirtschaft der Welt und damit zu gross, um ignoriert zu werden. Allerdings ist China auch mit so vielen komplexen Problemen und Unsicherheiten belastet, dass Anleger dort nicht mit Zuversicht langfristig investieren können

    Zuckerrausch

    Chinesische Aktien mögen zwar in einer Baisse stecken, doch zuweilen bieten sich taktische Anlagechancen. In den sechs Wochen bis Mitte März etwa legte der MSCI China Index 11% zu. Auslöser waren Belege für eine wirtschaftliche Stabilisierung und die von der People’s Bank of China bereitgestellte Liquidität. Aggressive Käufe von staatlichen Stellen und/oder Instituten unter staatlichem Einfluss waren ein weiterer Faktor. Zudem war der Markt aus technischer Sicht überverkauft.

    Problematisch ist: Was heute günstig erscheinen mag, könnte morgen noch günstiger werden. Und diese Bärenmarktrallys sind ebenso häufig wie flüchtig. Sie bieten nur selten Möglichkeiten, dauerhafte Long-Positionen aufzubauen, bevor Anleger in den folgenden Wochen Gewinne wieder einbüssen. Das hat einen einfachen Grund: Früher waren es die Gewinne, die Bewertungen sowie technische Faktoren, die Chinas Märkte vorantrieben. Doch seit ein paar Jahren geben die politischen Rahmenbedingungen und Entscheidungsträger den Ton an. Die Anleger stellen fest, dass der Zeitpunkt der Bekanntgabe neuer Massnahmen sowie deren Inhalte und Auswirkungen schwierig zu prognostizieren sind.

    Die Anleger stellen fest, dass der Zeitpunkt der Bekanntgabe neuer Massnahmen sowie deren Inhalte und Auswirkungen schwierig zu prognostizieren sind

    Abgesehen von kurzfristigen Anlagechancen verhindern drei einflussreiche und strukturelle Faktoren eine kräftigere Rally an Chinas Aktienmärkten. Diese sind, in der Reihenfolge ihrer Wichtigkeit: der hochverschuldete Immobiliensektor, die resultierende Bilanzrezession – da Unternehmen diese Schulden abzahlen müssen – und wirtschaftliche Exzesse. Letztere sind das Ergebnis eines Entwicklungsmodells, das staatlich gelenkten Investitionen Vorrang gegenüber dem (privaten) Verbrauch einräumt.

    Hinzu kommt eine Vielzahl von Insolvenzen, Zahlungsausfällen und Konkursen neben verschiedenen Betrugsfällen. So hat in einem der schwersten Fälle von Finanzbetrug ein grosser Immobilienentwickler den eigenen Umsatz mutmasslich um USD 78 Mrd. zu hoch ausgewiesen.

    Alternativen zu Direktanlagen in China

    China-Anleger, die nicht in kurzlebigen Rallys den richtigen Zeitpunkt abpassen wollen, bieten sich Alternativen ausserhalb Chinas. Die Umsätze im europäischen Luxusgütersektor zum Beispiel sind seit Langem ein Spiegelbild der Ausgaben chinesischer Verbraucher für Nicht-Basiskonsumgüter. Einige bedeutende Unternehmen konnten die chinesischen Indizes bei Erholungsrallys übertreffen. Länder wie Südkorea und Taiwan oder die Aktienmärkte der ASEAN1-Länder korrelieren in wirtschaftlicher Hinsicht mit China. Häufig liegt das an der von Touristen ausgehenden Nachfrage. Positive Überraschungen in China können dann erheblichen Einfluss auf die Gewinnerwartungen in diesen Märkten haben.

    Anlegern, die eine klassische zyklische Erholung durch Konjunkturimpulse erwarten, bieten sich weitere Möglichkeiten. Sie können über Basismetalle wie Kupfer oder Rohstoffwährungen wie den australischen Dollar an der Nachfrage in der chinesischen Wirtschaft partizipieren. Trotz der anhaltenden Vertrauenskrise unter chinesischen Immobilienentwicklern bietet sich eine Möglichkeit für Engagements. 2023 überstieg die Zahl der Hausfertigstellungen erstmals seit 26 Jahren die Zahl der Hausbaubeginne. Eine Erholung ist möglich, weil Projekte über ein als „weisse Listen“ bekanntes Projektempfehlungssystem weiterhin finanzielle Unterstützung von behördlicher Seite erhalten. Die staatliche Unterstützung für Investitionen in den Grossstädten fördert zudem die Nachfrage nach Industrierohstoffen in China. Falls sich durch Pekings koordinierte Lockerung der Politik die Stimmung unter Hauskäufern auch nur leicht stabilisiert, könnte sich die Angebots- und Nachfrage-Situation bei Kupfer und Massenrohstoffen anspannen. An den Märkten könnte dies für eine Überraschung sorgen.

    Falls sich durch Pekings koordinierte Lockerung der Politik die Stimmung unter Hauskäufern auch nur leicht stabilisiert, könnte sich die Angebots- und Nachfrage-Situation bei Kupfer und Massenrohstoffen anspannen

    Bei solchen Alternativen ist eine disziplinierte Gewinnmitnahme angesichts der bestehenden komplexen, langfristigen Herausforderungen jedoch überaus wichtig. Zum Beispiel stützen die Hausfertigstellungen in China möglicherweise zwar die kurzfristige Nachfrage nach Industrierohstoffen. Dies impliziert aber auch, dass sich der Einbruch der Wohnimmobilienverkäufe in den letzten Jahren in Chinas Wachstum nicht angemessen widerspiegelt. Das wird sich ändern.


    Reshoring-Dividende

    Anleger können auch auf die vermuteten Nutzniesser der weltweiten Trends zum „Reshoring“ oder „Friendshoring“ setzen. Viel hängt davon ab, wie sich die globalen Lieferketten letztlich entwickeln. Auch die US-Präsidentschaftswahl könnte die Erwartungen in Bezug auf den Handel verändern. Trotzdem besitzen einige Länder eine gut diversifizierte Wirtschaft, die vom Abfluss von ausländischem Kapital und Technologie aus China infolge der geopolitischen Unsicherheit profitieren könnte.

    Dazu zählen insbesondere Indien, Japan, Mexiko und Polen. Indien bietet eine Kombination aus attraktivem strukturellen Wachstum samt günstiger Demografie und einer marktfreundlichen Politik, die eine schnellere Industrialisierung fördert. Zudem ist das Land strategisch günstig zwischen den von den USA und China angeführten Handelsblöcken positioniert. Indien ist in der Lage, im Sinne der eigenen langfristigen wirtschaftlichen Entwicklung Handel zu treiben und Investitionen zu tätigen. In vielen industrialisierten Ländern in der Region Asien-Pazifik (APAC) ist das anders. Dort könnten die Kosten für die Ausrichtung auf die USA und ihren Verbündeten den Nutzen des Friendshoring neutralisieren. Innerhalb des von den USA angeführten Blocks könnte Japan am stärksten profitieren. Denn Japan besitzt eine extrem wettbewerbsfähige Währung und hat fortschrittliche Handelsabkommen mit allen wichtigen Verbündeten der USA geschlossen. Ausserdem verzeichnet Japan einen langfristigen Wandel bei den strategischen Investitionsausgaben. Die Aktienmärkte beider Länder haben markant zugelegt, weshalb aktive Anleger vorerst geduldig sein sollten.

    Mexiko und Polen profitieren ebenfalls vom Friendshoring-Trend in den USA und Europa. Sie besitzen die richtigen Merkmale, um die neuen regionalen Produktionszentren zu werden: geografische Nähe, hohe Sensitivität gegenüber einem grösseren Exportmarkt und die Verbreitung von Technologie. Diese Produktionszentren würden dann in den kommenden Jahren Chinas Dominanz etwas verringern. Aus Sicht Mexikos könnte eine nach der US-Wahl mögliche Regierung Trump jedoch das Risiko von Schwierigkeiten an der Grenze verschärfen.

    Aus taktischer Sicht ist es unseres Erachtens noch zu früh für eine positive Einschätzung von Direktanlagen in chinesischen Vermögenswerten wie Aktien, Anleihen oder dem Yuan

    In Asien könnten die ASEAN-Länder zwar wirtschaftlich von Arbitrageeffekten bei den Ursprungsregeln für chinesische Industrieexporte profitieren ‒ vor allem Malaysia als regionales Zentrum für diese Aktivitäten. Aufgrund ihrer starken Korrelation mit China sind sie aber eher als Alternativen für China geeignet.

    Wir haben chinesische Anleihen und Aktien Ende 2023 aus unserer neuen strategischen Vermögensallokation entfernt, um unserer Beurteilung der langfristigen Herausforderungen des Landes Rechnung zu tragen. China ist einer von vielen Märkten in unserer Allokation in Schwellenländeraktien und entsprechenden Hartwährungsanleihen. Aus taktischer Sicht ist es unseres Erachtens noch zu früh für eine positive Einschätzung von Direktanlagen in chinesischen Vermögenswerten wie Aktien, Anleihen oder dem Yuan. Portfoliopositionen in Alternativen sind jedoch eine Überlegung wert, da sie Vorteile in Bezug auf die Diversifizierung und Ausgewogenheit bieten können. Darüber hinaus sind sie von vielen Unsicherheiten rund um das volatile politische Umfeld in China nicht betroffen

    1 Zur „Association of Southeast Asian Nations“ (ASEAN) gehören Indonesien, Malaysia, die Philippinen, Singapur, Thailand, Brunei, Vietnam, Laos, Myanmar und Kambodscha.

    Wichtige Hinweise.

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