investment insights

    Anhebung der Zinsen, Beruhigung der Märkte – herausfordernde Zeiten für die EZB

    Anhebung der Zinsen, Beruhigung der Märkte – herausfordernde Zeiten für die EZB
    Stéphane Monier - Chief Investment Officer<br/> Lombard Odier Private Bank

    Stéphane Monier

    Chief Investment Officer
    Lombard Odier Private Bank

    Kernpunkte

    • -Die EZB bestätigte das Ende der Ankäufe von Vermögenswerten und eine erste Zinserhöhung um 25 Bp. im Juli
    • Präsidentin Christine Lagarde deutete an, dass grössere Zinsschritte ab September möglich sind, was das Risiko eines geldpolitischen Fehlers erhöht
    • Im Vergleich zu den USA ist die Inflation in Europa mehr angebotsgetrieben, das Wachstum ist schwächer, und eine Fragmentierung des Euroraums gibt Anlass zur Sorge
    • Angesichts der Wachstumsrisiken wird der Zinserhöhungszyklus der EZB weniger deutlich ausfallen als derjenige der Fed. Wir gehen davon aus, dass die Zinsen im ersten Quartal 2023 ihren Höchststand bei 1,25% erreichen.

    Die Europäische Zentralbank (EZB) wird wie erwartet im Juli mit der Anhebung der Zinsen beginnen und damit dem Beispiel anderer Notenbanken der Industrieländer folgen. Allerdings steht die EZB vor ganz anderen Herausforderungen als die US-Notenbank Fed. Das macht einen weniger deutlichen Zinserhöhungszyklus in Europa wahrscheinlicher, mit einem Höchststand der Zinsen bei 1,25% im ersten Quartal 2023.

    Am 9. Juni hat die EZB die Absicht bestätigt, ihr Anleihekaufprogramm am 1. Juli zu beenden und die Zinsen an ihrer Sitzung am 21. Juli um 25 Basispunkte (Bp.) anzuheben. Die Zentralbank senkte ausserdem die Wachstumserwartung und erhöhte die Inflationsprognosen. Steigende Verbraucherpreise bleiben die Hauptsorge der EZB-Währungshüter. Die Inflation könnte der EZB zufolge im Jahr 2024 2,1% erreichen und damit leicht über dem Ziel der Zentralbank liegen.

    Sollten sich die Inflationsaussichten nicht verbessern, ist laut EZB-Präsidentin Christine Lagarde eine grössere Zinserhöhung um 50 Bp. im September möglich. Die Verbraucherpreisinflation in der Eurozone kletterte im Mai auf einen Rekordwert von 8,1% gegenüber dem Vorjahr und lag damit über den Konsenserwartungen von 7,8%. Der Krieg in der Ukraine sorgt für anhaltend hohe Energie- und Lebensmittelkosten, ist aber nicht der einzige Grund für den Preisdruck. Die Kerninflation, bei der Energie und Nahrungsmittel nicht berücksichtigt werden, erhöhte sich ebenfalls stärker als erwartet, nämlich auf 3,8%. Bei Dienstleistungen betrug die Preiszunahme 3,5% und bei Industriegütern 4,2%. Auch wenn es Anzeichen dafür gibt, dass die Teuerung ihren Höchststand fast erreicht hat, könnte die Gesamtinflation in den kommenden Monaten steigen.

    Die EZB kann wenig tun, um die Preise für importiertes Gas zu senken. Die Währungshüter zeigen sich aber besorgt über Sekundäreffekte, einschliesslich der Inflationserwartungen und Lohnverhandlungen. In den USA wird die Inflation vor allem durch die boomende Verbrauchernachfrage angetrieben. In Europa hingegen sind weitgehend Angebotsschocks für den Preisanstieg verantwortlich, und das Lohnwachstum ist wesentlich gedämpfter. Während die US-Notenbank die Nachfrage mit aggressiven Zinserhöhungen zu dämpfen versucht, wird erwartet, dass die europäischen Regierungen die Verbraucher vor den schlimmsten Folgen steigender Energiekosten bewahren.

    Steigendes Risiko

    Eine schnellere Straffung der Geldpolitik in der Eurozone würde das Risiko eines geldpolitischen Fehlers erhöhen. Die Marktteilnehmer erwarten, dass der Leitzins der EZB auf über 2% steigt. Wir halten das für zu hoch, da die Geldpolitik dann die Wirtschaft belasten und das Wachstum gefährden würde. Die Wirtschaft der Region befindet sich in einer schwierigeren Lage als die der USA. In Europa wird das Wachstum stärker durch den Krieg in der Ukraine beeinträchtigt und es ist weiterhin schwächer als vor der Pandemie. Die EZB erwartet nun für 2022 ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 2,8%, während wir mit 2,5% rechnen.

    Wir halten den vom Markt erwarteten Anstieg des EZB-Leitzinses auf über 2% für zu hoch, da die Geldpolitik dann die Wirtschaft belasten und das Wachstum gefährden würde

    Die EZB muss auch die Finanzstabilität aufrechterhalten und die Geldpolitik für die verschiedenen Volkswirtschaften steuern, ohne den Euroraum zu fragmentieren. Die Anspannung zeigt sich in den unterschiedlichen Renditen der Staatsanleihen. Die Renditedifferenz (Spread) zwischen italienischen und deutschen Schuldtiteln beträgt mehr als 200 Bp. und ist damit so gross wie seit 2018 nicht mehr. Sollte sich diese Differenz auf 300 Bp. ausweiten, wird die EZB möglicherweise handeln müssen. Sie bleibt offen für den Kauf von Anleihen europäischer Länder.

    Die Anleger konzentrieren sich auf das Tempo und den Umfang der Zinserhöhungen sowie auf Massnahmen, die eine Ausweitung der Spreads verhindern sollen. Die Beendigung der Ankäufe von Vermögenswerten im Juli sowie die Zinserhöhung und eine weitere Anhebung der Kreditkosten der Banken um 50 Bp. für drei Jahre am 23. Juni, wenn eine andere Massnahme ausläuft, würden die Finanzierungsbedingungen erheblich verschärfen. Die EZB bleibt natürlich „datenabhängig“. Doch wir erwarten, dass sie nach der Anhebung im Juli die Zinserhöhungen schrittweise und flexibel fortsetzt, bis der Einlagensatz Anfang 2023 1,25% erreicht.

    Wichtige Hinweise.

    Die vorliegende Marketingmitteilung wurde von der Bank Lombard Odier & Co AG (nachstehend “Lombard Odier”) herausgegeben. Sie ist weder für die Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung in Rechtsordnungen bestimmt, in denen eine solche Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung rechtswidrig ist, noch richtet sie sich an Personen oder Rechtsstrukturen, an die eine entsprechende

    Entdecken Sie mehr.

    Sprechen wir.
    teilen.
    Newsletter.