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    Exklusivinterview mit Patrick Odier über Private Banking und Nachhaltigkeit im Jahr 2021

    Exklusivinterview mit Patrick Odier über Private Banking und Nachhaltigkeit im Jahr 2021

    Interview veröffentlicht am 18. November 2021, in der Süddeutschen Zeitung

     

    Süddeutsche Zeitung: Lombard Odier gibt es seit 1796, die Bank hat 40 Finanzkrisen überlebt, zwei Weltkriege. Wie lautet Ihre Unternehmensphilosophie?

    Patrick Odier: Wir sind ein Familienunternehmen. Ich bin Vertreter der sechsten Generation. Wir treffen nur langfristige Entscheidungen und versuchen kurzfristige Tendenzen zu vermeiden, auch wenn sie sehr profitabel sein können. Unsere Philosophie heißt: Wenn es den Kunden gut geht, dann geht es auch der Firma gut.

     

    Hat man eine besondere Verantwortung, wenn man Odier heißt?

    Wenn wir das Privileg haben, Partner zu werden, dann müssen wir uns als Treuhänder verhalten. Wir wollen, dass die Firma in einem besseren Zustand ist, wenn wir uns zurückziehen, als wenn wir ankommen. Dies gilt auch hinsichtlich unseres eigenen Rufes, der Qualität der Kundschaft und unserer Produkte und Dienstleistungen – besoinders, wenn man seinen Namen an der Tür hat.

    Wir wollen, dass die Firma in einem besseren Zustand ist, wenn wir uns zurückziehen, als wenn wir ankommen. Dies gilt auch hinsichtlich unseres eigenen Rufes, der Qualität der Kundschaft und unserer Produkte und Dienstleistungen

    Der Name verpflichtet?

    Wir als Gründerfamilie müssen unsere Werte der Firma immer wieder verteidigen. Wir müssen bei uns selbst anfangen. Der Einfluss ist immer am höchsten, wenn sich die Chefs beispielhaft verhalten, ausdrücken und kommunizieren. Das ist in einem Familienunternehmen vielleicht noch wichtiger als in anderen Firmen.

     

    Können Sie dafür ein Beispiel geben?

    Wir versuchen das Kapital der Firma so liquide wie möglich zu halten - als Garantie für den Fall einer Krise. Da wir es nicht investieren, machen wir damit keine Rendite. Unsere Rendite hängt vielmehr von der Qualität unserer Dienstleistung ab. Wenn sich die Vermögenswerte unserer Kunden positiv entwickeln, dann erhöht sich die Basis, aus der wir unsere Vergütung ziehen. Unsere Motivation, einen guten Job zu machen, ist also sehr hoch. Denn wir können eine schlechte Performance nicht mit anderen Geschäften ausgleichen.

     

    Auch einige andere Private Banking Häuser arbeiten so.

    Die Kunden kommen zu uns, weil sie wissen, dass die Vermögensverwaltung unser Kerngeschäft ist. Sie wollen nicht nur ihr Vermögen bei uns deponieren, sondern erwarten auch Beratung und besondere Dienstleistungen. Sie übertragen uns dafür die Verantwortung.

    Wer zählt zu Ihren Kunden?

    Ein Großteil unserer Vermögenswerte stammt von Privatkunden aus Familienunternehmen, oft sind es Unternehmer der ersten Generation. Bei unserem Privatkundengeschäft ist ein Drittel unserer Kunden in der Schweiz, ein Drittel in Europa und ein Drittel hauptsächlich in Südostasien und dem Mittleren Osten. Insgesamt sind etwa ein Viertel unserer Kundschaft institutionelle Kunden. Ein Teil unserer Kundschaft kommt außerdem zu uns, um unsere Technologieplattform zu nutzen.

     

    Wie hat sich denn durch die Corona-Krise das Geschäft verändert?

    Die Kunden haben es geschätzt, dass wir sehr präsent waren während der Krise. Wir hatten die Technologie, um auch während des Lockdowns mit der Kundschaft regelmäßig über Investitionsszenarien zu sprechen und sie durch die Krise zu begleiten. In gewissen Bereichen wird das nun vielleicht Standard.

     

    Ist im Private Banking der persönliche Kontakt nicht mehr so wichtig?

    Doch – der persönliche Kontakt ist und bleibt im Private Banking wichtig. Allerdings unterstützt Technologie die Interaktion mit dem Kunden. Die Vertraulichkeit ist nicht gefährdet. Denn die Technologie erlaubt uns heute auf sicherem Weg die Dienstleistung zu offerieren. Wir haben die Risiken reduziert, diversifiziert, Gelegenheiten genutzt, das Resultat war sehr positiv.

     

    Dazu haben auch die steigenden Aktienmärkte beigetragen.

    Natürlich haben hier auch die Märkte geholfen, dass die Performance sehr positiv war. Unsere Neugeld-Zuflüsse sind sehr hoch, das Vertrauen der Kunden hat sich während der Krise noch stärker entwickelt, fast 70 Prozent unseres Geldes sind Vermögensverwaltungs- und Beratungsmandate.

     

    Dafür muss ein Kunde fünf Millionen Franken mitbringen, oder?

    Nein, aber wenn der Betrag unter einer Million Franken liegt, müssen wir Produkte wie Fonds benutzen, die weniger personalisiert sind als wenn jemand mit fünf oder zehn Millionen kommt. Wenn das Vermögen zu klein ist oder der Kunde es nur deponieren möchte, ist es für ihn bei einer anderen Bank günstiger.

     

    Wollen Sie in die digitalen Strukturen stärker investieren?

    Ja, wir sind heute im Bereich Technologie mitten in der zweitgrößten Investition seit der Gründung unserer Firma. Wir erneuern die ganze Plattformarchitektur, aber digitalisieren auch unsere Dienstleistung.

     

    Können die Kunden bei Lombard Odier auch nachhaltige Fonds digital kaufen?

    Das können sie. Zudem sind wir dabei zu analysieren, ob wir die Blockchain-Technologie dafür nutzen können, um Prozesse zu vereinfachen und zu beschleunigen. Vielleicht ist die Technologie auch eine Lösung, um Positionen sicherer und schneller zu kaufen. Hier müssen wir sehen, ob die Technik so viel bringt wie wir es hoffen.

     

    Spüren Sie ein stärkeres Interesse der Kunden an nachhaltigen Produkten?

    Alle sehen, dass unser Wirtschaftsmodell an seine Grenzen stößt. Es gibt Kunden, die sich eher mit Natur beschäftigen, andere mit Klima, Wasser, Abfall oder Kreislaufwirtschaft. Insgesamt gibt es aber kaum noch Gespräche mit Kunden, die nicht mit Nachhaltigkeit zu tun haben.

    Es gibt Kunden, die sich eher mit Natur beschäftigen, andere mit Klima, Wasser, Abfall oder Kreislaufwirtschaft. Insgesamt gibt es aber kaum noch Gespräche mit Kunden, die nicht mit Nachhaltigkeit zu tun haben

    Bisher fehlen internationale Standards. Auf EU-Ebene werden jetzt Regeln definiert, auch in der Schweiz gibt es Initiativen, aber vieles ist noch sehr schwammig. Sie arbeiten im Bereich Nachhaltigkeit auch mit der Universität Oxford zusammen. Warum?

    Wir arbeiten unter anderem mit der Oxford Universität, weil wir nur als Bankiers spezialisiert sind. Wir sehen uns als Tell des Lösung. Wir möchten verstehen, was wir mit Kapital oder Vermögensallokation erreichen können. Und hier hilft uns die Wissenschaft, eine Methodologie zu entwickeln.

     

    Das klingt sehr komplex.

    Es ist auch sehr komplex. Wir möchten verstehen, wie sich ein Sektor im Bereich Energie, Nahrungsmittel oder Pharma entwickeln muss, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen. Nehmen wir die Temperatur. Vor zehn Jahren existierte das Konzept nicht im Finanzbereich. Heute wird bei Lombard Odier neben der Performance und den Risiken auch die Temperatur eines Portfolios bewertet.

     

    Das müssen Sie erklären.

    Alle Portfolios können dazu beitragen, dass sich die Temperatur in der Atmosphäre in der Zukunft erhöht oder vermindert, deswegen haben wir diesen Maßstab bei allen Portfolios eingeführt. Daneben haben wir noch andere Kriterien. Wenn Sie wissen wollen, wie viel ihres Sparens zur Verschmutzung des Wassers beiträgt, können wir Ihnen dies sagen und darüber einen Dialog führen und ihr Portfolio entsprechend anpassen.

     

    Das können die Kunden dann buchen?

    Ja. Und als Nächstes wollen wir auch mit Universitäten einen Maßstab für Biodiversität entwickeln. Dann können wir für unsere Kunden viel leichter ein Portfolio anlegen, das die Biodiversität weniger bedroht.

     

    Kritiker bemängeln, dass viele Berater im Bereich Nachhaltigkeit gar nicht ausgebildet sind. Welche Anforderungen stellen Sie an Ihre Bankiers?

    Wir haben Ausbildungsprogramme für unsere eigenen Leute entwickelt, denn alle unsere Bankiers müssen den Kunden erklären können, wieso es wichtig und vernünftig ist, nachhaltig zu investieren.

     

    Ein anderer Vorwurf lautet, dass Banken nur Greenwashing betreiben würden. Da gibt es aktuell einige Vorfälle, etwa bei der DWS. Könnte so etwas bei Lombard Odier auch passieren?

    Wir versuchen alles zu tun, damit dies nicht passiert. Aber man kann nie vollständig ausschließen, dass in einer Position von unseren 352 Milliarden an Vermögenswerten keine einzige Ausnahme zu finden ist. Bei alternativen Anlageklassen kann es zum Beispiel noch Schwierigkeiten geben, in einem Index oder Korb kann es womöglich noch eine Firma geben, die womöglich (noch) nicht dazu gehören sollte. Hier muss die gesamte Finanzbrache noch die Werkzeuge fortlaufend erweitern, um das zu vermeiden.

     

    Wie kann das denn vermieden werden?

    Die Beschreibung und die Definition der Anlage muss klar sein. Wenn wir sagen, ein Fonds ist nachhaltig, dann muss dieser es auch sein. Wir müssen das überprüfen können und transparente und noch bessere Zielsetzungen treffen.

     

    Als Sie von dem Fall bei der DWS gehört haben, sind dann bei Ihnen die Alarmglocken angegangen?

    Wir hatten einen Dialog mit unseren Behörden, der gezeigt hat, dass Lombard Odier sich in diesem Bereich gegenüber der Konkurrenz schon sehr weit entwickelt hat. Wenn es in der Industrie ein Risiko gibt, müssen wir uns aber immer fragen, ob wir uns noch verbessern können. Transparenz ist ein Ziel, das wir verfolgen müssen.

     

    Bei grünen Bonds gibt es derzeit einen Boom. Ist da wirklich alles grün?

    Das sind noch relativ neue Instrumente, die es erst seit 2008 gibt. Die letzte Entwicklung in diesem Bereich ist explodierend. Viele Firmen haben verstanden, dass es einfacher ist, Kapital zu bekommen, wenn es sich um ein grünes Projekt handelt. Deswegen machen viele Firmen erste Schritte Richtung Nachhaltigkeit. Wenn sich zum Beispiel eine Ölfirma mit grünen Bonds im Bereich Sonnenenergie entwickeln möchte, ist es sehr wichtig, dass alle diese neuen Vehikel genau geprüft und von unabhängiger Stelle überwacht werden, um Greenwashing zu vermeiden.

    Wir sehen uns als Tell des Lösung. Wir möchten verstehen, was wir mit Kapital oder Vermögensallokation erreichen können. Und hier hilft uns die Wissenschaft, eine Methodologie zu entwickeln

    Sie waren von 2009 bis 2016 Vorsitzender der Schweizer Bankiervereinigung. Damals ging es um das umstrittene Schweizer Bankgeheimnis, den Steuerstreit mit den USA, den von der EU favorisierten automatischen Informationsaustausch. Nun sind Sie Vorsitzender der Vereinigung Swiss Sustainable Finance und wollen die Schweiz zum führenden Zentrum für Finanzen machen und müssen sich mit Greenwashing auseinandersetzen. Welche Aufgabe ist denn schwieriger?

    Als Präsident der Bankiervereinigung hatte ich mit der Vergangenheit zu tun, in der neuen Verantwortung habe ich es mit der Zukunft zu tun. Und das finde ich fantastisch. Es war schon schwierig, den Schweizer Bankensektor zu reformieren, die Schweiz ist heute jedoch immer noch das größte Finanzzentrum für internationale Vermögensverwaltung.

     

    Also war es gar nicht so schlimm, auf das Bankgeheimnis zu verzichten?

    Es war eine Herausforderung, 350 Banken davon zu überzeugen: weltweiter Informationsaustausch, neue Modelle und Standards für Steuer und um Geldwäscherei zu verhindern – das haben wir alles eingeführt. Heute kann man sagen, dass Banken Teil der Lösung sind und nicht mehr Teil des Problems. Überall in der Welt gibt es Ausnahmen, auch im Bereich Nachhaltigkeit. Das ist eine Reise. Ich versuche die richtigen Themen im richtigen Moment auf die Agenda zu bringen.

     

    Was steht aktuell an?

    Ende November organisieren wir zusammen mit der Uno eine weltweite Konferenz in Genf namens Building Bridges, bei der wir Regierungen, NGOs und den Privatsektor an einen runden Tisch bringen. Denn wir müssen zusammen sprechen. Solange Regierungen noch umweltverschmutzende Industrien subventionieren, bleibt es schwierig. Wie lange müssen diese Unterstützungen noch sein? Können wir uns konkrete Ziele setzen? Und wie erreichen wir diese, ohne andere Probleme zu kreieren? Solche Themen sprechen wir an.

     

    Lombard Odier ist auch im Bereich Impact Investing und Philanthropie sehr engagiert. Bei solchen Projekten ist es schwer festzustellen, ob diese tatsächlich etwas Positives bewirken.

    Hier arbeiten wir auch mit den Universitäten zusammen, um dies künftig besser messen zu können. Die Nachfrage für Philanthropie hat sich stark entwickelt. Wir haben eine Dachstiftung Philanthropia, die versucht, kostengünstig die besten Ideen zu finden. Oftmals entwickeln sich daraus konkrete Investitionsprojekte. Unsere Kunden konnten zusammen mit dem Internationalen Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) etwa in Projekte in Afrika investieren.

     

    Lombard Odier war ja auch schon 1863 bei der Gründung des Roten Kreuzes sehr engagiert. Ende 2022 übergeben Sie die Leitung an Hubert Keller. Wäre es nicht schön, wenn ein Odier die Bank weiterführt?

    Natürlich wäre das schön. Vielleicht wird es in der Zukunft nochmals einen Odier als Nachfolger geben. Meine Kinder können sich noch in diese Richtung entwickeln.
    Es geht aber darum, die richtige Person zur richtigen Zeit für die richtigen Bedürfnisse zu haben. Mit Hubert Keller, dessen Vater schon teilhabender Partner unseres Hauses war, haben wir diese Persönlichkeit gefunden.

    Wichtige Hinweise.

    Die vorliegende Marketingmitteilung wurde von der Bank Lombard Odier & Co AG oder einer Geschäftseinheit der Gruppe (nachstehend “Lombard Odier”) herausgegeben. Sie ist weder für die Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung in Rechtsordnungen bestimmt, in denen eine solche Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung rechtswidrig wäre, noch richtet sie sich an Personen oder Rechtsstrukturen, an die eine entsprechende Abgabe rechtswidrig wäre.

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