rethink sustainability

    Auf in eine nachhaltige Zukunft der Luftfahrt

    Auf in eine nachhaltige Zukunft der Luftfahrt

    Eine CO2-freie Flotte von Passagierflugzeugen – dieses ultimative Ziel der nachhaltigen Luftfahrt rückte im vergangenen Monat etwas näher, als der Flugzeugbauer Airbus die drei Designkonzepte vorstellte, mit denen er bis 2035 ein wasserstoffgetriebenes Flugzeug auf den Markt bringen will. Wenige Tage später ging ZeroAvia mit dem weltweit ersten Wasserstoffflugzeug, das auf einem am Markt erhältlichen Flugzeugtyp basiert, auf Jungfernflug.

    Die Branche ist sich bewusst: Das Ziel ist eine nachhaltige Zukunft der Luftfahrt. Nach den neuesten Daten ist die Luftfahrt für 1,9% der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Ohne eine nachhaltigere Luftfahrttechnologie dürften die Emissionen bis 2050 um über 300% steigen. Der Innovationsdruck der Branche, CO2-neutral zu werden, ist entsprechend hoch.

    Die COVID-19-Pandemie hat diese Herausforderung noch verstärkt. Insgesamt dürfte die Anzahl der Flüge im Jahr 2020 um 35% bis 65% niedriger ausfallen als letztes Jahr. Das führte zwar kurzfristig zu einen willkommenen Rückgang der CO2-Emissionen. Der wesentlich weniger willkommene Umsatzrückgang jedoch dürfte die Forschungs- und Entwicklungsbudgets, die notwendig sind, um die Luftfahrt klimaneutral zu gestalten, unter Druck setzen.

    Nie war es für Anleger entscheidender als heute, sich auf nachhaltige Schlüsseltechnologien in der Luftfahrt zu fokussieren. Welche hat die grössten Chancen, eine Nachhaltigkeitsrevolution im Luftverkehr zu bewirken?

    Nie war es für Anleger entscheidender als heute, sich auf nachhaltige Schlüsseltechnologien in der Luftfahrt zu fokussieren. Welche von ihnen hat die grössten Chancen, die Klimawirkung am stärksten zu mindern und damit eine Nachhaltigkeitsrevolution im Luftverkehr zu bewirken?


    Elektrizität in der Luft

    Während im Schienenverkehr keine nachhaltigeren Alternativen verfügbar sind, stehen batteriebetriebene Flugzeuge in den Startlöchern: easyJet hofft, bis 2030 Elektroflugzeuge auf Strecken unter 500 km einsetzen zu können, und Norwegen will bis 2040 alle Kurzstreckenflüge elektrifizieren. Die Elektrifizierung von Flugzeugen könnte auch neue, energieeffizientere Designs hervorbringen, bei denen die ein oder zwei grossen Triebwerke heutiger Flugzeuge durch viele kleinere Propeller an den Flügeln oder am Rumpf ersetzt werden. Selbst elektrische Senkrechtstarter könnten zahlreicher werden. Dass sie das Fliegen in urbanen Gebieten zu einer praktischeren Alternative machen könnten, ist durchaus denkbar, da sie mit kleineren Landeplätzen auskommen, die man näher an den Stadtzentren errichten kann.

    Die Elektrifizierung von Flugzeugen könnte neue, energieeffizientere Designs hervorbringen

    Die heute zur Verfügung stehende geringe Energiedichte von Batterien stellt allerdings weiterhin ein Problem bei Langstreckenflügen dar. Kerosin enthält rund 30 Mal mehr Energie pro Kilogramm als die besten zurzeit verfügbaren Lithium-Ionen-Akkus. Und während die heutigen Flugzeuge durch ihren Treibstoffverbrauch Gewicht verlieren, würde ein batteriebetriebenes Flugzeug bei der Landung genauso viel wiegen wie beim Start. Während also elektrische Kurzstreckenflüge in Sicht sind, sind Batterien weiterhin zu gross und zu schwer, um Flüge von Hunderten von Menschen über Tausende von Kilometern zu ermöglichen. Ändern kann sich das nur durch einen langfristigen technologischen Paradigmenwechsel, den Feststoffbatterien bewirken könnten. Bis dahin könnten hybride Flugzeuge als Brückentechnologie dienen.

    Grünes Design

    Kurzfristig lässt sich der CO2-Fussabdruck des Fliegens am einfachsten durch die Verringerung des Treibstoffverbrauchs reduzieren. Zu den einfachsten Methoden gehören Computerprogramme wie SkyBreathe, das die Treibstoffeffizienz von Flugplänen automatisch optimiert.

    Es gibt aber auch bessere Designs, die den Unterschied machen. Manche Flugzeuge der neuesten Generation brauchen so bis zu 20% weniger Energie als ältere Modelle. In erster Linie zu verdanken ist das einem verbesserten Nebenstromverhältnis, das heisst der Schubkraft, die vom am Triebwerk rotierenden Fan erzeugt wird. Je höher das Nebenstromverhältnis, umso weniger Treibstoff wird benötigt. Moderne Flugzeuge haben auch eine verbesserte Aerodynamik und bestehen aus leichteren Materialien.

    Kurzfristig lässt sich der CO2-Fussabdruck des Fliegens am einfachsten durch die Verringerung des Treibstoffverbrauchs reduzieren. Doch auch bessere Designs machen den Unterschied

    Die begrenzten Optimierungsmöglichkeiten heutiger Designkonzepte bedeuten aber, dass eine radikale Verbesserung der Treibstoffeffizienz eine gleichermassen radikale Änderung des Flugzeugdesigns erfordert. Wie Verkehrsflugzeuge in Zukunft aussehen könnten, präsentierte die Fluggesellschaft KLM am Beispiel des neuartigen Flugzeugtyps „Fliegendes V“, ein hybrides Flügeldesign („Blended Wing Body“), bei dem Passagiere in den Flügeln untergebracht werden. KLM zufolge soll das leichtere, aerodynamisch optimierte Design den Treibstoffverbrauch gegenüber einem Airbus A350 bei gleicher Fracht- und Passagierkapazität (314 Personen) um 20% senken.

    Wenn ein radikal neues Design USD 30 bis USD 40 Milliarden kostet, stellt die Einführung einer völlig neuen Flugzeugplattform eine grosse Herausforderung dar. „Es gibt ein Duopol aus Boeing und Airbus”, sagte R. John Hansman, Professor für Luftfahrttechnik am Massachusetts Institute of Technology. „Und in der heutigen Welt, in der es einen Auftragsrückstand für Flugzeuge gibt, kann ein Unternehmen nicht wirklich alle Arten von technischen Risiken rechtfertigen. Die Eintrittsbarriere für ein grosses Flugzeug ist ausserordentlich hoch.“ Ausserdem wären diese neuen Designs immer noch auf herkömmliches Kerosin angewiesen, und die steigende Passagiernachfrage in den nächsten Jahrzehnten dürfte jede Effizienzverbesserung aufwiegen.


    Wasserstoff: neue Höhenflüge oder alles nur Hype?

    Der Bedarf an einem energiedichten Flugkraftstoff bedeutet, dass wir für Langstreckenflüge wahrscheinlich noch jahrzehntelang flüssige Treibstoffe brauchen werden. Doch diese müssen nicht unbedingt fossiler Art sein. Ein vielversprechender Favorit als alternative Energiequelle ist Wasserstoff. Dieser weist die erforderliche Energiedichte auf, um ein Flugzeug in der Luft zu halten, und hinterlässt bei dessen Verbrauch bloss Wasserdampf, keine Schadstoffe wie CO2.

    Der Bedarf an einem energiedichten Flugkraftstoff bedeutet, dass wir für Langstreckenflüge wahrscheinlich noch jahrzehntelang flüssige Treibstoffe brauchen werden. Doch diese müssen nicht unbedingt fossiler Art sein

    Glenn Llewellyn, Airbus-Vizedirektor der Null-Emissionstechnologie, drückte seine Skepsis gegenüber Batterien wie folgt aus: „Wir halten das nicht für eine heute relevante Technologie für Verkehrsflugzeuge und sehen in Wasserstoff mehr Potenzial.“ Diese Zuversicht wurde deutlich, als Airbus vor Kurzem drei Designs für emissionsfreie Verkehrsflugzeuge vorstellte, die bis 2035 serienreif sein könnten: ein von einer modifizierten Gasturbine angetriebenes Turbofan-Design für bis zu 200 Passagiere und Strecken von bis zu gut 2‘000 Seemeilen; ein Blended-Wing-Body-Design mit ähnlicher Passagierkapazität und Reichweite sowie ein Turboprop-Design mit einer Passagierkapazität von 100 Personen und einer Reichweite von über 1‘000 Seemeilen.

    Doch bis dahin sind noch etliche Hürden zu nehmen. Die grösste von ihnen ist die Tatsache, dass bei der Dampf-Methan-Reformierung (Steam Methane Reforming, SMR) – der gebräuchlichsten Methode zur Wasserstofferzeugung – bis zu 150 g Treibhausgase pro Kilowattstunde freigesetzt werden. Die Elektrolyse ist zwar eine CO2-neutrale Methode zur Herstellung von Wasserstoff (sofern die erforderliche Elektrizität mit Kernenergie oder erneuerbaren Energien erzeugt wird), derzeit aber kostenintensiver als die SMR. Obwohl sich die Anleger zunehmend auf grünen Wasserstoff fokussieren, da regulatorische Änderungen, einschliesslich des Green Deal der EU und des neuen chinesischen CO2-Neutralitätsziels, die Wichtigkeit von Kapazitätserweiterung und Kostensenkung deutlich machen, konkurrieren verschiedene Sektoren, wie Stahl, Zement, Chemie, Heizung und andere Formen des Langstreckenverkehrs, um dieses begrenzte Angebot. Während also Projekte wie BIG HIT auf Orkney und HyBalance in Dänemark das effiziente Verfahren der Wasserstoffherstellung beweisen, sind zweifelsohne weitere Forschungen und Investitionen erforderlich, bevor Wasserstoff zum Energieträger einer nachhaltigen Luftfahrtbranche werden kann.

    ... Es sind weitere Forschungen und Investitionen erforderlich, bevor Wasserstoff zum Energieträger einer nachhaltigen Luftfahrt werden kann

    Weiterhin Flüssigtreibstoffe

    Eine andere Klasse alternativer Flüssigtreibstoffe ist einem Marktdurchbruch wesentlich näher. Nachhaltige Flugkraftstoffe, sogenannte „Sustainable Aviation Fuels“ (SAF) – einschliesslich Biotreibstoffe –, können zum Beispiel aus Rohstoffen wie Altfetten und -ölen, Pflanzenölen, Hackschnitzeln oder sogar Hausmüll hergestellt werden. Zwar wird beim Verbrennen von SAF immer noch CO2 freigesetzt, doch die zur Herstellung benötigten Rohstoffe entstehen dadurch, dass der Atmosphäre CO2 entzogen wird. Die gesamten CO2-Emissionen von SAF sind daher um 65% bis 95% niedriger als die von herkömmlichem, fossilem Kerosin. Das Beste: Schon heute ist der Einsatz von nachhaltigen Kraftstoffen im Luftverkehr möglich.

    Nachhaltige Flugkraftstoffe (Sustainable Aviation Fuels, SAF) – einschliesslich Biotreibstoffe – können aus vielfältigen Rohstoffen wie Altfetten und -ölen, Pflanzenölen, Hackschnitzeln oder sogar Hausmüll hergestellt werden

    Aber: Noch sind die Biotreibstoffe der ersten Generation nicht nachhaltig genug für eine Energiewende im Luftverkehr. Das grosse Problem ist, dass SAF immer noch zwei bis fünf Mal teurer sind als fossile Flugzeugtreibstoffe. Hinzu kommt das Kapazitätsproblem. Heute stellen SAF nur 0,1% des Kerosins weltweit dar. Optimistischsten Schätzungen zufolge könnten sie 2035 gerade einmal 4% bis 8% ausmachen.

    Dennoch könnten Kapazitätserweiterungen und Innovationen bei der Produktion den flächendeckenden Einsatz von SAF rentabel machen. Von den sechs zertifizierten Arten von SAF ist der auf hydrierten Estern und Fettsäuren basierende HEFA (Hydroprocessed Fatty Acid Esters and Free Fatty Acid) zurzeit der preiswerteste und kommerziell reifste SAF. Hergestellt wird dieser aus Altspeiseöl, Tierfetten und Pflanzenölen. Auf kurze bis mittlere Sicht könnte die HEFA-Produktion gesteigert werden, indem man die Sammlung von Altfetten und -ölen verbessert und bisher anderweitig eingesetztes rohes Pflanzenöl verwendet. Es ist aber noch ein weiter Weg, bis man die weiterhin steigende Nachfrage nach Flugkraftstoff wird decken können. Zudem darf der Anteil von SAF in Mischungen mit herkömmlichem Kerosin nicht über 50% liegen.

    Langfristig brauchen SAF einen nachhaltigeren Produktionsrahmen, der Biomasse wie Rückstände der Land- und Forstwirtschaft nutzbar macht. Diese Methoden sind weniger ausgereift als HEFA. So erreichen die ersten Anlagen kommerzieller Grösse, die SAF mithilfe der Alcohol-to-Jet-Technologie oder durch Vergasung bzw. nach dem Fischer-Tropsch-Verfahren herstellen, gerade einmal das Planungs- oder Baustadium. Viele dieser Anlagen sind auf eine Produktion von weniger als 0,1 metrischen Tonnen pro Jahr ausgelegt. Die Entwicklung, Konstruktion und Inbetriebnahme mehrerer kommerzieller Anlagen dürfte entsprechend noch mindestens ein Jahrzehnt andauern. Indessen haben weniger ausgereifte Technologien, die eine erhöhte Effizienz versprechen oder aber billigere Rohstoffe verwenden – wie Pyrolyse und hydrothermische Verflüssigung – noch diverse Produktions- und Investitionshürden zu überwinden und sind somit erst recht nicht marktfähig.

    Langfristig brauchen Biokraftstoffe einen nachhaltigeren Produktionsrahmen, der Biomasse wie Rückstände aus der Land- und Forstwirtschaft nutzbar macht

    Neben den sechs bestehenden zertifizierten SAF ist Elektrokraftstoff (E-Fuel) ein weiterer vielversprechender Weg. Dieser wird mithilfe erneuerbarer Elektrizität erzeugt, um Wasserstoff aus Wasser zu extrahieren und mit CO2 aus der Atmosphäre zu binden. Da seine „Zutaten“ im Überfluss vorhanden sind, könnte Elektrokraftstoff das Potenzial haben, den Treibstoffbedarf der gesamten Luftfahrt zu decken. Damit E-Fuels ihr Potenzial jedoch ausschöpfen können, müssen die für die Anlagen erforderlichen Kosten gesenkt und die Konversionseffizienz verbessert werden, auf deren gegenwärtigem Niveau Elektrokraftstoff preislich nicht konkurrenzfähig ist. Dazu ist eine umfassende Forschung und Entwicklung erforderlich.

    Trotz alledem machen die relativ hohe Marktfähigkeit und die Kompatibilität mit der bestehenden Technologie SAF zumindest kurzfristig zur aussichtsreichsten CO2-armen Lösung für den Langstreckenluftverkehr. Verbesserte politische Rahmenbedingungen dürften ihnen Auftrieb verleihen. Zahlreiche europäische Länder führen zurzeit SAF-Pflichten ein. Ausserdem hat die Initiative ReFuelEU im Rahmen des Green Deal der EU verbindliche Verpflichtungen für Mindestanteile von SAF, dessen Verhältnis zu herkömmlichen Treibstoffen sukzessive angehoben werden würde, sowie verbesserte Anreize und Unterstützungsmechanismen vorgeschlagen. 

    ... Die relativ hohe Marktfähigkeit und Kompatibilität mit bestehenden Technologien macht SAF zur aussichtsreichsten CO2-armen Lösung für den Langstreckenluftverkehr

    Kurswechsel

    In Bezug auf die Erreichung einer nachhaltigen Luftfahrt gilt es weiterhin, Herausforderungen zu begegnen. Auf Kurzstrecken könnte die Energiewende kurz bevorstehen, doch 80% der Emissionen stammen von Flügen von mehr als 1’500 km. Hier werden aufgrund des Problems der Energiedichte noch lange Flüssigtreibstoffe benötigt werden. Und obwohl SAF und Wasserstoff vielversprechende Forschungsthemen sind, bleiben die technologischen Herausforderungen immens. Unterdessen dürften schnellere, nachhaltigere landgestützte Verkehrsoptionen wie zum Beispiel Hyperloop und Magnetschwebebahnen sowie ein Umdenken hin zu einem nachhaltigen Reiseverhalten und Tourismus dazu beitragen, die dringend benötigte CO2-Lücke zu schliessen. Eine nachhaltige Entwicklung fordert uns auf, Wissen neu zu denken. Eine nachhaltige Luftfahrt bleibt also nur eine Frage der Zeit. Ob dieser Traum früher oder später wahr werden wird, hängt letztlich davon ab, welche Investitionen wir in diese Herausforderung tätigen.

    Wichtige Hinweise.

    Die vorliegende Marketingmitteilung wurde von der Bank Lombard Odier & Co AG oder einer Geschäftseinheit der Gruppe (nachstehend “Lombard Odier”) herausgegeben. Sie ist weder für die Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung in Rechtsordnungen bestimmt, in denen eine solche Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung rechtswidrig wäre, noch richtet sie sich an Personen oder Rechtsstrukturen, an die eine entsprechende Abgabe rechtswidrig wäre.

    Entdecken Sie mehr.

    Sprechen wir.
    teilen.
    Newsletter.