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    Infrastruktur deutet auf erste Phase der Wertschöpfung durch KI hin

    Infrastruktur deutet auf erste Phase der Wertschöpfung durch KI hin
    Marco Barresi - Senior Equity Research Analyst, Tech sector

    Marco Barresi

    Senior Equity Research Analyst, Tech sector

    Kernpunkte

    • Halbleiter sind strategisch wichtig geworden, und die Branche erhält weltweit staatliche Subventionen und Steuergutschriften.
    • Die Entwicklung der KI hängt von Investitionen in die Halbleiterinfrastruktur ab. Der KI-Einsatz ist noch nicht weit fortgeschritten, sodass schwer abzusehen ist, welche Geschäftsmodelle Erfolg haben werden.
    • KI wird eine neue Generation von Tech-Start-ups und Anwendungen hervorbringen. In einer zweiten Phase der Wertschöpfung dürfte KI als Dienstleistung angeboten werden, um bestehende Softwareprodukte zu optimieren.
    • Wir bevorzugen Chiphersteller, die über den Cloud-Markt an KI-Entwicklungen partizipieren, und konzentrieren uns weiterhin auf hochwertige Technologieunternehmen.

    Die Halbleiterindustrie ist schon jetzt strategisch wichtig. Ihre Bedeutung nimmt noch zu, da die Entwicklung künstlicher Intelligenz (KI) von immer ausgefeilteren Computerchips abhängt. Indem KI neue, essenzielle Tools hervorbringt, wird sie zu einem Kernbestandteil moderner Volkswirtschaften, Unternehmen und Karrieren. Wir gehen auf die frühe Phase der Wertschöpfung durch generative KI ein.

    KI mag relativ plötzlich in der öffentlichen Debatte aufgetaucht sein, aber die Entwicklung der Technologien dahinter – das Internet, Smartphones und leistungsstarke Computerchips – hat Jahrzehnte gedauert. Zunächst ging es darum, mit KI Prozesse wie Chatbots im Kundenservice, automatische Übersetzung oder die Optimierung von Suchmaschinen zu ersetzen oder zu beschleunigen. Die generative KI wird immer leistungsfähiger. Die Tools versprechen, das menschliche Lernen und die Produktivität zu verbessern, indem sie riesige Datenmengen in unzähligen Branchen nutzen und jeden zum Programmierer machen. Zu erwarten sind neue Verbraucheranwendungen für Computer Vision und das Verstehen natürlicher Sprache, Tools für schnelleres Programmieren sowie andere Anwendungen, die automatische Entscheidungen durch Autos oder Roboter ermöglichen.

    Während über das Potenzial und die Gefahren der KI viel diskutiert wird, ist der Einsatz der KI in Unternehmen noch in den Kinderschuhen. Daher wissen Investoren nicht, welche Geschäftsmodelle Erfolg haben werden, und es ist nicht klar, wie Unternehmen die Technologie zu Geld machen können. Der Einsatz der KI wird sich beschleunigen, wenn aufgrund des aussergewöhnlich grossen Interesses neue Lösungen entwickelt werden.

    Letzten Monat überraschte der US-amerikanische Computerchip-Hersteller Nvidia Corporation die Märkte mit einer Umsatz- und Gewinnprognose bis 2024, die weit über den Erwartungen lag. Daraufhin näherte sich die Marktkapitalisierung des Unternehmens der Marke von USD 1 Bio. In der Vergangenheit hat sich Nvidia auf Computerspiele konzentriert. Doch aufgrund der Produktion hoch entwickelter Chips, die für KI-Modelle in Rechenzentren zentral sind, kam die Marktkapitalisierung des Unternehmens direkt hinter Amazon und vor Meta (vormals Facebook) zu liegen.

    KI ist abhängig von Training und Inferenz ... Diese rechenintensiven Prozesse hängen wiederum von GPUs ab …

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    Auf den ersten Blick scheint dies im Widerspruch zum breiten Halbleitermarkt zu stehen. Hohe Lagerbestände und eine nachlassende Verbrauchernachfrage nach Computern und Mobiltelefonen haben den Markt im Jahr 2023 geschwächt. Es herrscht ein Überangebot an weniger ausgefeilten Computer-Speicherchips. Ganz anders präsentiert sich die Situation bei den Grafikprozessoren (GPUs), auf die sich Nvidia spezialisiert hat und wo das Unternehmen etwa vier Fünftel der Marktanteile hält. Spezialisierte GPU-„Kerne“ bewältigen viele speicherintensive Computeraufgaben parallel und wurden bis vor Kurzem hauptsächlich in Spielen oder der Videobearbeitung eingesetzt. Die Entwicklung der generativen KI ist abhängig vom Training und von der Inferenz der Algorithmen des maschinellen Lernens. Diese rechenintensiven Prozesse hängen wiederum von GPUs ab, und die Entwicklung dürfte die Fortschritte bei den Halbleitern für Berechnungen, Speicherung und Datenübertragung weiter vorantreiben.

     

    Hoher Energiebedarf und KI als Dienstleistung

    Sobald die Modelle für maschinelles Lernen „trainiert“ sind, können kostengünstigere und energieeffizientere Mikroprozessoren den Grossteil der von KI-Anwendungen ausgeführten Datenverarbeitung übernehmen. Rechenzentren sind sehr energieintensiv und verbrauchen schätzungsweise 1% des weltweiten Stroms. Der enorme Energiebedarf bedeutet, dass der langwierige KI-Trainingsprozess auch die Bemühungen der Cloud-Anbieter vorantreibt, die Hardware für die Rechenzentren zu verbessern.

    Nvidia steht beispielhaft für die Infrastruktur, die KI-Anwendungen möglich macht, und für die erste Phase der Wertschöpfung durch diese Technologie. Wir gehen davon aus, dass in einer zweiten Phase generative KI als Dienstleistung verkauft wird. Die Dienstleistung dürfte in Softwareprodukten und in optimierten Versionen bestehender Anwendungen enthalten sein, die auf PCs und Smartphones laufen und für die der Anbieter einen Aufpreis verlangt.

    In einer zweiten Phase dürfte generative KI als Dienstleistung verkauft werden

    Diese Entwicklung macht zusätzliche Regulierung erforderlich. Es gibt zahlreiche Bedenken, etwa mit Blick auf den Ersatz von Arbeitsplätzen oder die „kreative Zerstörung“, die den Rahmen dieses Artikels sprengen würden. Weitere Vorbehalte gegenüber KI drehen sich um Vertrauen und Richtigkeit, den Schutz des geistigen Eigentums und Datenverzerrungen. Neue Gesetze werden eine der inhärenten Schwächen der KI adressieren müssen, nämlich das Fehlen eines Prüfpfads, der zeigt, wie der KI-Output zustande gekommen ist. Bei kreativen Arbeiten wie Filmdrehbüchern mag dies weniger ins Gewicht fallen, aber bei selbstfahrenden Fahrzeugen oder medizinischen Anwendungen stellen sich Haftungsfragen.

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    Die Regulierung wird auch das „KI Alignment“ berücksichtigen müssen. Beim KI Alignment geht es darum, sicherzustellen, dass generative KI mit menschlichen Werten übereinstimmt, und beispielsweise zu verhindern, dass Modelle problematische Fragen beantworten. Die Diskussion über das Potenzial dieser Tools, als Waffe, für Cyberangriffe und für Desinformationskampagnen eingesetzt zu werden, ist unumgänglich. Ein erster Schritt in dieser Hinsicht erfolgte am G7-Treffen im Mai: Die Staats- und Regierungschefs einigten sich auf eine regelmässig tagende Arbeitsgruppe im Rahmen eines Prozesses, den sie in Anlehnung an den Tagungsort „Hiroshima AI Process“ tauften.

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    Investments und strategische Relevanz

    Das Projekt der G7 erinnert daran, dass die Halbleiterindustrie nicht nur eine globale Branche ist, sondern auch von strategischer Relevanz für die Regierungen. Nirgendwo wird dies deutlicher als bei den Subventionen, die in den letzten zwei Jahren zum Aufbau von Kapazitäten beschlossen wurden. Diese Programme zur „Verstaatlichung“ im Halbleiterbereich werden das Wachstum, den Wettbewerb und die Innovation in der Branche vorantreiben. Der Bau einer modernen Halbleiter-Produktionsanlage dauert rund zwei Jahre und kostet bis zu USD 12 Mrd. Damit nicht genug der Komplexität: Die Herstellung von Halbleiterchips ist ein mehrstufiger Prozess, und es gibt nur eine begrenzte Zahl von Wissenschaftlern, die an diesen Technologien arbeiten und sie weiterentwickeln können.

    Der im August 2022 verabschiedete Chips Act der USA sieht für die nächsten zehn Jahre Subventionen in Höhe von USD 280 Mrd. vor, darunter rund USD 39 Mrd. zur Förderung der inländischen Halbleiterproduktion sowie Steuergutschriften in Höhe von weiteren USD 24 Mrd. In der Europäischen Union beinhalten die im April 2023 genehmigten Ausgaben Anreize für öffentliche und private Investitionen in Produktionsanlagen für Chiphersteller und deren Zulieferer im Wert von schätzungsweise USD 47 Mrd. Davon werden USD 33 Mrd. in den Bau neuer Anlagen fliessen. Auch Japan, Südkorea und Taiwan gewähren Steuergutschriften oder Subventionen.

    Die generative KI wird die nächste Generation von Start-ups hervorbringen

    China entwickelt derweil ein Förderprogramm, das so viel wert ist wie die Unterstützung der USA, der EU und Japans zusammen: geschätzte USD 143 Mrd. an Subventionen und Krediten für die Halbleiterindustrie über fünf Jahre. Die USA versuchen zu verhindern, dass Halbleiterhersteller ihre hoch entwickelten Chips nach China verkaufen. Dieses Vorgehen könnte die chinesische Industrie zur Entwicklung innovativer Lösungen zwingen, die langfristig die Produktivität steigern.

    Trotz der anstehenden ethischen, geopolitischen und technologischen Herausforderungen sind wir der Meinung, dass die generative KI die nächste Generation von Start-ups hervorbringen wird. In ähnlicher Weise hat die Einführung des iPhones eine ganze Branche rund um mobile Anwendungen entstehen lassen und der Aufstieg des Cloud Computing einen neuen Sektor von Softwareunternehmen.

    Mit Blick auf ein Investment ist festzuhalten, dass die weltweite Halbleiterindustrie 2022 einen Umsatz von USD 574 Mrd. erzielt hat. Davon entfielen 31% auf hoch entwickelte Computerchips. Kurzfristig verzögert die geringere Nachfrage nach weniger ausgefeilten Chips den Abbau der hohen Lagerbestände. Wir favorisieren Halbleiterhersteller, die den Cloud-Markt bedienen und so an den Entwicklungen in der KI oder der Elektrifizierung partizipieren. Dies steht im Einklang damit, dass wir im Zuge des fortschreitenden Konjunkturzyklus hochwertige Technologieunternehmen bevorzugen.

    Wichtige Hinweise.

    Die vorliegende Marketingmitteilung wurde von der Bank Lombard Odier & Co AG (nachstehend “Lombard Odier”) herausgegeben. Sie ist weder für die Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung in Rechtsordnungen bestimmt, in denen eine solche Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung rechtswidrig ist, noch richtet sie sich an Personen oder Rechtsstrukturen, an die eine entsprechende

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