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    Der Anfang vom Ende? Auswirkungen der Halbzeitwahlen auf Investitionen in den USA

    Der Anfang vom Ende? Auswirkungen der Halbzeitwahlen auf Investitionen in den USA
    Stéphane Monier - Chief Investment Officer<br/> Lombard Odier Private Bank

    Stéphane Monier

    Chief Investment Officer
    Lombard Odier Private Bank

    Angesichts der Verurteilung von zwei ehemaligen Mitstreitern des Präsidenten Donald Trump in der vergangenen Woche sollte man sich schon jetzt mit den für den 6. November angesetzten Kongresswahlen in den USA beschäftigen. Unserer Ansicht nach sind dabei drei Szenarien möglich, deren jeweilige Auswirkungen auf die Wertentwicklung von Anlagen wir nachstehend untersuchen.

    Traditionell lässt sich an den US-Halbzeitwahlen ablesen, über wie viel Rückhalt der amtierende Präsident in der Bevölkerung verfügt. Die Republikanische Partei stellt derzeit sowohl im Senat als auch im Repräsentantenhaus die Mehrheit der Abgeordneten. In elf Wochen werden die Wähler jedoch über 35 der 100 Sitze des Senats und alle 435 Sitze des Repräsentantenhauses entscheiden.

    Die Ereignisse der letzten Woche könnten einen Meilenstein in der Präsidentschaft Trumps markieren. Zum ersten Mal stellte ein Gericht eine Verbindung zwischen Trump und der strafrechtlichen Verurteilung zweier ehemaliger Mitstreiter her: Sein früherer Wahlkampfmanager wurde wegen Steuerhinterziehung und der Verletzung von Gesetzen zur Wahlkampffinanzierung schuldig gesprochen, während sich sein langjähriger Anwalt selbst für schuldig bekannte. Im Rahmen der Ermittlungen zur Russlandaffäre1 gestanden jetzt sieben ehemalige Helfer und Berater von Trump, im Zusammenhang mit Trumps Wahlkampf Straftaten begangen zu haben bzw. wurden deshalb verurteilt.

    Vor diesem Hintergrund könnte die Demokratische Partei bei den alle vier Jahre stattfindenden Halbzeitwahlen die Kontrolle über das Repräsentantenhaus erlangen und damit das politische Kräfteverhältnis und die Aussichten für die US-Märkte verändern. Dies fällt ins Gewicht, denn wenn es weitere belastende Enthüllungen gibt, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Demokraten ein Amtsenthebungsverfahren anstrengen.

    Wir halten drei Szenarien für möglich, deren Eintrittswahrscheinlichkeit anhand von aktuellen Umfragen und Modellen2 geschätzt wurde:

    1. Unser Basisszenario ist ein gespaltener Kongress. Unter Verwendung der übereinstimmenden Ergebnisse von Meinungsumfragen und Modellen rechnen wir damit, dass die Demokraten die Mehrheit im Repräsentantenhaus gewinnen, während die Republikaner weiterhin den Senat kontrollieren (Eintrittswahrscheinlichkeit: 55%)
    2. Szenario Nr. 2: Die Lage bleibt nach den Halbzeitwahlen unverändert. Die Republikaner behalten ihre Mehrheit im Senat und im Repräsentantenhaus (Eintrittswahrscheinlichkeit: 35%)
    3. Szenario Nr. 3: Die Demokraten triumphieren und übernehmen die Kontrolle über beide Häuser des Kongresses (Eintrittswahrscheinlichkeit 10%).

    Hinzu kommt, dass ungewöhnlich viele Republikaner, deren Position eher wackelig war, in den letzten zwei Jahren zurückgetreten sind, den Ruhestand angetreten oder sich anderweitig zurückgezogen haben. Dadurch steigen die Chancen, dass die Demokraten im November Sitze hinzugewinnen3.


    Ehre und ein gespaltener Kongress

    Ehe wir uns den Auswirkungen der vorgenannten Szenarien auf die Wertentwicklung der Anlagen zuwenden, sollten wir uns ins Gedächtnis rufen, dass die Amtsenthebung eines amerikanischen Präsidenten ein politischer Prozess und kein Gerichtsverfahren ist. Im 18. Jahrhundert gingen die Autoren der amerikanischen Verfassung davon aus, dass es für einen strafrechtlich verfolgten Präsidenten Ehrensache sein würde, zurückzutreten. Bis zu dieser US-Regierung traf diese Annahme durchaus zu. Im Jahr 1974 trat Richard Nixon zurück, als er die Unterstützung seiner Partei verlor, noch ehe gegen ihn Anklage erhoben wurde. 1999 wies der Senat den Antrag auf die Amtsenthebung Bill Clintons zurück, der daraufhin bis zum Ende seiner zweiten Amtszeit im Amt blieb.

    Doch in unserem Basisszenario eines gespaltenen Kongresses, würde jeder Versuch der Demokraten, Trump durch eine einfache Mehrheit im Repräsentantenhaus seines Amtes zu entheben, an dem von den Republikanern kontrollieren Senat scheitern. In diesem Fall ist es unwahrscheinlich, dass ein Antrag auf Amtsenthebung im Senat die notwendige Zweidrittelmehrheit erhält, es sei denn, die Republikaner gehen davon aus, dass sie mit Trump im Präsidentschaftswahlkampf im Jahr 2020 schlechte Chancen haben. Das einzige Szenario, in dem eine Amtsenthebung wahrscheinlicher erscheint, wäre eine Mehrheit der Demokratischen Partei sowohl im Repräsentantenhaus als auch im Senat. In diesem Falle könnten sich die Republikaner gedrängt sehen, Trump preiszugeben. Allerdings liegt die Zustimmungsquote von Donald Trump in diesem Jahr stabil zwischen 38% bis 43%, und selbst die jüngsten Skandale lösten bei seinen Anhängern kaum Reaktionen aus.


    Auswirkungen auf die Anlagen

    Betrachten wir nun die Auswirkungen der einzelnen Szenarien auf Anlagen in den USA. Sollte sich unsere Erwartung eines gespaltenen Kongresses erfüllen, rechnen wir mit einem deutlichen Effizienzverlust der US-Regierung, die sich mehr auf die Exekutive verlassen wird, um das zu erreichen, was sie durch Gesetze nicht erreichen kann, ähnlich wie es in der zweiten Amtszeit von Barack Obama der Fall war. In einem solchen Umfeld würde die Wirtschaftsleistung weniger als bisher durch die Fiskalpolitik angeheizt. Im Vordergrund stünde vielmehr die Geldpolitik mit steigenden Zinsen und einem stärkeren USD. Da die Steuersenkungen bestehen bleiben und die Gewinne der Unternehmen weiterhin im Einklang mit den Markterwartungen stehen würden, gäbe es in diesem Falle keine neuen fundamentalen Katalysatoren, um die Aktienkurse nach oben zu treiben.

    Ein Wahlergebnis, bei dem die Republikaner ihre Mehrheit sowohl im Repräsentantenhaus als auch im Senat verteidigen, wäre das Szenario, das den Märkten kurzfristig am meisten entgegenkäme. In diesem Falle würden die Infrastrukturausgaben vermutlich beibehalten und die Steuern möglicherweise weiter gesenkt. Hohe Staatsausgaben würden auch den Dollar stützen. Längerfristig hätte ein anhaltend hohes Ausgabenniveau jedoch gravierende Auswirkungen auf die grundlegende Zahlungsfähigkeit der amerikanischen Volkswirtschaft und wäre auch von den Anlegern ausgesprochen ungern gesehen.

    Wenn die Republikaner, wie in diesem Szenario vorgesehen, die Mehrheit in beiden Häusern des Kongresses davontragen, müsste man sich mit den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2020 auseinandersetzen und der Möglichkeit, dass Trump ein zweites Mandat anstrebt und gewinnt. Kurzfristig könnte das Auswirkungen auf das Verhältnis zwischen dem Weißen Haus und der Unabhängigkeit der Fed haben, es sei denn, die amerikanische Notenbank schafft es, sich allen Versuchen Trumps zu widersetzen, ihre Zinsentscheidungen zu beeinflussen. Wenn die Anleger, nach Trumps Kritik an der Normalisierung der Leitzinsen letzte Woche, das Gefühl bekommen, dass der Präsident sich weiterhin in die Geldpolitik des Landes einmischt, hätte das tiefgreifende Auswirkungen auf den Status des USD als Zufluchtswährung.

    Das kurzfristig brisanteste Szenario wäre ein von der Demokratischen Partei kontrollierter Kongress. Ein Sieg der Demokraten im Senat und im Repräsentantenhaus, wäre das Szenario, das kurzfristig die negativsten Auswirkungen auf die Finanzmärkte hätte. Zum einen, weil die Anleger davon ausgehen würden, dass die Steuersenkungen und die Streichung von Vorschriften, die in den letzten zwei Jahren zu einer Belebung der Märkte beigetragen haben, nicht weitergeführt werden, zum anderen, weil die unternehmensfreundliche Politik von Trump dadurch aufgeweicht würde. Schließlich könnte Trump auch Gesetzesentwürfe der Demokraten über die Kontrolle der Arzneimittelpreise und die Anhebung des Mindestlohns unterstützen. Die Fed würde jedoch auch in diesem Szenario an ihrer Straffungspolitik festhalten, Zinsen erhöhen und Konjunkturmaßnahmen abbauen. 


    Auf jeden Fall

    Unabhängig vom Ausgang der Halbzeitwahlen werden Bilanzen und Ertragswachstum durch die schrittweise Straffung der Geldpolitik anfälliger für externe Erschütterungen, so dass Anleger nach Möglichkeiten suchen sollten, das Gesamtrisiko ihres Portfolios zu reduzieren.

    Nachdem sie in diesem Jahr ihre Leitzinsen bereits zweimal erhöhte, wird die Fed die Zinsen vermutlich in diesem Jahr noch zwei weitere Male und in der ersten Jahreshälfte 2019 noch ein bis zwei Mal hochschrauben. Der Vorsitzende der US-Notenbank, Jerome Powell, sagte am 24. August, er habe vor, „den derzeitigen Weg der graduellen Zinserhöhung fortzusetzen“4. Da sich die US-Wirtschaft nach wie gut entwickele, sehe er keinen Grund, die Politik der allmählichen geldpolitischen Normalisierung zu ändern.

    Trump bleibt währenddessen von seiner zentralen Bedeutung für die US-Wirtschaft überzeugt.

    „Ich weiß nicht, wie man jemanden seines Amtes entheben kann, der gute Arbeit geleistet hat“, sagte Trump in einem Interview mit Fox News am 23. August. „Sollte ich je des Amtes enthoben werden, würde der Markt zusammenbrechen. Ich denke, alle wären dann sehr arm.“ Dann zeigte er auf seinen Kopf: „Denn ohne dieses Denken hätten wir Wirtschaftszahlen, die wir rückblickend gar nicht glauben würden.“5

    Wenn es darum geht, die politische Klasse zu überraschen, ist die Erfolgsbilanz Trumps jedoch unbestreitbar. Deshalb wird er, vorausgesetzt seine Anhänger sind bereit über Skandale hinwegzusehen, wahrscheinlich bald damit beschäftigt sein, seine politischen Vorstellungen durch einen gespaltenen Kongress zu boxen.


    1 https://www.nytimes.com/interactive/2018/08/21/us/mueller-trump-charges.html?action=click&module=Top%20Stories&pgtype=Homepage
    2 https://projects.fivethirtyeight.com/2018-midterm-election-forecast/house/, http://www.thecrosstab.com/2018-midterms-forecast/, http://www.thecrosstab.com/2018-midterms-forecast/
    3 https://edition.cnn.com/2017/11/10/politics/house-retirement-tracker/index.html
    4 https://www.bloomberg.com/news/articles/2018-08-24/powell-says-gradual-hikes-likely-needed-if-economy-stays-healthy
    5 http://www.foxnews.com/politics/2018/08/23/trump-declares-market-would-crash-if-democrats-impeached-him.html

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