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    Rezessionsrisiken steigen, während der Kampf der Fed gegen die Inflation noch lange nicht vorbei ist

    Rezessionsrisiken steigen, während der Kampf der Fed gegen die Inflation noch lange nicht vorbei ist
    Stéphane Monier - Chief Investment Officer<br/> Lombard Odier Private Bank

    Stéphane Monier

    Chief Investment Officer
    Lombard Odier Private Bank

    Kernpunkte

    • Die US-Notenbank hob die Zinsen um 75 Basispunkte an, und laut neuen Prognosen der Fed werden die Zinsen zum Jahresende zwischen 4,25% und 4,50% betragen. Die Währungshüter bekräftigten ihre Entschlossenheit, die Inflation unter Kontrolle zu bringen
    • Der allgemeine Preistrend lässt nach, da sich das Wachstum verlangsamt und die Preise für Waren, Transport und Rohstoffe zurückgehen. Die Senkung des Lohnwachstums und der Wohnkosten wird sich jedoch als schwieriger erweisen
    • Eine hohe Inflation nimmt selten kontinuierlich ab. Die Inflationsdaten der kommenden Monate dürften weitere Überraschungen mit sich bringen und für mehr Volatilität an den Märkten sorgen
    • Wir erwarten, dass die Zinsen ihren Höchststand bei rund 4,50% erreichen und 2023 weitgehend auf diesem Niveau verharren. Dies wird unseres Erachtens zu einer Rezession führen. Ein Zinsniveau über 5% dürfte eine noch stärkere Kontraktion nach sich ziehen, mit deutlicheren Verlusten bei Risikoanlagen. Der Spielraum für Fehler ist sehr begrenzt.

    Die US-Notenbank (Fed) hat am 21. September wie erwartet die Zinsen um 75 Basispunkte (Bp.) erhöht. Sie setzte damit ihr unerbittliches Tempo der geldpolitischen Straffung an der dritten Sitzung in Folge fort. Besorgniserregender für die Märkte sind die neuen Prognosen. Diesen zufolge erwarten die Währungshüter nun, dass die Zinsen bis zum Jahresende auf 4,25% bis 4,5% erhöht werden und einen Höchststand bei 4,5% erreichen. Zugleich wurden die Wachstumserwartungen auf 0,2% für dieses Jahr und 1,2% für 2023 gesenkt. Der Fed-Vorsitzende Jerome Powell behielt seinen entschlossenen Ton vom August bei. Er bekräftigte unmissverständlich die Notwendigkeit, die Inflation zu bekämpfen, was immer die Kosten für das Wachstum und den Arbeitsmarkt sein mögen. Die Zinsentscheidung der Fed fiel einstimmig aus. Laut Powell beabsichtigt die Fed weiterhin, sich „zielstrebig“ auf ein Zinsniveau zuzubewegen, welches das Wachstum aktiv einschränkt. Das derzeitige Niveau von 3,00% bis 3,25% liegt nun an der Schwelle zu diesem Bereich.

    Inflation im August – ein Realitätscheck

    Die Fed hatte kaum eine andere Wahl, als das Tempo der Zinserhöhungen aufrechtzuerhalten. Die Inflation ist nach wie vor hoch und breit abgestützt, und die Daten zum Verbraucherpreisindex (VPI) für August waren ein deutlicher Realitätscheck für die Märkte. Die grosse Enttäuschung war der Anstieg der Wohnkosten. Dieser führte dazu, dass die Gesamtinflation im Vergleich zum Vormonat doppelt so schnell wie erwartet anzog, auch wenn sie im Jahresvergleich leicht auf 8,3% zurückging. Angesichts der rückläufigen Hausverkäufe und der steigenden Hypothekenkosten hatten viele gehofft, dass diese VPI-Komponente langsam nachlassen würde. Gleichzeitig stiegen auch die Preise für Lebensmittel, medizinische Versorgung, Haushaltseinrichtung und Neuwagen sowie die Kerninflation, gemessen am Produzentenpreisindex (PPI) vom August. Powell bekräftigte, dass die Inflationsrisiken weiterhin nach oben zeigen.

    Allerdings geht eine hohe Inflation selten gleichmässig und vorhersehbar zurück. Die enttäuschenden Augustdaten folgten auf wider Erwarten gute Zahlen für Juli. In den 1980er-Jahren kam es beim Rückgang zweistelliger VPI-Daten zu enormen Monatsschwankungen. Die kommenden Monatsberichte werden wahrscheinlich ein ähnliches „unregelmässiges“ Muster aufweisen und Marktvolatilität auslösen.

     

    Preise tendieren abwärts

    Der längerfristige Trend bleibt jedoch bestehen: Der Preisdruck lässt nach, auch wenn sich vieles davon noch nicht im VPI niederschlägt. Im Zuge der Wachstumsverlangsamung verringern sich die Rohstoffpreise, die Lieferkettenprobleme und die Transportkosten. Einzelhändler werden die Preise senken, um die Lager umschichten. Laut Händlern sind die Gebrauchtwagenpreise bereits im Sinkflug. Die rückläufigen Benzinkosten – ein sehr sichtbarer Preisindikator – sollten dazu beitragen, die längerfristigen Inflationserwartungen unter Kontrolle zu halten, während ein starker Dollar die importierte Inflation eindämmen sollte. Wir erwarten, dass sich der Preisanstieg bei Waren, Lebensmitteln und Energie bis zum Jahresende weiter abschwächt (siehe Grafik). Zudem gehen wir davon aus, dass die durchschnittliche VPI-Entwicklung 2023 auf 3,4% im Jahresvergleich zurückgeht, nach mehr als dem doppelten Wert im Jahr 2022.

    Es wird schwierig sein, die Inflation wieder auf das Ziel der Fed von 2% zurückzuführen

    Löhne erweisen sich als problematisch

    Dennoch wird es schwierig sein, die Inflation wieder auf das Ziel der Fed von 2% zurückzuführen. Die Wohnkosten (rund zwei Drittel des Inflationskorbs) und das Lohnwachstum sind nach wie vor zu hoch. Die Mieten könnten monatelang auf hohem Niveau verharren: Die Mietverträge werden oft für ein Jahr abgeschlossen. Zudem erfasst der Index die gezahlten Mieten und nicht die Mieten für leere Einheiten, die möglicherweise gesunken sind. Wie der Fed-Vorsitzende Jerome Powell anmerkte, besteht auf dem angespannten Arbeitsmarkt vielleicht der grösste Anpassungsbedarf, wobei es Anzeichen für eine erhebliche Widerstandsfähigkeit gibt. Die Löhne steigen weiterhin auf einem Niveau, das einer jährlichen Inflation von 6% bis 7% entspricht. Die Arbeitnehmenden behalten ihre Verhandlungsmacht auf einem Arbeitsmarkt mit einer historisch hohen Zahl an offenen Stellen – fast zwei pro arbeitsloser Person. Es besteht das Risiko, dass die Fed gezwungen sein wird, die Zinsen bis in eine Rezession hinein weiter zu erhöhen. Dies um das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage wiederherzustellen sowie die Mieten und Löhne unter Kontrolle zu bringen, auch wenn Ersteres lediglich eine gewisse Anpassungszeit braucht und Letzteres zu bedeutenden Arbeitsplatzverlusten führen wird.

     

    Dranbleiben, bis der Job erledigt ist

    Der Fed-Vorsitzende Jerome Powell bekräftigte am Mittwoch, „dranzubleiben [am Kampf gegen die Inflation], bis der Job erledigt ist“. Dies erinnert an die Worte des früheren Fed-Chefs Paul Volcker, der die Inflation in den frühen 1980er-Jahren unter erheblichen wirtschaftlichen Kosten eindämmte. Vom Doppelmandat der Notenbank, Preisstabilität und Vollbeschäftigung zu gewährleisten, gewinnt Ersteres eindeutig die Oberhand. Wir erwarten eine weitere Anhebung um 75 Bp. an der Fed-Sitzung im November, eine Erhöhung um 50 Bp. im Dezember und möglicherweise einen weiteren Schritt in derselben Grössenordnung im Januar. Der Blick in die weitere Zukunft ist schwieriger. Wird die Fed die Zinserhöhungen beenden, wenn die Inflation in einem überzeugenden Ausmass nachlässt, oder erst, wenn sich die Inflation dem Ziel von 2% nähert? Die Verlangsamung der Globalisierung und der Zuwanderungstrends könnte es noch schwieriger machen, das Preiswachstum zu bremsen. Die Fed selbst geht in ihren Prognosen noch immer von einer Kerninflation von 2,1% im Jahr 2025 aus.

    In unserem Basisszenario erwarten wir, dass die Fed in der Lage sein wird, die Zinserhöhungen bei rund 4,5% zu beenden, sofern überzeugende Belege für eine rückläufige Inflation in den kommenden Monaten vorliegen. Wir gehen davon aus, dass die Fed dann auf diesem Niveau für den grössten Teil des Jahres 2023 eine Pause einlegt, damit die Zinsen ihre Wirkung entfalten können. „Die historischen Aufzeichnungen zeigen deutlich, dass die Politik nicht vorschnell gelockert werden sollte“, bekräftigte Powell am Mittwoch. Er warnte damit vor einer verfrühten Zinssenkung, mit welcher der Markt für die zweite Hälfte des nächsten Jahres rechnet.

    In unserem Basisszenario erwarten wir, dass die Fed in der Lage sein wird, die Zinserhöhungen bei rund 4,5% zu beenden, sofern überzeugende Belege für eine rückläufige Inflation in den kommenden Monaten vorliegen

    Geringer Spielraum für Fehler

    Wenn die Zinsen ihren Höchststand bei rund 4,5% erreichen, dürfte die Arbeitslosigkeit unseres Erachtens auf etwa 5% steigen (höher als die Fed-Prognose von 4,4%), und die US-Wirtschaft dürfte in eine Rezession rutschen. Unsere Wachstumsprognose für das Gesamtjahr 2023 beträgt 0,5%. Wenn die Inflation hartnäckiger bleibt und sich die Zinsen 5% annähern oder über dieses Niveau klettern, könnte der Abschwung sehr viel schmerzhafter ausfallen – für Arbeitsplätze, Haushaltseinkommen, Unternehmen und Risikoanlagen. Und er könnte begleitet sein von einem weiteren steilen Anstieg der Unternehmensinsolvenzen, einem Rückgang der Rohstoffpreise und Anleihekurse sowie einem Einbruch der Aktienmärkte auf neue bedeutende Tiefststände.

    Angesichts der höheren Aufwärtsrisiken für die Zinsen und der Abwärtsrisiken für das Wachstum reduzieren wir die Risiken in unseren Portfolios. Wir verkaufen unsere übergewichteten Positionen in europäischen Immobilien und breiten Rohstoffen, reduzieren Wandelanleihen und erhöhen unsere Allokation in chinesischen Schuldtiteln mit Absicherung in US-Dollar. 

    Wichtige Hinweise.

    Die vorliegende Marketingmitteilung wurde von der Bank Lombard Odier & Co AG (nachstehend “Lombard Odier”) herausgegeben. Sie ist weder für die Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung in Rechtsordnungen bestimmt, in denen eine solche Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung rechtswidrig ist, noch richtet sie sich an Personen oder Rechtsstrukturen, an die eine entsprechende

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