investment insights

    Die Notenbanken ticken unterschiedlich

    Die Notenbanken ticken unterschiedlich
    Homin Lee - Senior Macro Strategist

    Homin Lee

    Senior Macro Strategist
    Bill Papadakis - Macro Strategist

    Bill Papadakis

    Macro Strategist

    Kernpunkte

    • Die geldpolitischen Zyklen erreichen weltweit einen Wendepunkt. Die BoJ hat die Negativzinsen aufgegeben. Wir sehen in Japan 0,5% als Zinshöhepunkt in diesem Zyklus.
    • Die Entscheidung, die Zinsen zu senken, ist für die SNB leichter als für die Fed und die EZB. Letztere dürften die Geldpolitik ab Mitte Jahr lockern.
    • Ein veränderter Zinszyklus unterstützt die Märkte, aber eine sanfte Landung ist in vielen Risikoanlagen schon eingepreist. Wir bleiben im USD und in Staatsanleihen übergewichtet und streben bei Zinssenkungen eine Verlängerung der Duration an.
    • Unsere jüngsten Änderungen der strategischen Vermögensallokation spiegeln ein Umfeld höherer neutraler Zinsen und höherer erwarteter Renditen wider. Unsere Portfolios sind nun stärker in „Kern“-Anlagen positioniert, inkl. Anleihen und – wo möglich – Private Assets.

    Der Beginn eines neuen Zinszyklus markierte eine historische Woche für die Notenbanken. Die Schweizerische Nationalbank senkte als erste geldpolitische Behörde der G10-Länder die Zinsen, während sich die Bank of Japan von Negativzinsen verabschiedete. In beiden Fällen ging es um eine Rückkehr zu normaleren monetären Bedingungen. In den USA und in der Eurozone scheinen Zinssenkungen im Juni weiterhin auf Kurs. Was bedeutet die veränderte Zinsdynamik für Anlegerinnen und Anleger?

    Die Bank of Japan (BoJ) schloss im März ein Kapitel in der Geschichte der Geldpolitik, indem sie als letzte Notenbank die Zinsen über null anhob. Die BoJ beendete auch ihre Zinskurvenkontrolle – Interventionen, um die Renditen zehnjähriger Staatsanleihen unter einer festen Obergrenze zu halten. Zudem stellte sie den Kauf von börsengehandelten Fonds und Real Estate Investment Trusts (REITs) ein. Die japanische Inflation scheint endlich nachhaltig über dem Zielwert zu liegen. Für Unterstützung sorgen dabei eine deutliche Anpassung der langfristigen Inflationserwartungen und eine durchschnittliche Lohnerhöhung von 5,25% bei den jüngsten Gewerkschaftsverhandlungen.

    Die japanische Inflation scheint endlich nachhaltig über dem Zielwert zu liegen

    Vorerst begrenzte globale Auswirkungen des BoJ-Schritts

    Das Ergebnis der Lohnverhandlungen für das kommende Steuerjahr entspricht der grössten Erhöhung seit 30 Jahren und war wahrscheinlich der Faktor, der die BoJ zum Handeln veranlasste. Der Schritt der BoJ hat an den Finanzmärkten erstaunlich wenig Wellen geschlagen, obwohl es sich um die erste Straffung seit 17 Jahren handelt. Gut getimte Meldungen in den lokalen Medien, die vor den bevorstehenden Änderungen der Geldpolitik warnten, waren hilfreich. Aber die sorgfältig abgewogenen Hinweise der BoJ zur künftigen Straffung dürften eine viel grössere Rolle gespielt haben.

    Aus Sorge vor einer möglichen Belastung der Wirtschaft und der Staatsfinanzen durch eine überraschend starke Straffung verzichtete die BoJ darauf, die Erwartungen in die eine oder andere Richtung zu lenken. Sie machte weitere Zinserhöhungen von „grösseren Preissteigerungsrisiken“ abhängig. Dies hilft, die Marktreaktion zu erklären: ein niedrigerer Yen, höhere japanische Aktienkurse und eine feste Spanne bei den Renditen japanischer Staatsanleihen mit längerer Laufzeit.

    Unserer Ansicht nach stehen die Chancen gut, dass die japanische Wirtschaft 2024 und 2025 eine über dem Ziel liegende Inflation verzeichnet. Wenn sich dies bewahrheitet, dürfte die BoJ unseres Erachtens an ihren Sitzungen im Juli und Dezember die kurzfristigen Zinsen um jeweils 10 Basispunkte anheben. Selbst in diesem Basisszenario sehen wir derzeit 0,5% als Obergrenze für diesen Zinserhöhungszyklus. Die BoJ ist mit dem Risiko finanzieller Verluste konfrontiert, wenn die Zinsen über 0,5% steigen. Dies ist zum Teil dem schieren Umfang der Reserven geschuldet, welche die Geschäftsbanken nach einem Jahrzehnt der quantitativen Lockerung bei der Notenbank halten. Zwar sind Verluste auf dem Papier in der Welt der Notenbanken keine Seltenheit, doch wegen der hohen Staatsverschuldung Japans wäre ein solches Szenario zumindest politisch heikel.

    Wir sehen 0,5% als Obergrenze für den Zinserhöhungszyklus der Bank of Japan

    Die globalen Auswirkungen des BoJ-Schritts sind limitiert, nachdem japanische Finanzinstitute ihre Engagements in US-Dollar-Verbindlichkeiten in den letzten Jahren bereits reduziert haben. Die Widerstandsfähigkeit des US-Dollar gegenüber dem Yen sowie der japanischen Aktien gegenüber dem Schritt der BoJ könnte die Kleinanleger ermutigen, weiterhin ausländische Vermögenswerte zu kaufen. Von nun an wird die BoJ wahrscheinlich zulassen, dass das Finanzministerium jeden Abwärtstrend des Yen durch verbale oder tatsächliche Devisenmarktinterventionen begrenzt.

    Erster Schritt der Schweizerischen Nationalbank

    Die Botschaft einer Reihe von Notenbanken lautete letzte Woche, dass die Kreditkosten weltweit sinken werden. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) schlug ihren eigenen Weg ein und senkte als erste wichtige Notenbank der Industrieländer die Zinsen. Die Entscheidungen der Notenbanken in der Schweiz und in Japan zeugen von einer allmählichen wirtschaftlichen Normalisierung: in der Schweiz nach der Pandemie und dem Energieschock, in Japan nach Jahren der Stagnation. In vielerlei Hinsicht lag die Entscheidung der SNB auf der Hand. Die Inflation ist nicht so hoch gestiegen wie in anderen Ländern und liegt seit Monaten im Zielband, und die Lohndynamik ist unter Kontrolle. Die SNB hat die Zinsen nie so stark angehoben wie andere Notenbanken und könnte weniger Zinssenkungen vornehmen: Wir erwarten zwei weitere Reduktionen im Juni und September, womit die Zinsen bis zum Jahresende um 50 Basispunkte tiefer wären.

    Die Entscheidungen der Notenbanken in der Schweiz und in Japan zeugen von einer allmählichen wirtschaftlichen Normalisierung

    In anderen grossen Volkswirtschaften ist die Lage weniger eindeutig. Die jüngsten Inflationsdaten aus den USA, der Eurozone und dem Vereinigten Königreich zeigen, dass die Inflation im Dienstleistungssektor hartnäckiger ist als erwartet. In den USA hat dies die Märkte dazu veranlasst, die Zinssenkungserwartungen zu verschieben. Doch an der Märzsitzung hielt die US-Notenbank Fed an ihrer Prognose von drei Zinssenkungen für 2024 fest. Der Fed-Vorsitzende Jerome Powell legte den Fokus weniger auf vorübergehend hohe Inflationskomponenten; er konzentrierte sich vielmehr auf die Abkühlung der Lohnentwicklung, die der wichtigste Treiber der Dienstleistungsinflation ist. Die Europäische Zentralbank (EZB) sandte letzte Woche an einer wichtigen Konferenz eine ähnliche Botschaft aus, während sich bei der Bank of England (BoE) ebenfalls Zinssenkungen abzeichnen. An der Sitzung der BoE letzte Woche stimmten zwei Mitglieder des Zinsausschusses, die sich zuvor für weitere Zinserhöhungen ausgesprochen hatten, für eine Beibehaltung der Zinsen. Wir erwarten, dass die Zinssenkungen in den USA, der Eurozone und im Vereinigten Königreich im Juni beginnen.

    Der Fed-Vorsitzende Jerome Powell legte den Fokus weniger auf vorübergehend hohe Inflationskomponenten; er konzentrierte sich vielmehr auf die Abkühlung der Lohnentwicklung

    Vorbereitung auf eine sanfte Landung

    Der veränderte Zinszyklus unterstützt die Märkte. Das globale Wachstum erholt sich, die Inflation normalisiert sich, und es stehen Zinssenkungen bevor. Die Fed hat die US-Wachstumsprognose für 2024 an der Sitzung letzte Woche von 1,4% auf 2,1% angehoben. Eine ungewöhnliche Situation mit einer steigenden Produktivität und der Deflation chinesischer Güter hat die Hoffnung genährt, dass eine Erholung des Wachstums mit niedrigeren Zinsen einhergehen kann. Eine sanfte Landung bleibt unser zentrales Wirtschaftsszenario.

    Diese Erwartung spiegelt sich bereits in den Preisen vieler Risikoanlagen wider. Deshalb halten wir das Risiko- und Aktienengagement in unseren Portfolios auf strategischen Niveaus. Aufgrund der sich verbessernden Fundamentaldaten würden wir jedoch erwägen, Korrekturen an den Aktienmärkten zu nutzen, um Positionen aufzustocken. Die Zinsen sind über weite Strecken des Jahres 2022 und Anfang 2023 gestiegen. Nun dürften zunehmende Unterschiede in der Politik der Notenbanken weltweit zu einer grösseren Divergenz zwischen Regionen und Sektoren führen, was Chancen für aktive Anleger bietet.

    Zunehmende Unterschiede in der Politik der Notenbanken weltweit dürften Chancen für Anleger bieten

    Höhere „neutrale“ Zinsen und Renditen der Anlageklassen

    Wir erwarten auch eine Ära, in der die Inflation und die Zinsen strukturell etwas höher sind als vor der Pandemie. Denn die Bereitschaft der Regierungen, fiskalische Unterstützung zu bieten, ist durch Covid gestiegen. Zugleich haben grössere geopolitische Spannungen und der Wettbewerb zu einer Fragmentierung des Handels und der Lieferketten geführt, was die Preise tendenziell in die Höhe treibt.

    Die Fed hat ihre Schätzung des „neutralen“ Zinssatzes an der Märzsitzung leicht angehoben – auf 2,6%. Unsere Annahme liegt bei 3,5%. Unsere jüngsten Änderungen der strategischen Vermögensallokation spiegeln dieses Umfeld höherer neutraler Zinsen und höherer erwarteter Renditen wider. Sie haben zu Portfolios mit einer einfacheren Struktur und einem grösseren Engagement in „Kern“-Anlagen geführt, einschliesslich Anleihen und – wo möglich – Private Assets.


    Anhaltende taktische Übergewichtung in Anleihen

    Aus einer taktischen Anlageperspektive ist es mit dem Höhepunkt des Zinszyklus in den Industrieländern an der Zeit, sich höhere Renditen zu sichern. Die Renditekurven spiegeln diese neue Realität zunehmend wider, indem die kurzfristigen Zinsen schneller fallen als die längerfristigen. Wir behalten unsere taktische Übergewichtung in Anleihen bei. Wir haben unseren Fokus von US-Treasuries nun auch auf europäische und britische Staatsanleihen ausgeweitet, wobei wir weiterhin eine Verlängerung der Duration anstreben, wenn Zinssenkungen erfolgen.

    Mit dem Höhepunkt des Zinszyklus in den Industrieländern ist es an der Zeit, sich höhere Renditen zu sichern

    Auch die Währungen spiegeln die veränderte Zinsdynamik wider. Niedrigzinswährungen wie der Yen und der Schweizer Franken haben im bisherigen Jahresverlauf gegenüber dem US-Dollar bereits an Wert verloren. Wir gehen davon aus, dass sich dieser Trend kurzfristig fortsetzt. Längerfristig sind wir aber für den Franken konstruktiver und erwarten, dass sich die EURCHF-Stärke in der zweiten Jahreshälfte umkehrt. Nach der Entscheidung der japanischen Notenbank dürfte USDJPY in den kommenden Monaten um die Marke von 150 verharren. Das Währungspaar könnte sich dieses Jahr volatil entwickeln, während sich die japanische Geldpolitik weiter normalisiert. Auf Sicht von zwölf Monaten rechnen wir im Zuge einer Erholung des Yen mit einem USDJPY-Wechselkurs von 138. Wir halten in den Portfolios an der Übergewichtung des Dollar fest. Er bietet einen Renditevorteil und wird unterstützt durch eine robuste US-Wirtschaft vor dem Hintergrund eines schwachen globalen Wachstums.

    Wichtige Hinweise.

    Die vorliegende Marketingmitteilung wurde von der Bank Lombard Odier & Co AG (nachstehend “Lombard Odier”) herausgegeben. Sie ist weder für die Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung in Rechtsordnungen bestimmt, in denen eine solche Abgabe, Veröffentlichung oder Verwendung rechtswidrig ist, noch richtet sie sich an Personen oder Rechtsstrukturen, an die eine entsprechende

    Entdecken Sie mehr.

    Sprechen wir.
    teilen.
    Newsletter.